BGH: Versicherer darf nach Eintritt des Versicherungsfalls Auskunft zur Überprüfung der vorvertraglichen Anzeige verlangen

Versicherungsvertragsrecht
Sämtliche Versicherungszweige
Versicherer darf nach Eintritt des Versicherungsfalls Auskunft zur Überprüfung der vorvertraglichen Anzeige verlangen
VVG §§ 14 Abs. 1, 31 Abs. 1, 213 Abs. 1
* 1. Zu den zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen i. S. d. § 14 Abs. 1 VVG zählen auch solche, die klären sollen, ob der VN bei Vertragsschluss seine vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten i. S. v. § 19 Abs. 1 S. 1 VVG erfüllt hat. *
* 2. a) Zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers sind auch solche Auskünfte erforderlich i. S. v. § 31 Abs. 1 S. 1 VVG, die der Prüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverletzungen dienen. Die den VN insoweit treffende Mitwirkungsobliegenheit ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits eine konkrete Verdachtslage für eine Anzeigeobliegenheitsverletzung besteht.
b) Der VN hat bei der Erhebung von Daten durch den Versicherer grundsätzlich nur insoweit mitzuwirken, als diese zur Prüfung des Leistungsfalls relevant sind. Kann der Umfang der Datenerhebung nicht von vornherein auf entsprechende Informationen beschränkt werden, weil dem Versicherer noch unbekannt ist, worauf er sein Augenmerk zu richten hat, so erstreckt sich die Obliegenheit des VN zunächst auf die Einholung solcher weniger weitreichender und persönlichkeitsrelevanter Vorinformationen, die dem Versicherer eine Konkretisierung ermöglichen, welche Informationen im Weiteren tatsächlich für die Leistungsprüfung relevant sind. *
* 3. § 213 Abs. 1 VVG steht einer Datenerhebung des Versicherers zum Zweck der Überprüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverletzungen des VN nicht entgegen. *
BGH, Urteil vom 22. 2. 2017 (IV ZR 289/14, KG)
[Revisionsentscheidung zu dem in VersR 2014, 1191 abgedruckten Urteil des KG vom 8. 7. 2014 (6 U 134/13)] Anmerkung der Redaktion: Vgl. hierzu Wandt VersR 2017, 458.

(die Entscheidung ist vollständig abgedr. in VersR 2017, 469)