Michael Jakobs und Alexander Franz: Können W&I-Versicherungen das M&A-Geschäft beleben?

Im Rahmen von Unternehmensfusionen und -übernahmen (Mergers-and-Acquisitions-[M&A-]Transaktionen) wird das gesetzliche Gewährleistungssystem häufig abbedungen und werden Umfang und Ausgestaltung von Garantien (sogenannte Warranties) und Freistellungen (sogenannte Indemnities) der Disposition der Vertragsparteien unterstellt. Dieses individuelle Gewährleistungsregime ist regelmäßig emotional umkämpfter Kern der Vertragsverhandlungen. Während der Haftungsschuldner (zumeist der Verkäufer) stets bestrebt sein wird, Gewährleistungen in einem möglichst geringen Umfang für einen möglichst kurzen Zeitraum zu gewähren, hat ein Investor vor allem aufgrund der bestehenden Informationsasymmetrie gegenläufige Interessen. Häufig kommt erschwerend hinzu, dass einerseits selbst umfangreiche Garantien und Freistellungen dem Sicherungsinteresse eines Investors nicht gerecht werden und andererseits das mit einer potenziellen Gewährleistungshaftung verbundene finanzielle Risiko für den Haftungsschuldner untragbar ist. In diesem Spannungsfeld kann es durchaus zu einem Stillstand der Verhandlungen und schlimmstenfalls zu einem Scheitern der Transaktion kommen.

Eine denkbare Lösung in derart verfahrenen Situationen kann die sogenannte Warranties-and-Indemnities-(W&I-)Versicherung sein. Diese Versicherung stammt aus dem anglo-amerikanischen Markt, hat sich dort bereits seit nahezu zwei Jahrzehnten in der Transaktionslandschaft etabliert und wird inzwischen auch vermehrt in Kontinentaleuropa, u. a. auch in Deutschland, angeboten. Über die W&I-Versicherung werden primär Risiken im Zusammenhang mit den vertraglichen Garantie- bzw. Freistellungserklärungen von den Parteien auf den jeweiligen Versicherer verlagert. Es ist zwischen veräußererseitigen und erwerberseitigen Versicherungspolicen zu unterscheiden – je nachdem, in wessen (primären) Interesse eine solche Versicherung abgeschlossen wird.

Wie sich die bestehenden W&I-Versicherungsmodelle in die im Rahmen einer M&A-Transaktion vorzunehmende Risikoverteilung einfügen und ob das Angebot an bestehenden Policen geeignet ist, schwierige Verhandlungssituationen zu überwinden und dadurch das M&A-Geschäft zu beleben, ist Gegenstand des Beitrags von Jakobs und Franz.

(abgedr. in VersR 2014, 659)