VersR BLOG: Bäumchen, Bäumchen wechsel dich

Die richtige Seitenwahl ist entscheidend

Das OLG Nürnberg hatte sich mit einer heiklen Frage zu befassen. Ein Streit zwischen einem Rennrad- und einem Autofahrer war eskaliert. Der Rennradfahrer behauptete, der Autofahrer habe ihn vorsätzlich zu Fall gebracht, aus Ärger darüber, dass er ihn bei der Einfahrt in einen Kreisverkehr überholt habe. Der Haftpflichtversicherer teilte die Einschätzung des Radfahrers und versagte seinem VN die Deckung wegen Vorsatz. Sodann trat er dem Rechtsstreit auf Seiten des Radfahrers bei. Das OLG Nürnberg hat ein rechtliches Interesse des Versicherers, auf Seiten des den Vorsatz behauptenden Geschädigten dem Prozess beizutreten, bejaht (VersR 2022, 815). Begründung: Der Versicherer habe ein Interesse, prozessual darauf hinzuwirken, dass seine Deckungsablehnung Bestand habe. Versicherungsvertragliche Treue- und Rücksichtnahmepflichten seien in solchen Fällen suspendiert. Weiterlesen…

OLG Braunschweig: Kündigung eines Versicherungsvertrags ist ohne Bestätigung wirksam

Dass ein Versicherungsvertrag beendet ist, auch wenn die Versicherungsgesellschaft die Kündigung des Versicherungsnehmers (VN) nicht bestätigt, hat der 11. Zivilsenat des OLG Braunschweig in einem Hinweisbeschluss vom 2.9.2019 deutlich gemacht (Az. 11 U 103/18).

Die VN hatte bei der beklagten Gesellschaft eine Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Weil ihr Fahrzeug im März 2016 bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden war, wollte sie von der Versicherung Ersatz – obwohl sie selbst den Versicherungsvertrag anderthalb Jahre zuvor gekündigt hatte. Der 11. Zivilsenat wies darauf hin, dass die Versicherungsgesellschaft die Zahlung zu Recht abgelehnt hatte. Der Versicherungsvertrag sei aufgrund der Kündigung der Klägerin wirksam beendet worden. Die Versicherungsgesellschaft habe weder gegenüber der VN bestätigen müssen, dass sie die Kündigung erhalten habe, noch dass sie diese als wirksam anerkenne. Wenn die VN Zweifel hieran gehabt hätte, hätte sie selbst bei der Versicherung nachfragen müssen.

Die Klägerin, so der 11. Zivilsenat weiter, habe auch nicht durch ihr späteres Verhalten gegenüber der Beklagten zu erkennen gegeben, dass sie den Versicherungsvertrag doch habe fortsetzen wollen. Insbesondere habe sie auch keine weiteren Beiträge mehr gezahlt. Die Versicherung sei auch nicht verpflichtet gewesen, die VN auf ihren fehlenden Versicherungsschutz hinzuweisen.

Für eine solche Aufklärungspflicht müsse die Gefahr bestehen, dass der VN mit der Materie nicht vertraut sei und deshalb den Versicherungsschutz verliere oder andere Nachteile erleide. Hiervon sei vorliegend aber nicht auszugehen. Immerhin habe die VN den Vertrag selbst gekündigt.

Die VN hat ihre Berufung gegen das landgerichtliche Urteil nach dem Hinweisbeschluss des 11. Zivilsenats zurückgenommen. Das Urteil des LG ist damit rechtskräftig.

OLG Braunschweig, Beschluss vom 2.9.2019 (11 U 103/18).

Pressemitteilung des OLG Braunschweig vom 24.10.2019

AG München: Unfallverursacher trägt Werkstattrisiko

Das Risiko überhöhter Instandsetzungsrechnungen bleibt beim Schadensersatzpflichtigen. Das AG München verurteilte den Kfz-Versicherer des alleinschuldigen Unfallverursachers zur Zahlung weiterer 428,46 Euro zuzüglich vorgerichtlicher Auslagen und Zinsen Zug um Zug gegen die Abtretung möglicher Ansprüche des Kl. gegenüber der Werkstatt aufgrund unrichtiger Rechnungsstellung. Weiterlesen…

EuGH zu Schäden, die durch Fahrzeuge verursacht werden, die auch als Arbeitsmaschinen verwendet werden können

Schäden, die durch Fahrzeuge verursacht werden, die auch als Arbeitsmaschinen verwendet werden können, müssen nur dann von einer Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt sein, wenn diese Fahrzeuge in erster Linie als Transportmittel verwendet werden. Weiterlesen…

OGH: Kein Anspruch des Haftpflichtversicherers eines (Mit-)Schädigers nach dem Grüne-Karte-System gegen den Versicherungsverband

Auslandsrecht (Österreich)
Kfz-Haftpflichtversicherung
Kein Anspruch des Haftpflichtversicherers eines (Mit-)Schädigers nach dem Grüne-Karte-System gegen den Versicherungsverband
KHVG § 26
* Ein ausgleichsberechtigter Mitschädiger ist kein „geschädigter Dritter“ i. S. d. § 26 KHVG. Ihm steht kein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Ausgleichspflichtigen zu. *
OGH, Urteil vom 21. 10. 2015 (2 Ob 35/15 h)

(abgedr. in VersR 2016, 881)