VG Frankfurt/M./VGH Kassel: Unzulässige Satzungsgestaltung durch Befreiung des Vorstands vom Selbstkontrahierungsverbot (mit Anmerkung von Dr. Jürgen Bürkle)

Versicherungsaufsichtsrecht
Satzungsgenehmigung
Unzulässige Satzungsgestaltung durch Befreiung des Vorstands vom Selbstkontrahierungsverbot (mit Anmerkung von Dr. Jürgen Bürkle)
VAG a. F. §§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 13 Abs. 1 S. 3, 29, 53 Abs. 1 und 3, 81 Abs. 1 S. 4, 118 b Abs. 2 S. 1; GenG § 39; BGB § 181
1. Gem. § 13 Abs. 1 S. 1 VAG darf jede Änderung des Geschäftsplans erst in Kraft gesetzt werden, wenn sie von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden ist. Der Geschäftsplan umfasst gem. § 5 Abs. 3 Nr. 1 VAG auch die Satzung. Die Genehmigung ist nach § 13 Abs. 1 S. 3 VAG i. V. m. § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG zu versagen, wenn Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt sind.
2. Die uneingeschränkte Befreiung des Vorstands vom Verbot des Selbstkontrahierens bedingt die Gefahr einer Selbstbegünstigung des Vorstands und führt damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Belange der Versicherten bzw. der Versorgungsberechtigten.
3. Zudem sind die Belange der Versorgungsempfänger schon dann nicht ausreichend gewahrt, wenn eine Satzungsbestimmung, die das Versicherungsverhältnis betrifft, gegen geltendes Recht verstößt. Gem. § 53 Abs. 1 und 3 VAG gelten für einen sogenannten kleineren Verein u. a. die Vorschriften des § 39 GenG. Nach § 39 Abs. 1 S. 1 GenG wird die Genossenschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern gerichtlich wie außergerichtlich ausschließlich durch den Aufsichtsrat vertreten. Dazu steht eine Satzungsänderung in Widerspruch, die dem Aufsichtsrat die Möglichkeit einräumt, Vorstandsmitglieder von dem Verbot des lnsichgeschäfts zu befreien.
VG Frankfurt/M., Urteil vom 1. 7. 2015 (7 K 315/14.F)
VGH Kassel, Beschluss vom 1. 7. 2016 (6 A 1590/15.Z)

(Die vollständige Entscheidung ist abgedr. in VersR 2017, 405)