SG Osnabrück: Kein Unfallversicherungsschutz bei erheblich längerer Umfahrung eines Staus

Ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehender Wegeunfall liegt nicht vor, wenn nicht der direkte Weg, sondern ein achtmal längerer Weg nach Hause gewählt wird. Dies hat das SG Osnabrück in einem Urteil vom 1.8.2019 (S 19 U 251/17) entschieden. Weiterlesen…

OLG Rostock: Zum Mitverschulden einer Beifahrerin, die nicht angeschnallt war

Der für außervertragliche Schadensersatzansprüche zuständige 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock hat am 25.10.19 ein Grundurteil in dem Verfahren 5 U 55/17 verkündet. Gegenstand des Verfahrens ist die Berufung einer bei einem Verkehrsunfall schwer verletzten Klägerin. Weiterlesen…

AG München: Einem stark alkoholisiert erscheinenden Fluggast durfte die Beförderung verweigert werden

Zuviel Schampus

Das AG München wies am 23.7.2019 die Klage gegen einen Münchner Reiseveranstalter auf Minderung und Schadensersatz wegen Nichtbeförderung ab.

Tatbestand:

Der Kläger buchte über eine Discounterkette für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten eine Pauschalreise über eine Pazifikkreuzfahrt sowie Hin- und Rückflug von F. (Deutschland) über Dubai nach B. (Australien) zu einem Gesamtreisepreis von 7.398 €.

Nachdem der Kläger und seine Ehefrau beim Rückflug in B. ihre Plätze in dem Flugzeug eingenommen hatten, wurde ihnen mit der Begründung, sie seien stark alkoholisiert und fluguntauglich, nach Rücksprache mit dem Kapitän des Flugzeugs die Beförderung verweigert. Sie mussten daraufhin das Flugzeug verlassen. Beide buchten sodann einen Rückflug für den Folgetag. Hierfür will der Kläger 1.752,64 € bezahlt haben.
Der Kläger behauptet, ihm und seiner Ehefrau sei die Beförderung zu Unrecht verweigert worden. Ihm sei neben den für den Ersatzflug aufgewendeten Kosten ein Schaden in Form eines Umsatzverlustes als Rechtsanwalt in Höhe von mindestens 600,00 € entstanden.
Die Beklagte behauptet, der Kläger und dessen Ehefrau seien zu Recht des Flugzeugs verwiesen worden, da sie reiseuntauglich gewesen seien.
Die Parteien erklärten sich im schriftlichen Verfahren mit der Verwertung der in einem anderweitigen Zivilverfahren vor dem AG Frankfurt eingeholten Zeugenaussagen einverstanden.
Die Flugbegleiterin sagte als Zeugin aus, sie sei gerade mit dem Einsteigen der Kunden im Business-Class-Bereich beschäftigt gewesen, als sie eine Frau mit rotem Gesicht gesehen habe, die geweint habe und sich nach besten Kräften bemüht habe, einen Herrn mit einem rot angelaufenen Gesicht zu seinem Platz zu führen. Bevor er sich gesetzt habe, habe er nach einem Glas Champagner gefragt. Ihr Chef sei zu dem Fazit gelangt, der Kunde werde nicht bis Dubai durchhalten. Daraufhin habe man ihn des Flugzeugs verwiesen. Als der Kunde mithilfe des Sicherheitsdienstes von Board gebracht werden sollte, habe er sich geweigert und angefangen zu schreien. Nach ein paar Minuten habe er allerdings doch Folge geleistet und Drohungen ausgestoßen, als er durch die Reihen gegangen sei.
Die Chefstewardess gab an, dass beide nicht geradeaus zu ihren Sitzen gegangen seien. Die Ehefrau des Klägers sei aufgebracht gewesen und habe geweint. Einer von beiden habe ihr gesagt, dass die Ehefrau sich nicht wohl fühle. Sie habe bei einem Vier-Augen-Gespräch beim Kläger starken Alkoholgeruch wahrgenommen, der sich an der Wand anlehnen musste, um nicht umzufallen. Sein Gesicht sei ganz rot gewesen und er habe sich nicht normal konzentrieren können. Als sie mit ihm gesprochen habe, seien seine Augen ganz glasig gewesen und er habe Probleme gehabt, dem Gespräch zu folgen. Er habe bestätigt, Alkohol getrunken zu haben. Der Kapitän habe dann entschieden, beide des Flugzeugs zu verweisen.
Das Ehepaar räumte geringfügigeren Alkoholkonsum ein.

Die zuständige Richterin am AG München gab der Beklagten Recht.

Aus den Gründen:

„Eine schuldhafte Verletzung der sich aus dem Reisevertrag ergebenden Pflicht der Beklagten zur (Rück-)Beförderung des Klägers und seiner Ehefrau (…) liegt nicht vor. Der Beklagten ist vorliegend der Nachweis gelungen, dass die Verweisung des Klägers und seiner Ehefrau von Bord des Flugzeugs (…) in B. zu Recht erfolgt ist und damit nicht von ihr verschuldet war. (…)
Zusammenfassend lagen nach den glaubhaften Aussagen der Zeuginnen folgende Anknüpfungstatsachen für eine Verweisung von Board vor: Ein wankender Gang beider Fluggäste, gerötete Gesichter, glasige Augen, Stützen des Klägers, Weinen der Ehefrau des Klägers, die Aussage, es gehe ihr nicht gut, starker Alkoholgeruch und mangelnde Konzentrationsfähigkeit des Klägers sowie der Umstand, dass dieser sich zum Stehen an die Wand anlehnen musste. Dies ist nach Auffassung des Gerichts als ausreichend anzusehen. Das Gericht berücksichtigt hierbei weiter, dass der Flugkapitän seine Ermessensentscheidung stets aufgrund einer „ex-ante“ (d.h. vorausschauender) Einschätzung der Situation zu treffen und zahlreiche auf den Einzelfall bezogene Faktoren, wie etwa die Länge des jeweiligen Fluges, zu berücksichtigen hat. (…) In die Ermessensentscheidung ist hier mithin auch eingeflossen, dass es sich um einen Langstreckenflug handelte.“

AG München, Urteil vom 23.7.2019 (182 C 18938/18) – rechtskräftig

Pressemitteilung Nr. 85 des AG München vom 25.10.2019

OLG Braunschweig: Kündigung eines Versicherungsvertrags ist ohne Bestätigung wirksam

Dass ein Versicherungsvertrag beendet ist, auch wenn die Versicherungsgesellschaft die Kündigung des Versicherungsnehmers (VN) nicht bestätigt, hat der 11. Zivilsenat des OLG Braunschweig in einem Hinweisbeschluss vom 2.9.2019 deutlich gemacht (Az. 11 U 103/18).

Die VN hatte bei der beklagten Gesellschaft eine Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Weil ihr Fahrzeug im März 2016 bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden war, wollte sie von der Versicherung Ersatz – obwohl sie selbst den Versicherungsvertrag anderthalb Jahre zuvor gekündigt hatte. Der 11. Zivilsenat wies darauf hin, dass die Versicherungsgesellschaft die Zahlung zu Recht abgelehnt hatte. Der Versicherungsvertrag sei aufgrund der Kündigung der Klägerin wirksam beendet worden. Die Versicherungsgesellschaft habe weder gegenüber der VN bestätigen müssen, dass sie die Kündigung erhalten habe, noch dass sie diese als wirksam anerkenne. Wenn die VN Zweifel hieran gehabt hätte, hätte sie selbst bei der Versicherung nachfragen müssen.

Die Klägerin, so der 11. Zivilsenat weiter, habe auch nicht durch ihr späteres Verhalten gegenüber der Beklagten zu erkennen gegeben, dass sie den Versicherungsvertrag doch habe fortsetzen wollen. Insbesondere habe sie auch keine weiteren Beiträge mehr gezahlt. Die Versicherung sei auch nicht verpflichtet gewesen, die VN auf ihren fehlenden Versicherungsschutz hinzuweisen.

Für eine solche Aufklärungspflicht müsse die Gefahr bestehen, dass der VN mit der Materie nicht vertraut sei und deshalb den Versicherungsschutz verliere oder andere Nachteile erleide. Hiervon sei vorliegend aber nicht auszugehen. Immerhin habe die VN den Vertrag selbst gekündigt.

Die VN hat ihre Berufung gegen das landgerichtliche Urteil nach dem Hinweisbeschluss des 11. Zivilsenats zurückgenommen. Das Urteil des LG ist damit rechtskräftig.

OLG Braunschweig, Beschluss vom 2.9.2019 (11 U 103/18).

Pressemitteilung des OLG Braunschweig vom 24.10.2019