BGH: Altersvorsorgevermögen aus Riester-Renten ist unpfändbar, soweit die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert worden sind

Der BGH hat sich mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen das in einem Riester-Vertrag angesparte Vermögen pfändbar ist und daher in der Insolvenz zugunsten der Gläubiger verwertet werden kann.

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Die Schuldnerin schloss im Jahr 2010 bei der Bekl. einen Rentenversicherungsvertrag (Riester-Rente) ab. Der Rentenversicherungsvertrag sieht ein Kündigungsrecht für die Schuldnerin vor. Nachdem die Schuldnerin Beiträge in Höhe von insgesamt 333 Euro gezahlt hatte, stellte die Bekl. den Versicherungsvertrag auf Antrag der Schuldnerin beitragsfrei. Am 15.4.2014 eröffnete das AG das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kl. zum Insolvenzverwalter. Der Kl. kündigte den Rentenversicherungsvertrag und verlangte von der Bekl. die Auszahlung des Rückkaufswerts.

Der Kl. meinte, die Riester-Rente gehöre zur Insolvenzmasse. Da die Schuldnerin das Recht habe, den Vertrag zu kündigen, erfülle der Vertrag nicht die Voraussetzungen des § 851 c Abs. 1 ZPO. Daher könne der Vertrag in der Insolvenz zugunsten der Gläubiger verwertet werden. Außerdem habe die Schuldnerin weder einen Zulageantrag gestellt noch eine staatliche Zulage erhalten. Die Bekl. verteidigte sich damit, dass das in Riester-Verträgen angesparte Vermögen gem. § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar sei, weil das Altersvorsorgevermögen einschließlich der Erträge in Riester-Renten gem. § 97 S. 1 EStG nicht übertragbar sei.

Der Kl. verlangte mit seiner Klage die Auszahlung des von ihm errechneten Rückkaufswerts. Das AG hat die Klage abgewiesen. Das LG hat die Bekl. auf die Berufung des Kl. zur Zahlung eines Teilbetrags verurteilt. Mit ihrer vom LG zugelassenen Revision erstrebte die Bekl. die vollständige Klageabweisung.

Die Entscheidung des BGH:

Der u.a. für Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass das in einem Riester-Vertrag angesparte Guthaben nicht pfändbar ist, soweit die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert werden und den Höchstbetrag nicht übersteigen.

Dem Insolvenzverwalter steht ein Kündigungsrecht nur zu, wenn der Rentenversicherungsvertrag dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Ob das in einem Riester-Vertrag angesparte Guthaben pfändbar ist und damit der Zwangsvollstreckung unterliegt, richtet sich nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 97 S. 1 EStG. Da diese Ansprüche kraft gesetzlicher Anordnung nicht übertragbar sind, sind sie auch nicht pfändbar.

§ 851 c ZPO ist durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26.3.2007 (BGBl I 2007, 368) eingeführt worden. Damit hat der Gesetzgeber jedoch keine zusätzlichen Anforderungen an die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Riester-Renten geschaffen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass der Riester-Vertrag unkündbar ist (§ 851 c Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Soweit danach § 851 c ZPO für die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Verträgen Anforderungen an die Ausgestaltung der Vertragsbedingungen stellt, die von Riester-Verträgen nicht eingehalten werden müssen, handelt es sich um eine unterschiedliche gesetzgeberische Wertentscheidung. Der Gesetzgeber wollte durch § 851 c ZPO den Schutz von Altersvorsorgeansprüchen verbessern. Daher kann dem Gesetz nichts dafür entnommen werden, dass die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Riester-Renten gegenüber der Rechtslage nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 97 S. 1 EStG zukünftig erschwert werden sollte.

Allerdings hängt der Pfändungsschutz für das in einem Riester-Vertrag angesparte Kapital davon ab, ob die Altersvorsorgebeiträge tatsächlich durch eine Zulage gefördert worden sind. Ausreichend für die Unpfändbarkeit ist, wenn der Altersvorsorgevertrag im Zeitpunkt der Pfändung förderfähig war, der Schuldner bereits einen Zulagenantrag für die entsprechenden Beitragsjahre gestellt hatte und die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage vorlagen. Nachdem zwischen den Parteien streitig ist, ob die Schuldnerin einen Zulageantrag gestellt und eine staatliche Zulage erhalten hat, hat der Senat den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das LG zurückverwiesen.

BGH, Versäumnisurteil vom 16.11.2017 (IX ZR 21/17)

(Pressemitteilung des BGH Nr. 180 vom 16.11.2017)