SG Aachen: Vergütungsanspruch des Krankenhauses trotz Operation durch „falschen Arzt“

Vor der 13. Kammer des SG Aachen sind drei Krankenkassen mit dem Versuch gescheitert, von einem Krankenhaus gezahlte Krankenhausvergütungen in Höhe von insgesamt ca. 370.000 Euro zurückerstattet zu erhalten.

Tatbestand:

Hintergrund der geltend gemachten Rückforderungen war, dass das Krankenhaus über Jahre einen Mitarbeiter als Arzt beschäftigt hatte, obschon dieser seine Approbationsurkunde durch gefälschte Studienbescheinigungen und Zeugnisse bei der zuständigen Bezirksregierung erschlichen hatte. Dieser Umstand war dem Krankenhaus bei der Einstellung nicht bekannt gewesen. Nach seiner Einstellung führte der Mitarbeiter als Arzt zahlreiche operative Eingriffe an Patienten durch, die vom Krankenhaus auch gegenüber den klagenden Krankenkassen abgerechnet wurden. Nachdem die Fälschung entdeckt worden war, wurde der Mitarbeiter wegen Köperverletzung in zahlreichen Fällen sowie Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die zuständige Bezirksregierung nahm die seinerzeit – fälschlich – erteilte Approbation zurück. Im Nachgang forderten nun die Krankenkassen die gezahlten Leistungen vom Krankenhaus zurück, da seinerzeit eine ärztliche Leistung abgerechnet worden sei, ein Arzt diese aber nicht erbracht habe. Das beklagte Krankenhaus stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, zum damaligen Zeitpunkt habe eine, wenn auch erschlichene, gültige Approbation bestanden; darüber hinaus seien, was zwischen den Beteiligten im Wesentlichen unstreitig ist, die Leistungen in medizinisch-fachlicher Hinsicht fehlerfrei erbracht worden.
Das SG Aachen hat in drei am 6.2.2018 ergangenen Urteilen die Klagen der Krankenkassen abgewiesen.

Aus den Gründen:

Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass das Krankenhaus die Vergütungen im Ergebnis zu Recht geltend gemacht hat und sie den Krankenkassen daher auch nicht zurückerstatten muss. Zum einen sei es so gewesen, dass der „falsche Arzt“ regelmäßig nicht allein operiert habe, sondern noch ein anderer „echter“ Arzt assistiert habe, sodass schon vor diesem Hintergrund die streitige Frage, ob es sich um eine „ärztliche Behandlung“ gehandelt hat, zu bejahen sei. Darüber hinaus sei – jedenfalls im Verhältnis zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen – maßgeblich, dass zum Zeitpunkt, in dem die streitigen Operationen durchgeführt worden sind, der Mitarbeiter tatsächlich eine echte – wenn auch erschlichene – Approbationsurkunde vorweisen konnte. Die Tatsache, dass die Rücknahme diese Urkunde von Beginn an unwirksam werden lasse, gelte nur gegenüber dem „falschen Arzt“, nicht aber im Verhältnis zwischen Krankenhaus und den Krankenkassen. Das Krankenhaus müsse sich die Unwirksamkeit erst ab dem Zeitpunkt der Rücknahme entgegen halten lassen.
Schließlich scheitere die Rückforderung der Vergütungen auch daran, dass eine solche unbillig gewesen wäre, da die Behandlungen im Ergebnis den Regeln der Kunst entsprochen und die Krankenkassen damit gegenüber ihren jeweiligen Versicherten die geschuldeten Leistungen erbracht hätten. Aus diesem Grund seien auch etwaige Schadensersatzansprüche nicht gegeben. Die Krankenkassen sei ein finanzieller Schaden gerade nicht entstanden.
Gegen die Urteile ist die Berufung zum LSG Essen möglich.

SG Aachen, Urteile vom 6.2.2018 (S 13 KR 262/17), (S 13 KR 466/16) und (S 13 KR 114/17)

– jeweils nicht rechtskräftig –

Pressemitteilung des AG Aachen vom 13.2.2018