OLG Karlsruhe: Keine Mutwilligkeit einer Klage auf Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrags wegen angeblich manipulierter Abgaswerte

Versicherungsvertragsrecht
Rechtsschutzversicherung

Keine Mutwilligkeit einer Klage auf Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrags wegen angeblich manipulierter Abgaswerte
VVG § 1
1. Begehrt der VN Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Fahrzeug wegen angeblich manipulierter Abgaswerte, ist die Rechtsverfolgung nicht mutwillig, wenn erwarteten Prozesskosten in Höhe von 7100 Euro ein Wert der Rückabwicklung in Höhe von 25 300 Euro gegenübersteht. Auf günstigere Kosten einer Nachbesserung kann bei einer begehrten Rückabwicklung nicht abgestellt werden.
2. Ein Stichentscheid ist solange bindend, wie eine vertretbare Rechtsauffassung zu einer höchstrichterlich noch nicht vollständig geklärten Frage zugrunde gelegt wird. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife abzustellen.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. 12. 2016 (12 U 106/16)
Anmerkung der Redaktion: Vgl. zur Frage der Mutwilligkeit einer Rechtsverfolgung im Rahmen des „Abgasskandals“ LG Detmold VersR 2016, 1493.

(vollständig abgedr. in VersR 2017, 223)

 

LG Bamberg: Trotz Widerspruchs gem. § 5 a VVG a. F. keine Rückabwicklung eines bereits gekündigten und vollständig erfüllten Vertrags

Versicherungsvertragsrecht
Lebensversicherung
Trotz Widerspruchs gem. § 5 a VVG a. F. keine Rückabwicklung eines bereits gekündigten und vollständig erfüllten Vertrags
VVG a. F. § 5 a
Ein bereits gekündigter und beiderseitig vollständig erfüllter Vertrag kann von Rechts wegen durch einen Widerspruch bzw. Widerruf gem. §§ 5 a, 8 Abs. 4 VVG a. F. nicht mehr nachträglich bzw. nochmals mit Ex-tunc-Wirkung beendet werden (entgegen BGH VersR 2013, 1513 Tz. 24; VersR 2014, 817 Tz. 36). Weiterlesen…

LG Braunschweig weist Klage eines Pkw-Käufers gegen die Volkswagen AG ab

Mit Urteil vom 27. 9. 2016 hat die 7. Zivilkammer des LG Braunschweig die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags betreffend eines VW Touran abgewiesen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Journalist und hatte unmittelbar bei der Beklagten einen Pkw des Typs VW Touran TDI 2.0 (Diesel) mit einem Motor des Typs EA 189 im Jahr 2013 käuflich erworben. Der Motor verfügt über eine Software zur Beeinflussung des Abgasverhaltens hinsichtlich der Stickoxidwerte (NOx) auf dem Prüfstand.

Der Kläger stützt seine Klage darauf, dass er durch die Beklagte über die Abgaswerte des Pkw arglistig getäuscht worden sei und begehrt daher Rückabwicklung des Kaufvertrags. Ihm sei es darauf angekommen, ein umweltfreundliches Auto zu erwerben. Schließlich habe die Beklagte die Emissionswerte öffentlich beworben und die Umweltfreundlichkeit des Motors in der Werbung herausgestellt. Die Beklagte habe Kenntnis von dem Einbau der Software gehabt. Der Sachverhalt sei aufgrund der Medienberichterstattung bekannt und die Beklagte könne sich nicht darauf berufen nur untergeordnete Mitarbeiter hätten die Manipulation ohne Wissen der Geschäftsleitung begangen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger sei über die Fahrzeugeigenschaften nicht getäuscht worden. Das Fahrzeug verfüge nach wie vor über die EG-Typgenehmigung und zur Entfernung der Beeinflussung des Abgasverhaltens durch die Software sei lediglich ein Software-Update mit einem geringen Zeit- und Kostenaufwand (ca. 100 Euro) notwendig.

Aus den Gründen:

Das Gericht hat die Klage abgewiesen, weil eine arglistige Täuschung des Klägers gem. § 123 Abs.1 BGB nicht vorliege und daher kein bereicherungsrechtlicher Anspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB gegeben sei.

Der Kläger habe nicht dargelegt, dass er zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags über Eigenschaften des Pkw Touran von der Beklagten getäuscht worden sei.

Der Kläger sei nicht über das Vorhandensein der EG-Typgenehmigung Euro 5 getäuscht worden. Nach wie vor verfüge der Pkw Touran über die gültige EG-Typgenehmigung. Diese sei vom Kraftfahrtbundesamt erteilt und auch zwischenzeitlich nicht widerrufen worden. Soweit der Kläger behauptet, die Abgaswerte seien zu hoch und verstießen gegen geltende Bestimmungen, sei dieser Vortrag nicht durch entsprechende konkrete Tatsachen belegt und daher unsubstanziiert. Es seien keine genauen Angaben zu den behaupteten Abweichungen des Stickoxidwerts gemacht worden. Schließlich habe der Kläger keine konkreten Einzelheiten dazu vorgetragen, dass der Stickoxidwert ohne Verwendung der Software den zulässigen Grenzwert der Euro-5-Norm überschreite.

Soweit der Kläger behauptet habe, die Stickoxide des Fahrzeugs seien für ihn zumindest mitentscheidend für die Kaufentscheidung gewesen, sei dieser Vortrag ebenfalls nicht hinreichend belegt. Denn es sei nicht vorgetragen, mit welchen anderen Fahrzeugen und deren Stickoxidwerten der Kläger den Pkw Touran vor Treffen der Kaufentscheidung verglichen habe.

Die Ausführungen des Klägers zum kombinierten Kraftstoffverbrauch (nicht unterhalb von 7,0 l/km) seien ebenfalls nicht geeignet, um von einer Beschaffenheitsabweichung des Fahrzeugs auszugehen. Es sei nicht dargelegt, wie und unter welchen Bedingungen der Wert von dem Kläger ermittelt worden sei. Daher handele es sich bei der Angabe nicht um einen geeigneten Vergleichsmaßstab. Darüber hinaus fehle Vortrag des Klägers dazu, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses Kenntnis von etwaigen Abweichungen des tatsächlichen Kraftstoffverbrauchs von dem auf dem Prüfstand ermittelten Kraftstoffverbrauch gehabt habe.

Gegen das Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung zulässig.

LG Braunschweig vom 27. 9. 2016 (7 O 585/16)

Pressemitteilung des LG Braunschweig vom 27. 9. 2016