Prof. Dr. Gregor Thüsing und Melanie Jänsch, Rahmenbedingungen effektiver Interessenwahrnehmung durch den Treuhänder in der Krankenversicherung

Im Zuge einer auf europäischen Vorgaben beruhenden Deregulierung des Versicherungsaufsichtsrechts wurde 1994 das Institut des unabhängigen Treuhänders geschaffen. Mit dem Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien vom 21.7.1994 ist eine Prämiengenehmigung durch die Aufsichtsbehörde nicht mehr zulässig. Um dem Versicherer aber kein einseitiges Vertragsänderungsrecht ohne Schutzmechanismus für die VN einzuräumen, bedarf die Prämienanpassung nunmehr gem. § 203 Abs. 2 S. 1 und 4 VVG i.V.m. § 155 VAG der Zustimmung eines „unabhängigen Treuhänders“. In § 157 Abs. 1 S. 1 VAG sind Anforderungen an den vom Versicherer bestellten „unabhängigen Treuhänder“ formuliert; so

„darf nur bestellt werden, wer zuverlässig, fachlich geeignet und von dem Versicherungsunternehmen unabhängig ist, insbesondere keinen Anstellungsvertrag oder sonstigen Dienstvertrag mit dem Versicherungsunternehmen oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen abgeschlossen hat oder aus einem solchen Vertrag noch Ansprüche gegen das Unternehmen besitzt“.

Das Kriterium der Unabhängigkeit zu konkretisieren und für den Einzelfall handhabbar zu machen, fällt schwer. Einige jüngste instanzgerichtliche Entscheidungen werfen Fragen auf, sowohl im Hinblick auf die verschiedenen Ansätze zur näheren Bestimmung des Kriteriums, aber auch im Hinblick auf die Rechtsfolgen fehlender Unabhängigkeit bzw. ob das Merkmal überhaupt Gegenstand einer gerichtlichen Kontrolle sein kann.

Falls sich die fehlende Unabhängigkeit des Treuhänders auf die Wirksamkeit einer Prämienanpassung auswirken sollte, hätte dies weitreichenden Einfluss auf das Versicherungsvertragsrecht, wären Beitragsanpassungen stets mit Unsicherheit hinsichtlich ihrer Wirksamkeit behaftet. Die Autoren beleuchten in dem aktuellen Beitrag in der Zeitschrift Versicherungsrecht wie das Merkmal der Unabhängigkeit i.S.v. § 157 Abs. 1 S. 1 VAG konkretisiert wird und ob die Unabhängigkeit des Treuhänders eine von den Zivilgerichten zu prüfende Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Prämienanpassung ist.

(Der vollständige Aufsatz ist abgedr. in VersR 2018, 837)