Prof. Dr. Manfred Wandt, Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls

„Der Versicherungsfall bringt die Stunde der Wahrheit“, so heißt es im Lehrbuch zum Versicherungsrecht (Wandt, Versicherungsrecht), einer Formulierung von Hans-Leo Weyers folgend (Weyers, Versicherungsvertragsrecht). Beide Vertragsparteien, VN und Versicherer, können jetzt aufgrund der Schadensermittlung und -regulierung beurteilen, wie es um die Vertragstreue des anderen bestellt ist. Die Aussage lässt sich auch in dem Sinn verstehen, dass beide Vertragsparteien, insbesondere der VN, bei der dem Versicherungsfall nachfolgenden Prüfung und Regulierung des Schadens die Wahrheit zu sagen haben.

In Anlehnung an den neuen § 1 a VVG, der im Zuge der Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) mit Wirkung zum 23.2.2018 in Kraft getreten ist, ließe sich als Regelung formulieren:

„Versicherer und VN müssen bei Abschluss und Durchführung des Versicherungsvertrages stets ehrlich und redlich handeln“.

Das geltende Recht ist allerdings komplizierter; Streit herrscht bereits zu der Frage, aus welchem Rechtsgrund der VN nach Eintritt des Versicherungsfalls auskunfts- und aufklärungspflichtig ist.

Im Zentrum der rechtlichen Beurteilung steht dabei die umstrittene Rechtsnatur des § 31 VVG. Nach dessen Abs. 1 kann der Versicherer „nach dem Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, dass der VN jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Belege kann der Versicherer insoweit verlangen, als deren Beschaffung dem VN billigerweise zugemutet werden kann.“ § 31 Abs. 2 VVG bestimmt: „Steht das Recht auf die vertragliche Leistung des Versicherers einem Dritten zu, hat auch dieser die Pflichten nach Absatz 1 zu erfüllen.“

Bei der Frage nach der Rechtsnatur von § 31 Abs. 1 VVG geht es – so der Autor Prof. Dr. Manfred Wandt in seinem aktuellen Beitrag – um eine Grundfrage des reformierten VVG.

(Der vollständige Aufsatz ist abgedr. in VersR 2018, 321)