OLG Braunschweig: Vollkaskoversicherung muss für Schäden durch allein losfahrendes Automatikfahrzeug zahlen

Der 11. Zivilsenat des OLG Braunschweig hat einem Kläger Reparaturkosten für seinen Pkw nach einem eher ungewöhnlichen Unfall zugesprochen. Der Kläger hatte gegen seine Vollkaskoversicherung auf Ersatz der Schäden nach einer Kollision mit einer Toreinfahrt geklagt. Als Begründung machte er geltend, dass sich sein Automatikfahrzeug selbständig in Bewegung gesetzt habe, obwohl er ausgestiegen und daher niemand am Steuer gewesen sei. Bei dem Versuch, das Fahrzeug zu stoppen, sei er dann aufs Gaspedal gekommen, woraufhin das Fahrzeug nach vorne geschossen sei und einen Torflügel durchbrochen und zwei Stützpfeiler mitgenommen habe. Dies glaubte ihm seine Vollkaskoversicherung nicht. Zu Unrecht, befand das OLG. Könne der Sachverhalt im Einzelnen nicht aufgeklärt werden, stehe aber fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einen Unfall beruhen könnten, so reiche dies für eine Einstandspflicht der Versicherung aus. Im vorliegenden Fall genügten dem Senat die Angaben des klägerischen Autofahrers, um vom geschilderten Unfallhergang überzeugt zu sein. Dessen Schilderung stimmte auch mit den Angaben überein, die der Kläger unmittelbar nach dem Unfall gegenüber verschiedenen Zeugen gemacht hatte. Auch der beauftragte gerichtliche Sachverständige habe bestätigt, dass die Spuren am Fahrzeug und in der Toreinfahrt zueinander passten und der vom Kläger geschilderte Unfallhergang plausibel sei. Immerhin habe sich das klägerische Fahrzeug auch bei einem der Versuchsabläufe des Sachverständigen mit einem auf „N“ gestellten Hebel selbständig in Bewegung gesetzt. Der Versicherungsschutz schied nach den Ausführungen des 11. Zivilsenats auch nicht deshalb aus, weil der Kläger selbst das Gaspedal betätigt hatte und das Fahrzeug so in das Tor gefahren war. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Kläger versehentlich auf das Gaspedal gekommen sei, als er versucht habe, sein allein fahrendes Automatikfahrzeug anzuhalten.

OLG Braunschweig, Urteil vom 11.2.2019 (11 U 74/17)

Pressemitteilung des OLG Braunschweig vom 26.2.2019

LG Koblenz: Haftung der Stadt bei Unfall auf Spielplatz

Haftet die Stadt bei einem Unfall auf einem öffentlichen Spielplatz, bei dem ein acht Jahre altes Kind von einem Klettergerüst gestürzt ist? Mit dieser Frage hat sich die 1. Zivilkammer des LG Koblenz beschäftigt.

Zum Sachverhalt:

Eine Stadt wird verklagt, die im angrenzenden Stadtwald einen Spielplatz unterhält. Auf dem Spielplatz befindet sich ein Klettergerüst, ein sogenanntes Hangelgerüst. In einer Höhe von 2,4 m befindet sich eine waagerecht liegende Leiter, an der sich spielende Kinder von einer Seite auf die andere hangeln können. Dies hat der zum Unfallzeitpunkt acht Jahre alte Kläger versucht. Dabei stürzte er ab und brach sich das linke Handgelenk. Nunmehr verlangt er, vertreten durch seine Eltern, von der beklagten Stadt Schadensersatz wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Die Stadt habe versäumt, auf dem Spielplatz für einen ausreichenden Fallschutz Sorge zu tragen. Die Fallhöhe liege hier über 2 m, weshalb ein Fallschutz in Form von Sand oder ähnlichem von mindestens 30 cm Tiefe vorhanden sein müsse.

Dem tritt die beklagte Stadt mit der Begründung entgegen, die Fallhöhe betrage vorliegend lediglich 80 cm. Wie kommt die Stadt zu dieser Berechnung?

Ein 8jähriges Kind habe durchschnittlich eine Körpergröße von 1,30 m. Bei Hinzurechnung der Armlänge und bestimmungsgemäßer Nutzung des Hangelgerüstes befänden sich die Füße spielender Kinder ca. 1,6 m unterhalb der Höhe der Leiter, woraus sich bei einer Gesamthöhe des Klettergerüstes von 2,4 m eine Fallhöhe für die Füße von lediglich 80 cm ergebe.

Unabhängig davon sei ein ausreichender Fallschutz sogar für eine Fallhöhe bis 3 m vorhanden gewesen.

Die Entscheidung:

Die 1. Zivilkammer des LG Koblenz hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen und die Klage abgewiesen. Zwar haftet eine Stadt als Betreiberin eines öffentlichen Spielplatzes grundsätzlich nach § 823 Abs.1 BGB bei einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Dabei umfasst die Verkehrssicherung diejenigen Maßnahmen, die bei objektiver Betrachtung notwendig aber auch ausreichend sind, um andere vor Schäden zu bewahren. Bei Spielplätzen bedeutet dies konkret, dass der Benutzer eines Spielplatzes vor solchen Gefahren geschützt werden soll, die über das übliche Risiko bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung hinausgehen und vom Benutzer nicht ohne weiteres erkennbar sind. Bei Spielgeräten richten sich dabei die Anforderungen an den Fallschutz nach der Fallhöhe. Diese entspricht nicht generell der Gerätehöhe. Wie die beklagte Stadt zur Überzeugung des Gerichtes zutreffend ausgeführt hat, beträgt die Fallhöhe konkret bei bestimmungsgemäßer Benutzung von Kindern, die nach ihrem Alter für die Benutzung des Gerätes in Frage kommen, lediglich ca. 80 cm. Bei einer solch relativ geringen Fallhöhe ist aber ein normaler Naturboden, wie beispielsweise eine Rasenfläche oder auch Sand ausreichend.

Nun spielen auf einem Spielplatz allerdings Kinder. Nicht ganz fernliegend ist deshalb, dass diese nicht nur versuchen, sich von einer Seite auf die andere zu hangeln, sondern eventuell versuchen, die vorhandene Leiter des Gerüstes aufrecht zu überqueren. Für diesen Fall der – bestimmungswidrigen – Benutzung beträgt die Fallhöhe 2,4 m. In einem solchen Fall ist dann eine Sandschicht von mindestens 30 cm Dicke als Fallschutz erforderlich. Wie mehrere Zeugen bestätigt haben, war ein Fallschutz mit dieser Dicke aber vorhanden. Mehr fordert auch in ihren Empfehlungen die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung nicht, allenfalls noch einen eventuellen Zuschlag von 10 cm wegen eventueller Verdichtungen oder Abtragungen.

Insgesamt war danach eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der beklagten Stadt nicht festzustellen mit der Folge, dass der Kläger die Folgen des für ihn bedauerlichen Unfalles selbst zu tragen hat.

Die Rechtsmittelfrist war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung noch nicht abgelaufen.

Auszug Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

§ 823 Schadensersatzpflicht Abs.1
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

LG Koblenz, Urteil vom 17.1.2019 (1 O 135/18)

Pressemitteilung des LG Koblenz vom 12.2.2019

OLG Schleswig: Rückstau erfordert rückläufiges Ansteigen von Wasser im Ableitungssystem

Versicherungsvertragsrecht
Wohngebäudeversicherung
Rückstau erfordert rückläufiges Ansteigen von Wasser im Ableitungssystem
BWE 08 § 3; VGB 08 § 4
* Der Begriff des Rückstaus erfordert ein rückläufiges Ansteigen von Wasser im Ableitungssystem. Wird durch einen Hagelschauer eine Dachrinne mit Hagel/Eis gefüllt und wird dadurch Tauwasser nicht von dieser Rinne bis zum Fallrohr sowie von dort weiter abgeführt, sondern dringt direkt aus der Dachrinne unterhalb der Dachpfannen in das Gebäude ein, liegt kein versicherter Rückstau, sondern ein unversicherter Hagelschaden vor. *
OLG Schleswig, Beschluss vom 5. 12. 2018 (16 U 99/18)

(Die vollständige Entscheidung ist abgedr. in VersR 2019, 222)

AG München: Missglückte Haarfärbung- angemessene Frist zur Nachbesserung

Das AG München hat am 24. 1. 2019 die Klage der Kundin aus dem Raum Dachau gegen die Friseurmeisterin mit damaliger sogenannter Stuhlmiete in einem Salon im Münchener Glockenbachviertel auf Zahlung von 530 Euro Schadensersatz und mindestens 500 Euro Schmerzensgeld abgewiesen. Weiterlesen…