OLG Hamm: Intimfoto unerlaubt im Internet veröffentlicht – 7000 Euro Schmerzensgeld

Veröffentlicht ein Mann ein Foto, das ihn mit einer Frau beim Oralverkehr zeigt, ohne Zustimmung der Frau im Internet und erleidet die Frau deswegen einen gesundheitlichen Schaden, kann ihr ein Schmerzensgeld – im vorliegenden Fall in Höhe von 7000 Euro – zustehen. Das hat der 3. Zivilsenat des OLG Hamm entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des LG Münster dem Grunde nach bestätigt.

Die im Jahre 1995 geborenen Parteien führten eine Liebesbeziehung. 2011 fertigte der Bekl. mit seinem Handy ein Foto, das das Paar beim privaten Oralverkehr zeigt und auf dem die Kl. zu erkennen ist. Dieses Foto stellte er, ihre Beziehung hatten die Parteien zuvor beendet, im Jahr 2013 auf eine Internetplattform, die allgemein einsehbar ist und von Freunden und Bekannten des Paares besucht wurde. Es verbreitete sich daraufhin – ohne Zutun des Bekl. – insbesondere über soziale Netzwerke des Internets. Wenige Tage nach dem Einstellen erfuhr die Kl. von der Veröffentlichung des Fotos. Sie forderte den Bekl. auf, das Foto zu entfernen, was dieser umgehend tat. Später löschte er auch sein Profil auf der Internetplattform.

Im vorliegenden Zivilprozess wurde festgestellt, dass die Kl. durch die Veröffentlichung einen gesundheitlichen Schaden in Form sich sukzessiv über mehrere Jahre erstreckende, psychische Erkrankungen erlitten hat. Vom Bekl. verlangte sie Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5000 Euro.

Das OLG Hamm hat der Kl. zum Ausgleich ihres immateriellen Schadens ein Schmerzensgeld von 7000 Euro zugesprochen (und zugleich den vom LG ausgeurteilten Schmerzensgeldbetrag von 20.000 Euro reduziert).

Der Bekl. habe der Kl. einen Gesundheitsschaden zugefügt, indem er das die Kl. abbildende intime Foto ohne ihre Zustimmung im Internet veröffentlicht habe. Hierdurch habe die Kl. verschiedene, sich sukzessiv über mehrere Jahre erstreckende, auch schwere psychische Erkrankungen erlitten. Ihren Gesundheitsschaden und auch dessen Verursachung durch den Bekl. habe die vom Senat angehörte medizinische Sachverständige überzeugend bestätigt.

Die Höhe des Schmerzensgeldes sei – mit Blick auf die Schwere der Verletzungen und ihre Folgen sowie auf das Verschulden des Schädigers – im Rahmen einer durchzuführenden Gesamtabwägung mit 7000 Euro zu bemessen gewesen.

Zu berücksichtigen seien die von der Kl. erlittenen psychischen Erkrankungen und die Auswirkungen auf ihre Lebensgestaltung. Die Kl. habe sich längere Zeit zurückgezogen, die Öffentlichkeit gescheut und sich zunächst nicht in der Lage gesehen, eine Berufsausbildung zu beginnen. Hinzu komme, dass die Bildveröffentlichung zu einer massiven Bloßstellung der aufgrund ihres jungen Alters besonders verletzlichen Kl. gegenüber einer unüberschaubaren Anzahl von Personen, u.a. aus ihrem nahen Umfeld, geführt habe. Auch wenn der Bekl. das Foto schon nach kurzer Zeit von seinem Internetprofil gelöscht habe, hätten es (vorhersehbar) dritte Personen bereits entdeckt und heruntergeladen. Die Verbreitung des Fotos sei unkontrollierbar gewesen.

Demgegenüber sei ebenfalls zu berücksichtigen, dass der sein Tun bereuende Bekl. das Bild – vermutlich stark alkoholisiert – im Zuge einer unreflektierten Spontanhandlung ins Internet hochgeladen habe, offenbar – wohl auch im Hinblick auf sein junges Alter – ohne die weitreichenden Folgen seines Handelns zu überdenken.

Außerdem sei aufgrund des mittlerweile erfolgten Schulabschlusses und des Wohnortwechsels der Kl. nicht mehr zu erwarten, dass die Kl. künftig weiterhin massiv mit dem Foto konfrontiert werde. Nach ihren eigenen Angaben sei das derzeit jedenfalls nicht der Fall. Schließlich sei es überwiegend wahrscheinlich, dass das das Foto ursprünglich im Einvernehmen der Parteien gefertigt worden sei. Die gesamten Umstände rechtfertigten das vom Senat zuerkannte Schmerzensgeld von 7000 Euro.

OLG Hamm, Urteil vom 20. 2. 2017 (3 U 138/15)

(Pressemitteilung des OLG Hamm vom 1. 6. 2017)