BGH entscheidet über die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage in Widerrufsfällen

Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH hat heute darüber entschieden, unter welchen Umständen der Verbraucher in Widerrufsfällen eine negative Feststellungsklage erheben kann.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs dreier Verbraucherdarlehensverträge. Sie schlossen (nicht als Fernabsatzverträge) im Jahr 2008 drei Darlehensverträge. Dabei belehrte die bekl. Bank den Kl. mittels gleichlautender Widerrufsbelehrungen, die unter anderem folgenden Passus enthielten:

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen

– ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung,

– die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags

zur Verfügung gestellt wurden, aber nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses.

Der Kl. erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen. Mit Schreiben vom 11.9.2014 widerrief er seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

Das LG hat der negativen Feststellungsklage entsprochen. Die dagegen gerichtete Berufung der Bekl. hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung der Berufung richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Bekl.

Aus den Gründen:

Der XI. Zivilsenat des BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zugleich hat er den Tenor des Berufungsurteils dahin klargestellt, es werde festgestellt, dass der Bekl. aus den näher bezeichneten Darlehensverträgen ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 11.9.2014 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zustehe. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen leitend:

Der Feststellungsantrag ist im konkreten Fall dahin auszulegen, der Kl. leugne vertragliche Erfüllungsansprüche der Bekl. nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ab dem Zugang des Widerrufs. Die Bekl., die meint, der Widerruf des Kl. sei ins Leere gegangen, berühmt sich damit, dass ihr die vertraglichen Erfüllungsansprüche nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zustehen.

Insofern ist die negative Feststellungsklage des Kl. zulässig. Der Kl. muss sich nicht vorrangig darauf verweisen lassen, die Bekl. auf Rückgewähr der von ihm erbrachten Leistungen zu verklagen. Der Vorrang der Leistungsklage gilt nach Maßgabe der Senatsrechtsprechung (vgl. Pressemitteilung vom 21.2.2017 Nr. 20/2017), wenn der Kl. die positive Feststellung begehrt, der Verbraucherdarlehensvertrag habe sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Dieses Interesse deckt sich wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Leistungen. Das hier zur Entscheidung gestellte Begehren festzustellen, dass die Bekl. gegen den Kl. aufgrund des Widerrufs keine Ansprüche (mehr) aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB hat, lässt sich dagegen mit einer Klage auf Leistung aus dem Rückgewährschuldverhältnis nicht abbilden.

Die Widerrufsbelehrung ist unwirksam. Sie macht nicht deutlich, dass für das Anlaufen der Widerrufsfrist der Vertragsantrag des Verbrauchers zur Verfügung gestellt werden muss. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Kl. habe das Widerrufsrecht nicht treuwidrig ausgeübt, hielten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

BGH, Urteil vom 16. 5. 2017 (XI ZR 586/15)

(Pressemitteilung des BGH Nr. 75/2017 vom 16.5.2017)