Rezension: Innovatives Denken zwischen Recht und Markt – Festschrift für Hans Schwintowski

Zum 70. Geburtstag ist die Festschrift für Schwintowski unter dem gelungenen Titel „Innovatives Denken zwischen Recht und Markt“ erschienen. Parallel zu den vom Jubilar wirkungsmächtig bestellten wissenschaftlichen Feldern ist der thematische Bereich des Werkes weit gefächert und umfasst Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Vertrags- und Verbraucherrecht, Kartell-, Energie- und Regulierungsrecht, Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht sowie Varia.
Mit einer knappen Rezension kann verständlicherweise auf nur sehr wenige der 50 großartigen wissenschaftlichen Beiträge der Festschrift eingegangen werden. Dabei bildet das Verbraucherrecht die Verklammerung der zahlreichen Forschungsgegenstände des Jubilars. Im Versicherungsrecht mit elf Beiträgen untersucht Brand die vom Gesetz geforderte wirtschaftliche Unabhängigkeit der bei Prämienanpassung und Bedingungsanpassung in der privaten Krankenversicherung eingeschalteten Treuhänder und hält eine Überprüfung dieser Voraussetzung durch Zivilgerichte für nicht gegeben (bestätigt durch BGH vom 19. 12. 20181). Brömmelmeyer hält die nach Deregulierung der Versicherungsaufsicht als Substitution vermehrt eingeführten Informationspflichten für nicht grundsätzlich untauglich, wenn sie sich an einem realistischen Verbraucherleitbild orientieren und deren Vereinfachung zugleich auf das Versicherungsprodukt zurückwirkt. Härle stellt eine Annäherung der informatorischen Vorgaben im Bank- und Versicherungsrecht am Beispiel von Versicherungsanlageprodukten fest, und Heiss beleuchtet das Spannungsverhältnis von Expertenvorschlägen und Ergebnissen gesetzgeberischer Tätigkeit bei der Reform der Versicherungsvertragsgesetze in Deutschland und in der Schweiz („Entstellung“ und „Verschandelung“ der Ausgangsentwürfe). Die höchst umstrittene Rechtsfrage, ob und in welchem Umfange Risikoausschlüsse in Pflichtversicherungen einem geschädigten Dritten entgegengehalten werden können, untersucht Koch mit dem Schwerpunkt Kfz-Haftpflicht nach nationalem und europäischem Recht.
Langheid spricht sich dafür aus, inhaltlich angemessene, aber intransparente Klauseln der Lebens- sowie Krankenversicherung nach § 164 VVG durch ordnungsgemäße Klauseln i. S. v. § 307 BGB zu ersetzen, wenn dispositives gesetzliches (Auffang-)Recht nicht zur Verfügung steht. Im Lichte des Diskriminierungsverbotes prüft Leander das Phänomen der Transsexualität als möglicher gesundheitlicher Störung mit der (häufig subjektiv erwünschten) Konsequenz, Leistungen der Krankenversicherung zwecks körperlicher Angleichung an die subjektiv empfundene Geschlechterzuordnung in Anspruch nehmen zu können. Die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Versicherungsfalls in der sogenannten Passivenversicherung beleuchtet Looschelders am Beispiel der Haftpflicht- sowie der Rechtsschutzversicherung. Die weiteren versicherungsrechtlichen Themen der Festschrift umfassen den Honorarversicherungsberater (Michaelis), die Nettopolice (Reiff) sowie den Stornoabzug bei der Lebensversicherung gegen Einmalbetrag (Rubin).
Das Forschungsgebiet Bank- und Kapitalmarktrecht umfasst acht Teilthemen. Büscher stellt Chancen und Risiken der Regulierungstechniken dar, die nach Änderung der Finanzmarktrichtline den Aufsichtsbehörden im Hinblick auf Warenderivate nunmehr zur Verfügung stehen (Richtlinie 2014/65/EU [MiFID II]) und z. B. im Wertpapierhandelsgesetz in nationales Recht umgesetzt wurden. Hintergrund sind unerwünschte Preissprünge z. B. bei solchen Derivaten, die in Bezug auf Grundnahrungsmittel gehandelt werden. Mit diesem Bericht wird auf die Eingriffsvoraussetzungen sowie auf die Handhabung der Instrumente Limitierung, Meldungen sowie Kontrollen eingegangen, wobei für eigene Rechnung handelnde Marktteilnehmer der Regulierung nicht unterworfen sind („Nebentätigkeitsausnahme“). Kritisch wird die fehlende empirische Evidenz in Bezug auf die Wirksamkeit dieser regulatorischen Instrumente angemerkt. Der Beitrag von Hofmann („Bail-ins und Bail-outs im Zuge der Abwicklung von Banken in der EU“) behandelt das europäische Abwicklungsregime bei faillierenden Banken als Reaktion auf die Bankenkrise 2007/2008. Primär ist nach den Reformen als Abwicklungsinstrument ein Bail-in vorgesehen, indem Kapitalschnitte in Bezug auf die Anteilsinhaber der Kreditinstitute sowie Schuldenschnitte im Hinblick auf die Gläubiger als aufsichtsbehördliche Maßnahmen ermöglicht werden. Sekundär kommen wie praktiziert eine Eigenkapitalisierung durch die Mitgliedstaaten oder die Übernahme der Bank oder die Hilfe durch einen aus Mitteln der Banken gebildeten Rettungsfonds sowie ESM-Finanzhilfen in Betracht (Bail-out).
Bei der Abwicklung von Gemeinschaftskonten nach beruflicher Trennung, Ehescheidung oder Tod eines Kontoinhabers entstehen typischerweise Schwierigkeiten im Hinblick auf die Zuordnung des auf dem Konto gut geschriebenen Kapitals, die mithilfe des einschlägigen (aber rudimentären) Gesetzesrechts (§§ 428, 430 BGB in Bezug auf die Gesamtschuld sowie § 742 BGB für die Bruchteilsgemeinschaft) nicht befriedigend gelöst werden können („Oder-Konten“). Insofern zeigt die Untersuchung durch ­Knops auf, dass ein „Ausgleich nach Köpfen“ (vgl. § 430 BGB) regelmäßig als Abwicklungsmaßstab ebenso wenig in Betracht kommt wie die Übernahme des Guthabens durch den oder die weiteren Verfügungsberechtigten. Rücksicht auf das Innenverhältnis der gemeinsam Berechtigten (Vertragszweck) sowie die Umstände (z. B. auf das Guthaben erbrachte Leistungen) bestimmen stattdessen die Abwicklung, wobei regelmäßig die Kontoauszüge der letzten Jahre auszuwerten sind (Zuflüsse sowie Abflüsse). Köhler schildert die Verhaltenspflichten von Beteiligten einer Anleiheemission, die zur Vorbereitung der Emission Informationen an potenzielle Anleger weitergeben, um deren Interessen auszuloten (Marktsondierung, Investorenansprache). Insofern erlaubt die neu gefasste Marktmissbrauchsverordnung (596/2014/EU) Abweichungen vom grundsätzlichen Verbot zur (unzulässigen) Weitergabe von Insider­informationen; dabei stehen Anwendungsparameter und exakte Kriterien dieses „Safe Harbour“ aber noch nicht abschließend fest.
Um die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle im Finanzsektor zu unterstützen, ohne dass diese das aufwendige Zulassungsverfahren durchlaufen müssen, hat Großbritannien einen „regulatorischen Sandkasten“ eingeführt, sodass Gründer mit einer einschlägigen Geschäftsidee (sogenannte FinTechs) die Chancen ihres meist auf digitalen Prozessen beruhenden Geschäftsmodells praktisch und begleitet durch die Aufsichtsbehörde ausprobieren können. Der Bericht durch Lange schildert die rechtlichen Bedenken der deutschen Finanzaufsicht (keine Rechtsgrundlage, „Kooperationsverbot“ von Aufsichtsbehörde und Beaufsichtigtem) und verweist auf europäische Vorüberlegungen, eine solche „Spielwiese“ gesamteuropäisch zur Verfügung zu stellen. Schäfer zeigt die regulatorische Entwicklung von Verboten auf, die vergleichbar Produktverboten gegenüber riskanten Finanz­instrumenten verhängt werden können (z. B. §§ 4 Abs. 31, 4b und 37g WpHG). So wurde es anlässlich der Finanzmarktkrise 2008 insgesamt elf Banken und Versicherungen verboten, Aktien-Leerverkäufe durchzuführen. Zivilrechtlich bedeuten Verstöße gegen solche Verbote zwar nicht die Nichtigkeit entsprechender Transaktionen, wohl aber eine mögliche Verpflichtung zum Schadensersatz insbesondere wegen fehlerhafter Anlageberatung (§§ 280, 311 BGB). Durch Schwark wird die rechtliche Organisation der nationalen Börsen kritisch hinterfragt, bei der eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit einem privatrechtlich organisierten Börsenträger (z. B. AG) verbunden ist, der die erforderlichen Betriebsmittel zur Verfügung stellt, damit die Anstalt ihren Betriebszweck zu erfüllen vermag. Auf der Basis der durch die Rechtsprechung ermittelten Empirie und ihrer Weiterentwicklung vermutet der Verfasser das zukünftige Entstehen einer einheitlichen deutschen Börsengesellschaft privaten Rechts, die ohne eine (interne) Anstaltsaufsicht auskommt. Die Anforderungen an die Aussetzung eines Rechtsstreits vor dem Prozessgericht, wenn dessen Ausgang von einem anhängig gemachten Musterverfahren abhängig sein kann (§ 8 KapMuG), beschreibt unter besonderer Berücksichtigung eines weiten richterlichen Ermessensspielraums Tilp.
Im Abschnitt zum Vertrags- und Verbraucherrecht stellen sieben Autoren ihre Beiträge vor. Die geschliffenen Ausführungen von Basedow bezweifeln den Aspekt des Verbraucherschutzes als einer generellen (allumfassenden) Auslegungsmaxime und verweisen darauf, dass eine normspezifische Auslegung unter Rückgriff auf die Erwägungsgründe der europäischen Vorgaben (Verordnungen und Richtlinien) regelmäßig ausreichen dürfte, um im Zusammenwirken und in Abgrenzung zu weiteren Auslegungsmaximen (bzw. Auslegungsschranken?) wie Vertragsfreiheit, Treu und Glauben, Verhältnismäßigkeit sowie Rechtssicherheit die Verbraucheraspekte eines zu beurteilenden Sachverhalts hinreichend zur Geltung zu bringen. Aus der Feder von Grundmann und Möslein stammt eine „Skizze“ zu Aktionsspielraum und Wirkungsbedingungen von Innovationen im Vertragsrecht, die anwendungsbezogen — z. B. aus digitalisierten Geschäftsmodellen heraus —entstehen, vom lokalen und internationalen Recht ermöglicht werden müssen und in Abhängigkeit von den handelnden Institutionen und dem jeweiligen Innovationsgrad des betroffenen „Rechtsmarktes“ in sehr unterschiedlicher Breite und Tiefe wirksam werden können. Micklitz behandelt Einwirkungen und Rückwirkungen der Digitalisierung auf Verbraucher und BGB. Zu Recht wird auf die nicht gelungenen „Fortentwicklungen“ des BGB durch die „Einbauten“ wie Verbraucherkredit, Fernabsatz, Haustürwiderruf usw. hingewiesen; ein Sondergesetz zum (spezielleren) Recht der Verbraucher hätte die Schönheit des alten Gesetzes bewahren können. Wie im Rechtsvergleich mit den USA und am Beispiel von „Dieselgate“ — leider vom Verfasser nicht behandelt — leicht zu beweisen ist, wäre allein eine starke Verbraucherschutzbehörde in der Lage, die Rechte von mehreren Millionen Betroffenen schnell und effizient durchzusetzen; der Versuch der Bundespolitik, hier mit einer Musterfeststellungsklage zu helfen, ist halbherzig. Man muss für hochindustrialisierte Gesellschaften leider einräumen, dass eine individualistische Rechtsdurchsetzung häufig zum Scheitern verurteilt ist, und es ehrt den Verfasser, wenn er die Probleme klar benennt, aber es dem Gesetzgeber überlässt, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Reifner kritisiert Verengung und Fragmentierung eines umfassend zu denkenden Verbraucherschutzes („Nutzerschutz“) aufgrund der europäischen Vorgaben und fordert einen breiteren Ansatz unter Rückgriff auf die Auslegung der zugrunde liegenden Verträge (Orientierung am Nutzungszweck) – ein interessanter Gegenpol zum Beitrag von Basedow. Die Rechtsprobleme der „Sharing Economy“ mit dem Schwerpunkt Zusammenführung von Anbietern und Nachfragern über die sog. Plattformen, mit denen Dienstleistungen wie Personenbeförderung, Beherbergung, Vermittlung von Waren und Handwerksleistungen sowie Buchung von Veranstaltungsteilnahmen vermittelt werden, behandelt Rott mit dem Schwerpunkt der Rechtsbeziehungen des Verbrauchers zum Plattformbetreiber, wobei die Defizite an Rechtssicherheit und die Lücken beim Verbraucherschutz deutlich hervortreten. Unter Analyse der Rechtsprechung zur Berechnung entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) differenziert Schleicher vor dem Hintergrund einer Abrechnung von Schäden beim Kapitalanlagebetrug die Kriterien der abstrakten von der konkreten Schadensberechnung, die nicht vermischt werden dürfen; weil jedes freie Kapital nach Anlage dränge, sei zumindest eine (durchschnittliche) Mindestverzinsung als entgangener Gewinn zu ersetzen. Tonner zeichnet vor dem Hintergrund der zwischen Rat und Parlament diskutierten europäischen Online-Warenhandelsrichtlinie die Entwicklung des Verbrauchsgüterkaufrechts nach und erläutert die Vor- und Nachteile von Vollharmonisierung versus Setzung von Mindeststandards (sowie Zwischenlösungen); insbesondere das Problem des Produkt-Lebenszyklus (Informationspflicht des Herstellers) mit entsprechenden Garantien und obligatorischer Ersatzteilversorgung sei noch zu lösen (Berücksichtigung nachhaltigen Konsums und Einschluss der digitalen Produktinhalte).
Zum Schwerpunkt Kartellrecht, Energierecht und sonstiges Regulierungsrecht (neun Beiträge) machen v. Hammerstein und Heller zu Recht auf „Verfassungswidrige Ungleichbehandlungen bei den Höchstsätzen nach der Konzessionsabgabenverordnung“ aufmerksam; diese aus längst vergangenen Zeiten stammenden Vorgaben und insbes. § 2 Abs. 2 und 3 KAV mit seinen nicht nachvollziehbaren Preissystemen und Unterscheidungsmerkmalen lassen sich nicht nach Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen und sollen auch gegen das Willkürverbot des Art. 20 Abs. 3 GG verstoßen; zu Recht mahnen die Verfasser eine Orientierung am „Veranlagungsgegenstand“ einer Nutzung öffentlicher Straßengrundstücke an. Hampel und Flemming gehen dem Problem der Bemessung des Selbstverbrauchs im EEG auf den Grund; eine Neuregelung zu den Lücken und Widersprüchen wird mit Art. 1 des Energiesammelgesetzes ab 2019 erfolgen (u. a. § 62b EEG). Die Beiträge von Bergmann und Weitbrecht beschäftigen sich mit dem neuen Recht des Kartellschadensersatzes vor und nach der 9. GWB-Novelle. Das Nebeneinander (oder Miteinander?) von Netzbetrieb und Speicherbetrieb untersucht Sauer im Hinblick auf rechtliche Konflikte und wirtschaftliche Chancen.
Im Abschnitt Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht (fünf Beiträge) hält Bachmann jedenfalls für kleinere AG, bei denen (teilweise) im Stimmrechtspool abgestimmt wird, die Bevollmächtigung von Organen der AG jedenfalls dann nicht für unwirksam, wenn die Bevollmächtigung mit einer Weisung verknüpft ist und deshalb keine Manipulationsgefahr durch Leitungsorgane besteht (vgl. § 134 Abs. 3 S. 5 AktG). Außerdem beleuchtet Battis kritisch die (vorgebliche) Wettbewerbsneutralität und Diskriminierungsfreiheit des nationalen Planungs- und Raumordnungsrechts im Lichte des Europäischen Rechts („Planung statt Wettbewerb?“) am Beispiel der Steuerung einer Ansiedlung großer Einzelhandelsbetriebe und fordert die Einstellung von Beeinträchtigungen des Neutralitätsdogmas in die Abwägungsentscheidung, um Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht zu verletzen. Ebers erläutert an Hand der EuGH-Rechtsprechung die Entwicklung der vier europäischen Grundfreiheiten zu subjektiven Marktzugangsrechten der Unionsbürger, wobei Einschränkungen auf der Basis eines Spürbarkeitstests geprüft werden könnten. Von Singer und Preetz stammen Überlegungen zur Frage, welche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse – etwa im Wege des externen Whistleblowings – in rechtmäßiger Art und Weise derzeit sowie nach Umsetzung der Richtlinie 2016/943/EU offenbart werden dürfen, wobei die Autoren für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und die Abwägung der Arbeitgeberinteressen mit den Arbeitnehmerrechten auf der Basis von Tatsachen (unter Vernachlässigung der Motivation des Arbeitnehmers) plädieren. Bei Analyse der §§ 98–100 GWB zur Auftraggebereigenschaft der öffentlichen Hand bzw. der Sektoren kommt Tugendreich zum Ergebnis, dass die Verbundklausel des § 36 Abs. 2 GWB unanwendbar ist und deshalb verbundene Unternehmen jeweils für sich genommen – separat – die Voraussetzungen des Auftraggeberbegriffs erfüllen müssen.
Im Abschnitt Varia hat Benöhr acht Kurzbiographien weniger bekannter Juristen jüdischen Glaubens/Herkunft zusammengestellt, die deren besondere Leistungen für Staat und Gesellschaft im 19. Jahrhundert aufzeigen. Blankenagel arbeitet die prozessualen Voraussetzungen einer (atypischen) Feststellungsklage gegen sich selbst exekutierende Bundes-Rechtsverordnungen heraus, um das Subsidiaritätserfordernis im Hinblick auf die Überprüfung von Rechtsverordnungen durch Verfassungsbeschwerde zu wahren (Parallele zu § 47 VwGO, Länder-Rechtsverordnungen). Im Lichte der Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) kritisiert Brandt die Rechtsprechung des BVerwG zur naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative im Hinblick auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (Tötungsverbot besonders geschützter Tierarten): Es könne keine „Letztentscheidungsbefugnis“ der Naturschutzbehörde bei der Genehmigung von Windenergieanlagen bestehen. Breidenbach berichtet von den fortschreitenden Chancen im Hinblick auf die „Industrialisierung von Rechtsdienstleistungen“: Der Weg vom Dokument zum Baustein (z. B. Vertragsklausel) ermögliche eine „digitale Fertigungsstraße“ in Anwaltskanzleien. An Hand eines konkreten Beispiels schildert Heger strafrechtliche Konsequenzen „schwankender Zahlen“ (Prostitutions-Sperrbezirke für Gemeinden bis 50 000 Einwohner) auf das Mietrecht. Der Beitrag von Huber behandelt das Hinterbliebenengeld (§ 844 Abs. 3 BGB) rechtsvergleichend (Österreich und Schweiz). Am Beispiel des Umweltrechts zeigt Kloepfer Möglichkeiten auf, ein Zerfallen von Rechtsgebieten in strikt inter­essengebundene Meinungskohorten zu vermeiden, etwa durch ­binnenplurale oder außenplurale Organisation der Rechtsakteure. Von Schuler stammen Vorschläge, das unternehmerische Risikomanagement (§ 91 AktG) im Sinne weiterer vorbeugender Maßnahmen zu verbessern (Unternehmenskultur, selbstlernende Strukturen, zweite Meinung). Der Variateil der Festschrift schließt mit Ansätzen einer Wirksamkeitsanalyse des neu gefassten Auskunftsanspruchs im Urhebergesetz (§§ 32d und 32e) durch Wandtke mit dem Schwerpunkt Nachvergütungsansprüche des Urhebers.
Die Festschrift spannt zu Recht den weiten Rahmen der wissenschaftlichen Ideen und Forschungsgebiete des Jubilars auf und spiegelt damit dessen Verdienste um Lehre und Forschung getreulich und eindrucksvoll wieder. Die Vielfalt der Themen wird viele Leserinnen und Leser in bester Weise zum Nachdenken anregen, auch wenn deren Tätigkeitsfeld nicht unmittelbar angesprochen wird, zumal viele der behandelten Themenfelder zeitlos aktuell sind.

Der Rezensent, Prof. Dr. Dr. Peter Salje, war bis zu seiner Pensionierung Inhaber des Lehrstuhls für Zivilrecht und Recht der Wirtschaft an der Leibnitz-Universität Hannover.

Innovatives Denken zwischen Recht und Markt
Festschrift für Hans Schwintowski
Von Christoph Brömmelmeyer, Martin Ebers und Mirko Sauer (Hrsg.)
(Nomos-Verlag Baden-Baden 2017, 1006 S., geb., ISBN 978-3-8487-4482-4, 179 Euro)

(Die Rezension ist abgedr. in VersR 2019, 274)