OLG Köln: Aufklärungspflicht über Risiko eines dauerhaften Haarausfalls als Folge eines neuartigen Krebsmedikaments

Haftungsrecht
Arzthaftung
Aufklärungspflicht über Risiko eines dauerhaften Haarausfalls als Folge eines neuartigen Krebsmedikaments
BGB §§ 249, 253, 280, 611, 823
* 1. Weist die Patienteninformation des Herstellers bei einem neu eingeführten Krebsmedikament auf das mögliche, nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegende Risiko eines dauerhaften Haarverlustes hin, so ist dieses Risiko aufklärungspflichtig, auch wenn aussagekräftige Studien und Langzeitbeobachtungen dazu bislang fehlen. *
* 2. Kann eine Krebspatientin eine konkrete Angst vor dauerhaftem Haarverlust darlegen und hat sie diese Frage sogar in Vorgesprächen mit den Ärzten thematisiert, steht der Plausibilität ihres dargelegten Entscheidungskonflikts die von ihr eher abstrakt empfundene Verbesserung ihrer Überlebenschancen durch das eingesetzte Medikament nicht entgegen. *
* 3. Ein weitgehend irreversibler, fast vollständiger Verlust der Kopf- und Körperbehaarung als Folge einer rechtswidrigen Chemotherapie bei einer 45-jährigen Frau rechtfertigt ein Schmerzensgeld von 20 000 Euro. *
OLG Köln, Urteil vom 21. 3. 2016 (5 U 76/14)

(Die vollständige Entscheidung ist abgedr. in VersR 2017, 354)