OLG Frankfurt/M.: KFZ-Versicherungsschutz für Verbissschäden durch Mäusebefall

Nimmt ein Versicherer Bissschäden im Fahrzeuginnenraum vom Versicherungsschutz aus, bezieht sich dies allein auf die Fahrgastzelle und den Kofferraum, entschied das OLG Frankfurt/M. Für Bissschäden im Bereich zwischen der Außenhaut und der Innenraumverkleidung hafte der Versicherer dagegen.

Tatbestand:

Das klägerische Fahrzeug ist bei der Bekl. teilkaskoversichert. In den AGB des bekl. Versicherers heißt es in Nr.#A.2.2.7: „Versichert sind Schäden, die unmittelbar durch Tierbiss am Fahrzeug verursacht wurden. Schäden am Fahrzeuginnenraum sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen …“.

Im Frühjahr 2014 ließ der Kl. das versicherte Fahrzeug in einer Werkstatt überprüfen. Es wurde festgestellt, dass „die Wasserabläufe des Panoramadaches zerbissen, der Kopfairbag auf der Beifahrerseite angefressen und hinter dem Armaturenbrett starke Bissschäden an der Dämmung und an der Isolierung der Verkabelung vorhanden waren“. Ein Sachverständiger bestätigte weitere Schäden hinter diversen seitlichen Verkleidungsteilen, oberhalb des Dachhimmels und unterhalb des Bodenbelags. Er führte sie eindeutig auf Nagetiere – wahrscheinlich Mäuse – zurück.

Die Bekl. lehnte eine Leistungspflicht ab. Sie meinte, dass es sich um Schäden im Fahrzeuginnenraum handele, die vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien. Der Kl. begehrt deshalb festzustellen, dass die Bekl. für die „Verbissschäden durch Mäusebefall“ eintrittspflichtig sei. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Erfolg.

Aus den Gründen:

Es liege ein versicherter Schaden durch Tierbiss am Fahrzeug i.S.d. Nr. A.2.2.7 S. 1 der Versicherungsbedingungen vor, stellte das OLG fest. Die Schäden im Bereich zwischen der Außenhaut des Autos und der Innenraumverkleidung seien „am Fahrzeug“ i.S.v. S. 1 der Klausel entstanden. Damit sei nicht nur die Außenhülle des Autos gemeint, sondern das Fahrzeug als Ganzes. Von dieser Gesamtheit des Fahrzeugs nehme S. 2 der Klausel zwar den Fahrzeuginnenraum aus. Die hier zu beurteilenden Schäden befänden sich indes nicht im Fahrzeuginnenraum.

Der Begriff des Fahrzeuginnenraums sei dabei aus Sicht eines durchschnittlichen VN auszulegen. Dieser würde davon ausgehen, dass der „Innenraum durch Fahrgastzelle und Kofferraum definiert wird“, d.h. die durch Menschen „benutzbaren und zugänglichen“ Bereiche. „Als Innenraumschaden wird er all diejenigen Schäden werten, die er ohne Demontage des Fahrzeugs als Bisspuren qualifizieren kann“, resümiert das OLG. Nicht zum Innenraum gehöre jedoch der Zwischenraum hinter der Verkleidung mit Lüftungselementen, Klimaanlage, Sicherheitseinrichtungen, Bordelektronik etc. und den entsprechenden Verkabelungen. Für dieses Verständnis spreche auch, dass der in S. 2 der Klausel enthaltene Risikoausschluss für Innenraumschäden grundsätzlich eng auszulegen sei. Ein Risikoausschluss dürfe grundsätzlich nicht weiter ausgedehnt werden, als es sein Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Zwecks erfordere. Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass der Versicherungsschutz bei einem anderen Verständnis „in Anbetracht der in der mitteleuropäischen Fauna vertretenen potenziellen Schadtiere und ihrer Bissgewohnheiten“ praktisch „leer liefe“. Tierbissschäden träten „vor allem im Motorraum an durchbissenen Kabeln auf“.

OLG Frankfurt/M., Urteil vom 5.9.2018 (7 U 25/16)

(Pressemitteilung des OLG Frankfurt/M. Nr. 35 vom 7.9.2018)