Schaffrin, Die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Allgemeinen Versicherungsbedingungen: Ein Vergleich

AVB haben im Vergleich zu AGB anderer Wirtschaftszweige eine herausragende Bedeutung. Dies beruht zum einen darauf, dass das VVG keine lückenlosen Vertragsmuster bereithält, sondern nur einen ausfüllungsbedürftigen Regelungsrahmen bietet und somit die Verwendung von AVB voraussetzt. Zum anderen haben AVB produktkonstituierende Wirkung. In Anbetracht dessen bestehen zwischen der AGB- und AVB-Kontrolle Unterschiede.
Der Autor arbeitet diese Unterschiede heraus. Die Untersuchung orientiert sich in ihrem Aufbau am Ablauf einer AGB-Kontrolle und bezieht sich auf die Einbeziehung von AGB in den Vertrag, die Einbeziehung von neugefassten AGB in den bestehenden Vertrag, überraschende Klauseln, die Auslegung von AGB, die Eröffnung der Inhaltskontrolle, die Inhaltskontrolle, das Transparenzgebot sowie die Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit von AGB.
Dieses Buch richtet sich insbesondere an diejenigen, die mit der Erstellung oder Kontrolle von AGB bzw. AVB befasst sind.

Die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Allgemeinen Versicherungsbedingungen: Ein Vergleich
Von Daniel Schaffrin
(Verlag Versicherungswirtschaft, Karlsruhe 2016, 298 S., kart., DIN A5, ISBN 978-3-89952-920-3, 46,99 Euro; Bd. 123 der Kölner Reihe – Beiträge zum Privat- und Wirtschaftsrecht)

BAG: Hinterbliebenenversorgung – Angemessenheitskontrolle

Eine in AGB enthaltene Klausel, mit der nur der „jetzigen“ Ehefrau des Arbeitnehmers eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt ist, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Diese Einschränkung der Zusage ist daher nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Bei Versorgungszusagen, die vor dem 1.1.2002 erteilt wurden, führt dies dazu, dass lediglich dann, wenn die Ehe bereits während des Arbeitsverhältnisses bestand, Rechte geltend gemacht werden können.

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AG Hannover: Betreiber einer Parkgarage muss für Schaden an einem dort abgestellten Pkw haften

Das AG Hannover hat den Betreiber einer Parkgarage zur Zahlung von 997,80 Euro Schadensersatz zuzüglich Mehrwertsteuer und Nutzungsausfall für zwei Tage für die Beschädigung eines Pkw verurteilt.

Der Kl. hatte während seines Urlaubs in der Zeit vom 12. 8. bis zum 23. 8. 2015 einen Parkplatz in einer von der Bekl. betriebenen Parkhalle gebucht. Die Parkgebühr hatte 53 Euro betragen. Er stellte den Wagen ordnungsgemäß am 12. 8. dort ab. Als er am 23. 8. 2015 zu seinem Fahrzeug zurückgekehrte, stellte er fest, dass sich von der Wand offenbar großflächig Putz gelöst hatte und auf das Fahrzeug gefallen war. Es kam zu erheblichen Beschädigungen durch den herabgefallenen Putz im Bereich der Motorhaube und des Kotflügels. Nach einem Kostenvoranschlag sollten Lackiererarbeiten in Höhe von 715 Euro erforderlich geworden sein. Zusätzlich wurde eine Nebenkostenpauschale von 25 Euro geltend gemacht.

Der Bekl. bestritt die Verantwortlichkeit für den Schaden. Der Putz hatte sich von der Wand eines Nachbargebäudes gelöst. Nach den AGB des Parkhauses sei eine Haftung für Fremdschäden ausgeschlossen. Ferner bestritt der Bekl. die Höhe des entstandenen Schadens.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Schadensentstehung und der Schadenshöhe. Der Sachverständige stellte fest, dass die entstandenen Lackschäden eine Reparatur in Höhe von 972,80 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer erfordert. Außerdem ist ein Nutzungsausfall für die Dauer der Reparatur von zwei Tagen zu erwarten.

Aufgrund des Gutachtens erweiterte der Kl. den Antrag zur Schadenshöhe entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen.

Das Gericht gab heute der Klage in vollem Umfang statt. Es stellte fest, dass der Betreiber eines kostenpflichtigen Parkplatzes verschuldensunabhängig für Schäden an dort abgestellten Fahrzeugen haftet.

AG Hannover, Urteil vom 25. 10. 2016 (565 C 11773/15)

Pressemitteilung des AG Hannover vom 25. 10. 2016

 

AG München: Vereinsmitglied im Recht

Eine Haftungsbeschränkung in allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist unwirksam, wenn die Klausel unverständlich ist.

Der Kläger aus München ist Mitglied in einem Verein zur Wahrnehmung und Förderung der Interessen des Kraftfahrzeugwesens und des Motorsports. Der Mitgliedsvertrag beinhaltet die Verpflichtung zur Pannen- und Unfallhilfe, um die Fahrbereitschaft des Fahrzeugs herzustellen. In den allgemeinen Vertragsbedingungen des Vereins findet sich folgende Klausel: „5. Für Leistungsstörungen bei Pannen- und Unfallhilfe haften wir, wenn wir oder unsere Vertragspartner vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben, soweit es nicht die wesentlichen Hauptpflichten des Vertrages oder Körperschäden betrifft.“ Am 24.2.2015 ließ der Kläger seinen PKW Volvo um 5 Uhr morgens von einem Pannenhelfer, der für den Verein tätig ist, öffnen, da sein PKW-Schlüssel im abgesperrten PKW lag.

Nach der Fahrzeugöffnung wies die Windschutzscheibe einen Schaden auf. Der Kläger ließ die Windschutzscheibe durch ein Autoglasunternehmen zum Preis von 874,84 € brutto ersetzen und verlangt den Schaden vom Verein ersetzt. Der Kläger behauptet, der Pannenhelfer habe beim Öffnen der Fahrzeugtüre die Windschutzscheibe beschädigt. Der Pannenhelfer habe versucht, den Fahrzeugschlüssel mit einer langen Metallstange herauszubekommen. Hierbei habe er die Metallstange unter Spannung gesetzt. Die Metallstange sei dann ausgerutscht und von Innen gegen die Frontscheibe geprallt, die hierdurch einen Schaden in Form eines Loches erlitten habe.

Der Verein weigert sich zu zahlen. Es greife die vertragliche Haftungsbeschränkung, weil das Verhalten des Pannenhelfers nicht grob fahrlässig gewesen sei. Fahrzeuge der Marke Volvo ließen sich nur sehr schwer öffnen. Selbst das Einschlagen der Seitenscheibe wäre nicht grob fahrlässig, sondern werde – wenn der Kunde hiermit einverstanden sei – tagtäglich in Deutschland durchgeführt. Es müsse ferner der Charakter der Pannenhilfe gewürdigt werden, bei der dem Vereinsmitglied in möglichst kurzer Zeit und mit wenig Aufwand geholfen werden solle.

Daraufhin erhob der Kläger Klage zum Amtsgericht München. Der zuständige Richter gab dem Kläger teilweise Recht und verurteilte den Verein zur Zahlung von 577,40 Euro.

Das Gericht geht davon aus, dass der Schaden durch die Metallstange verursacht wurde. Der Pannenhelfer habe fahrlässig den Schaden verursacht. Die Klausel Nummer 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Haftung des Vereins auf grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten beschränkt, ist nach Auffassung des Gerichts unwirksam.

„Die Klausel Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (…) verstößt gegen das Verständlichkeitsgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn es ist vorliegend für einen typischen Verbraucher (noch nicht einmal für einen Juristen) hinreichend verständlich, was die Haftungsbeschränkung umfasst, weil der Begriff „wesentliche Hauptpflichten“ zu vage ist und weder durch eine abstrakte Erklärung noch durch Regelbeispiele näher erläutert wird.“

Das Gericht hat jedoch den Schadensersatzanspruch um ein Drittel wegen eines Mitverschuldens des Klägers gekürzt. Denn der Pannenhelfer „hatte den Kläger vor Beginn der Arbeiten auf die besondere Schwierigkeit bzw. Unmöglichkeit der Öffnung von Fahrzeugen dieses Typs hingewiesen. Die klägerische Zustimmung zu dieser gefahrgeneigten Fahrzeugöffnung begründet ein Mitverschulden“, so die Urteilsgründe.

Urteil des Amtsgerichts München vom 15.4.16
Aktenzeichen 274 C 24303/15
Das Urteil ist rechtskräftig.

(Pressemitteilung vom 3. 6. 2016 Nr. 43/16)