OLG Schleswig: Die Tücken einer Glastür

Der Betreiber eines Hotels verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er den Hoteleingang so gestaltet, dass eine gläserne Drehtür seitlich durch ein Glaselement eingefasst wird, das in Augenhöhe nicht gekennzeichnet ist. Das hat der 11. Zivilsenat des OLG Schleswig entschieden und eine Schmerzensgeld- und Sachschadensersatzverpflichtung des Hotelbetreibers gegenüber einer gestürzten Besucherin bejaht.

Zum Sachverhalt:

Die zum Unfallzeitpunkt 86-jährige Kl. und ihr Ehemann waren Gäste in einem Hotel an der Ostsee, das von dem Bekl. betrieben wird. Am letzten Abend ihres viertägigen Aufenthalts stürzte die Kl. bei dem Versuch, das Hotel durch eine gläserne Drehtür zu betreten. Sie hatte sich der Drehtür aus der Richtung des außen angebrachten Treppengeländers von der Seite genährt. Dabei übersah sie, dass die ebenfalls gläserne Einfassung der Drehtür dort keine Öffnung hatte. Sie stieß deshalb gegen diese Einfassung, stürzte und verletzte sich erheblich. Sie verlangte nun vom Bekl. die Zahlung von Schmerzensgeld und Sachschadensersatz.

Das LG hat die Klage in erster Instanz abgewiesen.

Die von der Kl. eingelegte Berufung hatte teilweise Erfolg.

Der 11. Zivilsenat des OLG hat der Klage zum Teil stattgegeben, weil der Bekl. gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen hat, die Kl. jedoch ein Mitverschulden trifft.

Aus den Gründen:

Nach § 38 Abs. 2 Landesbauordnung muss eine Glasfläche, die bis zum Boden reicht, so gekennzeichnet werden, dass sie leicht erkennbar ist. Der Bekl. hat die ihm hiernach obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil es an einer derartigen Kennzeichnung fehlt. Der mehrere Zentimeter breite weiße Rahmen reicht für eine leichte Erkennbarkeit des Elements nicht aus, weil er nur einen kleinen Teil der gesamten Fläche ausmacht. Es reicht ebenfalls nicht, dass der gesamte Eingangsbereich gut erkennbar ist. Erforderlich ist vielmehr, dass leicht zu erkennen ist, wo sich die Öffnung der Tür befindet. Der Bekl. durfte auch nicht davon ausgehen, dass sich Besucher der Glastür stets vorsichtig nähern. Zwar hat auch der Fußgänger bei der Benutzung einer Drehtür besondere Sorgfalt anzuwenden. So muss er darauf achten, dass er die Drehtür an ihrer Öffnung betritt und nicht gegen die rotierenden Türflügel stößt. Aber gerade wegen der erforderlichen erhöhten Aufmerksamkeit auf das Drehelement besteht die Gefahr, dass einzelne andere Details übersehen werden. Darüber hinaus kann vom Benutzer keine uneingeschränkte Aufmerksamkeit auf die Tür verlangt werden. Vielmehr ist es üblich, dass sich Fußgänger einer Tür nähern, während sie sich im Gespräch befinden. In Hotel- und Gastronomiebetrieben ist es zudem nicht unüblich, dass Gäste in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit durch Alkoholkonsum eingeschränkt sind. Erhöht wurde die Gefahr eines Unfalls hier noch durch eine besondere Wegführung. Die Außentreppe, die auf die Drehtür zuführt, ist wesentlich breiter als die Tür selbst. Das Treppengeländer ist ganz am linken Rand angebracht, sodass ältere oder gehbehinderte Hotelgäste nicht mittig – also dort, wo die Öffnung ist – auf die Drehtür zugehen, sondern von der linken Seite aus. Sie müssen sich dann am Ende des Geländers zunächst zurück in Richtung Treppe begeben, um dann nach einer weiteren Kurve die Drehtür in der Mitte des Eingangsbereichs zu betreten.

Die Kl. trifft allerdings ein Mitverschulden in Höhe eines Drittels. Die Glasfläche war – wenn auch nicht leicht – grundsätzlich erkennbar. Die gesamte räumliche Situation wies eine gewisse Unübersichtlichkeit auf, weshalb eine besondere Vorsicht geboten war. Überdies war die Situation für die Kl. nicht neu oder überraschend, denn sie war bereits drei Tage Gast im Hotel.

OLG Schleswig, Urteil vom 22. 6. 2017 (11 U 109/16)

(Pressemitteilung des OLG Schleswig vom 24. 7. 2017)