Digitalisierung Fehlanzeige!

Zur Online-Recherche nach Schmerzensgeld-Präjudizen

VersR-Bloggerin Ina Ebert hat in ihrem Beitrag vom 15.12.2020 das Schmerzensgeld als schillernde Allzweckwaffe, als Spiegel des Zeitgeists bezeichnet, eine Aussage, die man sofort unterschreiben möchte, wäre da nicht die bedrückende Erkenntnis, dass Anwälte und Richter bei der Geltendmachung und Zuerkennung von Schmerzensgeld in der Anfangszeit des BGB, jedenfalls im analogen Zeitalter stecken geblieben sind.

Digitalisierung ist das Stichwort des 21. Jahrhunderts und alle Lebensbereiche sind gezwungen, sie zu nutzen. Kaum ein Rechtsgebiet eignet sich besser, aus der Digitalisierung Nutzen zu ziehen, als das Schmerzensgeld. Der BGH hat immer wieder gefordert, dass die Bemessung des Schmerzensgelds unter Berücksichtigung vergleichbarer Entscheidungen erfolgen muss. Dazu benötigt man Suchmaschinen. Was hindert also die Rechtsanwender daran, sich an den Computer zu setzen und in Dateien nach vergleichbaren Entscheidungen zu suchen? Ein Phänomen, niemand steht der Digitalisierung ferner als Anwälte und Richter. Sie suchen nicht, weder digital noch analog. Weiterlesen…

Lothar Jaeger: Einfluss der Niedrigzinsphase auf die Bemessung des Schmerzensgeldes

Seit rd. einem Jahrzehnt ist das Zinsniveau insbesondere für Guthabenzinsen rasant gefallen. Während der Zinssatz in den Jahren 1997 bis 2008 für 30-jährige Bundesanleihen noch 4,75 bis 6,5% betrug, sank die Rendite in der Zeit von 2010 bis 2012 für die 30-jährige Bundesanleihe auf 2,5 bis 3,25%, im Jahr 2014 auf 2,5%, Anfang des Jahres 2018 auf 1,25% und seit Ende 2018 werden 0,99% gezahlt. Die Kurse für Pfandbriefe und Sparbriefe sanken in der Zeit von 2008 bis 2018 von rd. 4 auf 1%, die Silvesteranleihe 2018 der Stadtsparkasse Köln-Bonn mit einer Laufzeit von sechs Jahren erbringt 0,75%, der Leitzins der EZB sank von 2008 bis 2013 von 2,5 auf 0%. Eine österreichische Staatsanleihe mit 100-jähriger Laufzeit bietet eine Verzinsung von 2,11% an; sie war innerhalb weniger Stunden dreifach überzeichnet. Bedenkt man, dass der „Normalbürger“ in Kapitalanlagen unerfahren ist und bei der Anlage größerer Beträge der Hilfe eines Anlageberaters bedarf, wird deutlich, dass sich derzeit auch für ganz erhebliche Kapitalbeträge nach Abzug von Steuern, Kosten und Gebühren nahezu keine Rendite erzielen lässt. Wenn man den Finanzberatern glauben darf, wird dies noch viele Jahre so bleiben, was sich leicht an der derzeitigen Rendite für die 30-jährigen Bundesanleihen ablesen lässt. Vielfach werden sogar Negativzinsen diskutiert.
Es stellt sich also die Frage, ob und welchen Einfluss dieser Umstand auf die Bemessung des Schmerzensgeldes haben könnte.

(Der vollständige Beitrag ist abgedr. in VersR 2019, 577)

Rezension: Handbuch der Beweislast – Kommentar in drei Bänden

Bd. 1 dieser Reihe, der Grundlagenband, erschien zuletzt im Jahr 2016 in der 3. Aufl. Seither hat sich in Wissenschaft und Rechtsprechung einiges getan, was Anlass gab, den Grundlagenband mit 617 S. und zwei weitere Bände zu Fragen der Beweislast insbesondere im BGB, in einer weiteren Auflage herauszubringen. Weiterlesen…

Lothar Jaeger, Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern kennt das deutsche Recht für Hinterbliebene keinen gesetzlich geregelten Anspruch für eine immaterielle Entschädigung beim Tod oder bei schwerer Verletzung eines nahen Angehörigen. Der historische Gesetzgeber hat dem Anspruch auf Geldersatz bei immateriellen Schäden enge Grenzen gezogen. Er hat es als anstößig betrachtet, einen solchen Schaden in Geld aufwiegen zu lassen.
Dabei ist die Schutzbedürftigkeit immaterieller Güter heute allgemein anerkannt. Infolgedessen hat die entgegenstehende Auffassung von Anfang an Kritik erfahren, zumal ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bei entgangener Nutzung des eigenen Pkw in voller Höhe gewährt und inzwischen als Grenzfall zum immateriellen Schadensersatz bezeichnet wird. Die deutsche Rechtsprechung trifft europaweit beim Ersatz von Kfz-Schäden die großzügigste Regelung, bei Schockschäden die restriktivste. Beim privaten Schadensersatz ist das deutsche Recht im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen eher geizig. Weiterlesen…

Lothar Jaeger: Die Schmerzensgeldklage im Adhäsionsverfahren – ist schnelles Recht auch gutes Recht?

Das Adhäsionsverfahren gibt dem Opfer einer Straftat die Möglichkeit, seine zivilrechtlichen vermögensrechtlichen Ansprüche gegen den Täter schon im Strafverfahren geltend zu machen (§ 403 ff. StPO). Der Adhäsionsprozess beruht auf dem Gedanken des Sachzusammenhangs. Der Sinn der Verbindung von Straf- und Zivilklage liegt darin, dem durch eine Straftat Verletzten möglichst schnell und einfach zu seinem Recht zu verhelfen. Zudem sollen aus Gründen der Prozessökonomie nicht verschiedene Gerichte in derselben Sache tätig werden und zu einander widersprechenden Ergebnissen gelangen. Weiterlesen…