AG München: Folgenschwerer Austausch der Fluggesellschaft

Die Fluggastrechteverordnung und damit die Möglichkeit für einen Passagier, seine Rechte daraus geltend zu machen, ist nur auf einen Flug anwendbar, der mit einem Luftfahrtunternehmen der Europäischen Gemeinschaft durchgeführt wurde.

Tatbestand:

Der Kl. buchte bei der bekl. Reiseveranstalterin für sich und seine Lebensgefährtin eine Reise nach C. (Sri Lanka) im Zeitraum vom 16. bis 28. 6. 2015 inklusive Hin- und Rückflug mit der Fluggesellschaft A. zum Preis von 1768 Euro. Kurz vor Antritt des Rückflugs erfuhr der Kl. durch die Anzeige an der Abflugtafel im Flughafen, dass der Flug nicht wie vereinbart von der Fluggesellschaft A. durchgeführt wurde, sondern von E. Die Reiseveranstalterin hatte ihn zu keinem Zeitpunkt darüber informiert, dass die vertraglich vereinbarte Fluggesellschaft ausgetauscht worden war. Der Rückflug von Colombo nach D. (Vereinigte Arabische Emirate) startete die erst um 7.45 Uhr statt planmäßig um 4.40 Uhr. Dadurch verpassten der Kl. und seine Lebensgefährtin den Anschlussflug von D. nach F. (Deutschland). In F. kamen sie letztlich am 29. 6. 2015 um 2:05 Uhr statt planmäßig am 28. 6. 2015 um 13.40 Uhr an.

Der Kl. verlangte nun von der Reiseveranstalterin eine hundertprozentige Minderung des Reisepreises für einen Tag, nämlich den 28. 6. 2015, in Höhe von 177,33 Euro, weil sich die Ankunft in F. um 12,5 Stunden verspätet hatte. Außerdem war sein Koffer zunächst verschwunden und wurde erst am 1. 7. 2015 per Post zugesandt.

Zusätzlich verlangte der Kl. Schadensersatz. Er war der Meinung, dass die Reise wegen des Austauschs der Fluggesellschaft nicht ordnungsgemäß erbracht worden sei. Dadurch sei ihm ein Schaden entstanden. Wäre der Rückflug von der Fluggesellschaft A. durchgeführt wurden, hätte er gegenüber der Fluggesellschaft A. Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung in Höhe von jeweils 600 Euro für sich und seine Lebensgefährtin gehabt.

Die Reiseveranstalterin weigerte sich zu zahlen. Die Angaben in der Buchungsbestätigung seien unverbindlich. Die Reiseveranstalterin sei berechtigt gewesen, zumutbare Änderungen vorzunehmen.

Der Kläger erhob Klage vor dem AG München auf Zahlung von insgesamt 1347,33 Euro. Die zuständige Richterin verurteilte die Reiseveranstalterin zur Zahlung von 61,20 Euro und wies die Klage im Übrigen ab.

Aus den Gründen:

Nach ständiger Rechtsprechung seien die ersten vier Stunden der Verspätung als Unannehmlichkeit entschädigungslos hinzunehmen. Für jede weitere Stunde Verzögerung sei der Reisepreis um 5 % des Tagespreises (1768 Euro/13 Tage), bei einer anrechenbaren Verspätung von 9 Stunden mithin um 61,20 Euro zu mindern.

Soweit vorgetragen wurde, das Gepäck des Kl. sei diesem erst am 1. 7. 2015 zugesandt worden, wurde hierdurch die Reise nicht beeinträchtigt, sodass ein Minderungsanspruch auch insoweit ausscheidet, so das Urteil.

Die Richterin urteilt, dass dem Kl. auch kein Schadensersatzanspruch nach der Fluggastrechteverordnung zusteht. Die Verordnung sieht grundsätzlich für eine Flugverspätung wie im hier vorliegenden Fall einen Ausgleichsanspruch von 600 Euro pro Person vor. Da es sich bei der Fa. E. jedoch nicht um ein Luftfahrtunternehmen der Europäischen Gemeinschaft i. S. v. Art. 2 der Fluggastrechteverordnung handelt, sei die Verordnung nicht anwendbar. Die Richterin stellt fest: Der Austausch der Fluggesellschaften war nicht ursächlich für die behauptete Verspätung. Auch war der Austausch nicht ursächlich für die Entstehung einer etwaigen Schadensersatzpflicht, zurechenbare Ursache hierfür ist allein die behauptete Verspätung. Diese stellt jedoch keine Pflichtverletzung der Bekl. dar. Damit ist der Schaden nicht durch eine Pflichtverletzung der Bekl. entstanden, eine Zurechnung kann nicht erfolgen. Das Gericht prüfe daher nicht, ob die Reiseveranstalterin berechtigt war, die Fluggesellschaft auszutauschen. „Es ist jedoch festzustellen, dass selbst die Buchungsbestätigung den Hinweis enthält, dass „Details und Zeiten unverbindlich“ sind, so das Urteil.

AG München, Urteil vom 10. 11. 2016 (261 C 13238/ 16)

(Pressemitteilung des AG München Nr. 42 vom 9. 6. 2017)