Rezension: Die zivilrechtliche Haftung für Schiedsrichterentscheidungen im deutschen Profifußball und die Pflicht zur Einführung technischer Hilfsmittel

Die von Redell im Jahr 2015 vorgelegte und von Heinz-Peter Mansel betreute Dissertation widmet sich der theoretisch wie praktisch bedeutsamen Frage, inwieweit Schiedsrichter oder Verbände für fehlerhafte Entscheidungen von Schiedsrichtern haftbar sind. Dabei unterscheidet der Autor zwischen der vorsätzlichen Spielmanipulation, der unrichtigen Tatsachen- und der falschen Regelentscheidung. Redell gelangt zu dem Ergebnis, dass der Schiedsrichter zwar stets eine objektive Pflichtverletzung begeht, aufgrund des vom Autor als wirksam angenommenen Haftungsausschlusses in Regel 5 der FIFA-Spielregeln aber nur gegenüber dem Verband und den Spielern selbst bei vorsätzlicher Manipulation zum Schadensersatz verpflichtet ist. Im Verhältnis zu den übrigen Beteiligten schließt der Verfasser die Haftung bereits deshalb aus, weil ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter dort nicht gegeben sein soll.

In größerem Umfang bejaht Redell die Haftung der Verbände gegenüber den Vereinen und Sportlern sowie jeweils zwischen DFB und Ligaverband. Hier soll auch für die fehlerhafte Rechtsanwendung durch den Schiedsrichter ein Anspruch entstehen. Demgegenüber spricht der Verfasser den Schiedsrichter bei falschen Tatsachenentscheidungen auch im Rahmen des § 278 BGB von jedem Verschulden frei, da die fehlerhafte Wahrnehmung nicht auf seiner Fahrlässigkeit beruhe.

Schließlich nimmt der Autor auch an, dass der DFB aufgrund der Nebenpflichten aus der vertraglichen Beziehung zu den Vereinen verpflichtet sei, technische Hilfsmittel zur Vermeidung von fehlerhaften Tatsachenentscheidungen einzuführen. Dies umfasse sowohl die Torlinientechnik als auch den Videobeweis.

Die Arbeit bietet insgesamt einen guten Überblick über die sich stellenden Fragen. Zwar erscheinen manche Ergebnisse durchaus zweifelhaft. So überzeugt es nicht, generell die Fahrlässigkeit bei fehlerhaften Tatsachenentscheidungen, beispielsweise infolge von Stellungsfehlern des Schiedsrichters, zu verneinen. Auch dürfte aus der ausdrücklichen Normierung der Zulässigkeit der Torlinientechnik folgen, dass andere technische Hilfsmittel untersagt sind, weil ansonsten die besondere Gestattung überflüssig wäre. Die Dissertation erweist sich aber gleichwohl als von erheblichem Gewinn für den sportrechtlich interessierten Juristen und ist daher das Studium wert. Sie regt überdies dazu an, weiteren Fragen nachzugehen, die noch offenbleiben. So wäre z. B. zu klären, ob nicht die sportrechtliche Unanfechtbarkeit der Tatsachenentscheidung auch eine zivilrechtliche Haftung in diesem Bereich verhindert, weil sich die Beteiligten einig sind, dass eine Revision jedenfalls bei nicht-vorsätzlichem Handeln ausgeschlossen sein soll. Folgt man überdies Redells These, die Verbände seien zur Einführung technischer Hilfsmittel verpflichtet, müssten sie dann nicht auch jetzt für jede vermeidbare Fehlentscheidung haften?

Die zivilrechtliche Haftung für Schiedsrichterentscheidungen im deutschen Profifußball und die Pflicht zur Einführung technischer Hilfsmittel
Von Patrick Redell
(Verlag Peter Lang, Frankfurt/M. 2015, XXVIII und 262 S., geb., ISBN 978-3-631-67029-3, 64,95 Euro)

Der Rezensent, Dr. Patrick Meier, ist Akademischer Rat a. Z. am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Historische Rechtsvergleichung (ehem. Prof. Harke) an der Universität Würzburg.

(abgedr. in VersR 2017, 207)