OLG Braunschweig: Zu den Anforderungen an den Nachweis eines Diebstahls im Versicherungsrecht

Wenn die eigene Versicherung einem nicht glaubt

Muss jemand feststellen, dass ein Dieb in seine Lagerhalle eingestiegen ist und Gegenstände von einigem Wert gestohlen hat, so ist das sehr ärgerlich. Noch ärgerlicher ist es aber, wenn einem die eigene Diebstahlversicherung das nicht glaubt.
Einen solchen Fall hat der 11. Zivilsenat des OLG Braunschweig mit Urteil vom 8.7.2020. Ein Gartenbauunternehmer hatte Fahr- und Werkzeuge in einer Lagerhalle abgestellt, die mit einem Tor verschlossen war. Über dem Tor befand sich in 4 m Höhe eine ungefähr 30 cm große Lücke. Nachdem der Unternehmer festgestellt hatte, dass ihm Fahr- und Werkzeuge im Wert von rd. 30.000 EUR fehlten, erstattete er Anzeige wegen Diebstahls und meldete den Schaden seiner Versicherung. Diese verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht sei.

Das LG Göttingen hat dem Gartenbauunternehmer Recht gegeben und die Versicherung zur Zahlung verurteilt. Das bestätigte nun der für Versicherungsrecht zuständige 11. Zivilsenat des OLG.

Aus den Gründen:

Weil die Täter bei einem Diebstahl naturgemäß unbeobachtet bleiben wollten, kämen einem VN bei dem Nachweis des Diebstahls Beweiserleichterungen zugute. Er müsse nur „ein Mindestmaß an Tatsachen beweisen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zuließen“.

Das war dem Gartenbauunternehmer hier gelungen. Mithilfe eines Sachverständigen, der im Rahmen seiner Begutachtung selbst zu der 4 m hohen Lücke hinaufklettere, stellte der 11. Zivilsenat fest, dass die Diebe in die Halle durch die vorhandene Lücke einsteigen konnten. Sie hätten dann das Tor von innen aufgemacht, Fahr- und Werkzeuge entwendet und anschließend das Tor wieder zugezogen, um den Diebstahl möglichst lange zu verheimlichen.

Da die beklagte Versicherung ihrerseits nicht nachweisen konnte, dass der Einsteigediebstahl nur vorgetäuscht wurde, und es auch nicht grob fahrlässig war, die Lücke in dieser Höhe zu belassen, verlor die Versicherung den Rechtsstreit.

OLG Braunschweig, Urteil vom 8.7.2020 (11 U 151/19)

Pressemitteilung des OLG Braunschweig vom 17.8.2020