Haftet die Stadt bei einem Unfall auf einem öffentlichen Spielplatz, bei dem ein acht Jahre altes Kind von einem Klettergerüst gestürzt ist? Mit dieser Frage hat sich die 1. Zivilkammer des LG Koblenz beschäftigt.
Zum Sachverhalt:
Eine Stadt wird verklagt, die im angrenzenden Stadtwald einen Spielplatz unterhält. Auf dem Spielplatz befindet sich ein Klettergerüst, ein sogenanntes Hangelgerüst. In einer Höhe von 2,4 m befindet sich eine waagerecht liegende Leiter, an der sich spielende Kinder von einer Seite auf die andere hangeln können. Dies hat der zum Unfallzeitpunkt acht Jahre alte Kläger versucht. Dabei stürzte er ab und brach sich das linke Handgelenk. Nunmehr verlangt er, vertreten durch seine Eltern, von der beklagten Stadt Schadensersatz wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Die Stadt habe versäumt, auf dem Spielplatz für einen ausreichenden Fallschutz Sorge zu tragen. Die Fallhöhe liege hier über 2 m, weshalb ein Fallschutz in Form von Sand oder ähnlichem von mindestens 30 cm Tiefe vorhanden sein müsse.
Dem tritt die beklagte Stadt mit der Begründung entgegen, die Fallhöhe betrage vorliegend lediglich 80 cm. Wie kommt die Stadt zu dieser Berechnung?
Ein 8jähriges Kind habe durchschnittlich eine Körpergröße von 1,30 m. Bei Hinzurechnung der Armlänge und bestimmungsgemäßer Nutzung des Hangelgerüstes befänden sich die Füße spielender Kinder ca. 1,6 m unterhalb der Höhe der Leiter, woraus sich bei einer Gesamthöhe des Klettergerüstes von 2,4 m eine Fallhöhe für die Füße von lediglich 80 cm ergebe.
Unabhängig davon sei ein ausreichender Fallschutz sogar für eine Fallhöhe bis 3 m vorhanden gewesen.
Die Entscheidung:
Die 1. Zivilkammer des LG Koblenz hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen und die Klage abgewiesen. Zwar haftet eine Stadt als Betreiberin eines öffentlichen Spielplatzes grundsätzlich nach § 823 Abs.1 BGB bei einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Dabei umfasst die Verkehrssicherung diejenigen Maßnahmen, die bei objektiver Betrachtung notwendig aber auch ausreichend sind, um andere vor Schäden zu bewahren. Bei Spielplätzen bedeutet dies konkret, dass der Benutzer eines Spielplatzes vor solchen Gefahren geschützt werden soll, die über das übliche Risiko bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung hinausgehen und vom Benutzer nicht ohne weiteres erkennbar sind. Bei Spielgeräten richten sich dabei die Anforderungen an den Fallschutz nach der Fallhöhe. Diese entspricht nicht generell der Gerätehöhe. Wie die beklagte Stadt zur Überzeugung des Gerichtes zutreffend ausgeführt hat, beträgt die Fallhöhe konkret bei bestimmungsgemäßer Benutzung von Kindern, die nach ihrem Alter für die Benutzung des Gerätes in Frage kommen, lediglich ca. 80 cm. Bei einer solch relativ geringen Fallhöhe ist aber ein normaler Naturboden, wie beispielsweise eine Rasenfläche oder auch Sand ausreichend.
Nun spielen auf einem Spielplatz allerdings Kinder. Nicht ganz fernliegend ist deshalb, dass diese nicht nur versuchen, sich von einer Seite auf die andere zu hangeln, sondern eventuell versuchen, die vorhandene Leiter des Gerüstes aufrecht zu überqueren. Für diesen Fall der – bestimmungswidrigen – Benutzung beträgt die Fallhöhe 2,4 m. In einem solchen Fall ist dann eine Sandschicht von mindestens 30 cm Dicke als Fallschutz erforderlich. Wie mehrere Zeugen bestätigt haben, war ein Fallschutz mit dieser Dicke aber vorhanden. Mehr fordert auch in ihren Empfehlungen die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung nicht, allenfalls noch einen eventuellen Zuschlag von 10 cm wegen eventueller Verdichtungen oder Abtragungen.
Insgesamt war danach eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der beklagten Stadt nicht festzustellen mit der Folge, dass der Kläger die Folgen des für ihn bedauerlichen Unfalles selbst zu tragen hat.
Die Rechtsmittelfrist war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung noch nicht abgelaufen.
Auszug Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):
§ 823 Schadensersatzpflicht Abs.1
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
LG Koblenz, Urteil vom 17.1.2019 (1 O 135/18)
Pressemitteilung des LG Koblenz vom 12.2.2019