OLG Stuttgart: Erfolglose Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Sturzes von einer Bierbank

Der 13. Zivilsenat des OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 16.3.2017 die Klage einer Festzeltbesucherin gegen einen anderen Festzeltbesucher auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach dem Sturz von einer Bierbank auf dem Cannstatter Wasen auch in zweiter Instanz abgewiesen. In seiner Begründung hat der Senat u.a. das Tanzen auf einer Bierbank als übliches Verhalten in einem Festzelt angesehen, das für sich genommen nicht vorwerfbar ist.

Tatbestand:

Die Kl. und der Bekl. besuchten im Oktober 2014 ein Festzelt auf dem Cannstatter Wasen. Beide standen mit den Rücken zueinander auf den Bierbänken an ihren jeweiligen Tischen und tanzten. Nachdem der Bekl. an den Rücken der Kl. stieß, wobei Ursache und Verlauf im Einzelnen streitig sind, fiel die Kl. von ihrer Bierbank. Im Anschluss daran kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Kl. und der Bekl.

Die Kl. behauptet, sie habe vom Bekl. einen Schlag in den Rücken bekommen, sodass sie nach vorne gefallen und mit dem Knie gegen die Kante des Biertischs gestoßen sei. Durch den Sturz habe sie u.a. eine Prellung am linken Kniegelenk erlitten, die einen arthroskopischen Eingriff am Knie erforderlich gemacht und ein Schmerzsyndrom ausgelöst habe.

Der Bekl. entgegnet, er sei „mehr oder weniger von der Bierbank gezogen“ worden und habe hierbei das Gleichgewicht verloren. Dabei sei er mit dem Rücken gegen die Kl. gefallen. Auch die Kl. habe ihr Gleichgewicht verloren und sie seien beide zu Fall gekommen. Die Verletzung und Erkrankung der Kl. beruhe nicht auf dem Sturz von der Bierbank.

Die Klage auf ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens von 4000 Euro, sowie auf Schadensersatz und auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten wies das LG Stuttgart mit Urteil vom 11.8.2016 ab. Insbesondere sei der Kl. durch die Beweisaufnahme nicht der Nachweis gelungen, dass der Bekl. wegen eigenen Fehlverhaltens auf die Kl. gestürzt sei. Mit ihrer Berufung gegen das Urteil des LG verfolgte die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Der 13. Zivilsenat des OLG Stuttgart wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte damit das Urteil des LG.

Aus den Gründen:

Für die Haftung des Bekl. nach § 823 Abs. 1 BGB fehle es bereits an einer Verletzungshandlung im Rechtssinn. Hierfür komme nur menschliches Verhalten in Betracht, das der Steuerung durch Bewusstsein und Willen unterliegt und insofern grundsätzlich beherrschbar ist. Das LG habe eine Verletzungshandlung des Bekl. aufgrund der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung zutreffend verneint. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nicht feststellbar gewesen, weshalb der Bekl. die Kl. anstieß; die Einlassung des Bekl., er sei „mehr oder weniger von der Bierbank gezogen“ worden, sei ihm nicht zu widerlegen.

Zu Recht habe das LG es zudem nicht als vorwerfbar angesehen, dass der Bekl. zum Tanzen auf die Bierbank stieg. Das Verhalten des Bekl. wie auch der Kl. entspreche dem einer Vielzahl der übrigen Gäste im Zelt. Die Gefahr, dass Gäste auf einer wackelnden Bierbank das Gleichgewicht verlieren und stürzen können, habe von Anfang an bestanden und sei für alle Personen – die Kl. eingeschlossen – erkennbar gewesen. Durch den Bekl. sei keine über diese allgemeine Gefahr hinausgehende Gefährdung geschaffen worden.

OLG Stuttgart, Urteil vom 16.3.2017 (13 U 165/16)

(Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 13.4.2017)