OLG Hamm: Querschnittslähmung nach HWS-Operation – 400.000 Euro Schmerzensgeld

Erleidet eine Patientin nach einer grob behandlungsfehlerhaften Operation ihrer Halswirbelsäule eine Querschnittslähmung, kann ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 Euro zustehen. Das hat der 26. Zivilsenat des OLG Hamm unter Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung des LG Arnsberg am 11.11.2016 entschieden.Tatbestand:

Die heute 57 Jahre alte Kl. aus O. von Beruf Krankenschwester, litt über Jahre hinweg unter Rückenschmerzen, vorwiegend im Bereich der LWS. Ende des Jahres 2008 ließ sie sich im bekl. Krankenhaus in W. untersuchen. Dort empfahl man eine operative Behandlung im Bereich der HWS durch die Implantation einer Bandscheibenprothese und die Versteifung (Fusion) mehrerer Wirbel. Unmittelbar nach der im März 2009 durchgeführten Operation litt die Kl. an einer zunehmenden Schwäche aller vier Extremitäten, die durch eine Revisionsoperation nicht aufgehalten werden konnte und aus der sich eine irreversible Querschnittslähmung unterhalb des 3. Halswirbels entwickelte. Seit der Operation ist die Klägerin auf einen Rollstuhl und auf fremde Hilfe angewiesen. Mit der Begründung, die Operation sei nicht angezeigt und auch fehlerhaft ausgeführt worden, hat die Kl. von der Bekl. Schadensersatz begehrt, insbesondere ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 Euro.
Die Klage war in beiden Instanzen erfolgreich. Die landgerichtliche Verurteilung der Bekl. zum Schadensersatz, insbesondere zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 400.000 Euro, hat der 26. Zivilsenat des OLG Hamm bestätigt.

Aus den Gründen:

Aufgrund des im Prozess erstatteten medizinischen Sachverständigengutachtens stehe fest, so der Senat, dass im bekl. Krankenhaus unvollständige Befunde erhoben worden seien. Die zur differenzialdiagnostischen Abklärung erforderliche MRT-Untersuchung sei fehlerhaft unterblieben. Auch habe keine absolute Indikation für eine Operation bestanden. Die Möglichkeit einer weiteren konservativen Behandlung der Kl. habe abgeklärt werden müssen. Darüber hinaus sei eine fehlerhafte Operationsmethode gewählt worden. Eine Fusion in unmittelbarer Nähe der einzubringenden Prothese sei kontraindiziert gewesen, das gelte auch für die Fusion über mehr als drei Wirbeletagen. Die unterlassene Befunderhebung sei bereits als grob fehlerhaft zu beurteilen, auch aus einer Gesamtschau mit den weiteren Fehlern in der Diagnostik und Operationsplanung ergebe sich eine grob fehlerhafte Behandlung. Durch diese sei es zu einer kompletten Querschnittslähmung der Kl. unterhalb des 3. Halswirbels gekommen, diese Kausalität habe die Bekl. nicht entkräftet. Die schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen der Kl. rechtfertigen das Schmerzensgeld in der zuerkannten Höhe.

OLG Hamm, Urteil vom 11. 11. 2016 (26 U 111/15) – rechtskräftig –

Pressemitteilung des OLG Hamm vom 2. 2. 2017