VersR REPORT: Ausgewählte neue Rechtsprechung zum AGB-Recht

von Prof. Dr. Robert Koch, Hamburg

Im Folgenden werden ausgewählte Urteile aus dem Jahr 2022 und der ersten Hälfte des Jahres 2023, vor allem des BGH, zum AGB-Recht vorgestellt.

I. Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB)

Eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen hatte den Fokus auf die für AVB geltenden Auslegungsgrundsätze.

1. Betriebsschließungsversicherung

In seinem zweiten Urteil zur Betriebsschließungsversicherung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie stellt der BGH fest, dass die Bezugnahme auf Rechtsnormen (§§ 6, 7 IFSG) ohne Angabe einer konkreten Gesetzesfassung oder eines Zeitpunkts von dem VN so verstanden werden kann, dass sowohl der Rechtszustand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses als auch im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles (dynamische Verweisung) maßgeblich ist. Damit komme der Grundsatz der anwenderfeindlichsten Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB) zum Tragen mit der Folge, dass dem VN für den Zeitraum der zweiten Betriebsschließung ein Anspruch auf Entschädigung zugestanden habe, da zu diesem Zeitpunkt COVID 19, SARS-CoV bzw. SARS-CoV 2 als Krankheit bzw. als Krankheitserreger in den §§ 6, 7 IfSG namentlich genannt worden seien (BGH v. 18.1.2023 – IV ZR 465/21, VersR 2023, 380 Rz. 29).

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Prof. Dr. Robert Koch, Verteilung des Haftpflichtversicherungs-/Regressrisikos bei Kfz-Unfällen während der Fahrzeugführung im Autopilot-Modus gem. § 1 a Abs. 2 StVG

Durch das am 21.6.2017 in Kraft getretene 8. Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes will der Gesetzgeber die Grundlagen für das automatisierte Fahren schaffen. Zu diesem Zweck ist das StVG durch Vorschriften ergänzt worden, die den Betrieb eines Kfz im Autopilot-Modus mittels hoch-/vollautomatisierter Fahrfunktionen und u.a. die Rechte und Pflichten des Fahrzeugführers bei Nutzung solcher Funktionen betreffen.

Kfz mit hoch-/vollautomatisierter Fahrfunktionen müssen gem. § 1 a Abs. 2 S. 1 StVG über eine technische Ausrüstung verfügen, die zur Bewältigung der Fahraufgabe (einschließlich Längs- und Querführung) nach Aktivierung durch den Fahrzeugführer die Fahraufgabe übernehmen kann, jederzeit durch den Fahrzeugführer manuell übersteuerbar oder deaktivierbar ist und dem Fahrzeugführer mit ausreichender Zeitreserve anzeigt, dass er die Fahrzeugsteuerung wieder eigenhändig übernehmen muss. § 1 a Abs. 4 StVG stellt klar, dass Fahrzeugführer auch derjenige ist, der den Autopilot aktiviert und zur Fahrzeugsteuerung verwendet, selbst wenn er im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung dieser Funktion das Fahrzeug nicht eigenhändig steuert. Weiterlesen…