Am 20. August 2021 ist Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Leo Weyers im Alter von 87 Jahren verstorben.
Hans-Leo Weyers war von 1971 bis 1999 Professor für deutsches und ausländisches Zivilrecht, Zivilprozess- und Versicherungsrecht am Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main. 1976 war er Dekan des Frankfurter Fachbereichs, dem er auch bei einem Ruf an die TU Hannover (1978) treu blieb. Mehr als 20 Jahre, über seine Emeritierung hinaus wirkte er als EDV-Beauftragter des Fachbereichs und er war langjährig Beauftragter für den Austausch mit der Universidad Autónoma in Madrid.
Hans-Leo Weyers studierte von 1953 bis 1956 Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft an den Universitäten Tübingen, Hamburg und Freiburg im Breisgau. Er promovierte 1960 über die Eheschließung nach spanischem Recht. Die juristische Fakultät der Universität Tübingen habilitierte ihn 1970 mit der Arbeit »Unfallschäden – Praxis und Ziele von Haftpflicht- und Vorsorgesystemen«. Dieses viel beachtete, 700 Seiten umfassende Werk dokumentierte früh seinen methodischen Zugriff. Prägend war das Streben nach empirisch abgesichertem und systematisch fundiertem Verständnis, seine Leser bewußt gedankentief fordernd.
Sein wissenschaftliches Interesse galt vor allem dem Schuldrecht, besonders dem Haftungs- und Versicherungsrecht, sowie der Rechtsvergleichung. Mit Blick auf technische Neuerungen und neuartige Fragestellungen lag ihm die Fortentwicklung des Zivilrechts am Herzen. Das renommierte Lehrbuch zum Schuldrecht seines akademischen Mentors Josef Esser führte Hans-Leo Weyers ab der 5. Aufl. 1977 bis zur 8. Aufl. 2000 fort, zunächst zur Gänze, ab der 6. Aufl. den Besonderen Teil.
Seine besondere Leidenschaft galt der Rechtsvergleichung. Langjährig wirkte er als Leiter der Fachgruppe Zivilrecht der Gesellschaft für Rechtsvergleichung. Der Universität Zaragoza, die er schon zur Anfertigung seiner Dissertation mehrmonatig besucht hatte, war er während seines gesamten akademischen Lebens verbunden. Sie verlieh ihm in Anerkennung seiner Leistungen und Verdienste im Jahre 2003 die Ehrendoktorwürde, wie zuvor bereits die Universität Stockholm (1991).
Um das Versicherungsrecht hat sich Hans-Leo Weyers vor allem durch sein Lehrbuch zum Versicherungsvertragsrecht verdient gemacht (2. Aufl 1995). Er schrieb es instruktiv und in lebendiger Sprache, mit Blick für rechtspolitische Entwicklungen und wirtschaftliche Hintergründe. Es ging ihm vor allem darum, die »eigentümlichen Grundelemente und Gesetzlichkeiten« des Versicherungsvertragsrechts aufzuzeigen, stets unter Betonung des Zusammenhangs mit dem allgemeinen Schuldrecht. Mit seiner Emeritierung gab er das Buch in andere Hände. Auch wenn die spätere »Jahrhundertreform« des Versicherungsrechts und die Neuformierung des unionsrechtlichen Aufsichtsrechts zu erheblichen Erweiterungen führten, die Handschrift von Hans-Leo Weyers ist auch in der aktuellen 6. Aufl. von 2016 immer noch spürbar.
Hans-Leo Weyers war in seiner geradlinigen und zugleich einfühlsamen, zugewandten Art ein Herzensmensch mit Kanten. Er war geschätzter Kollege und treuer Freund – nicht nur für die Mitglieder des in den 1970iger-Jahren neu formierten Frankfurter Fachbereichs, sondern auch für viele Nachberufene. Der Zusammenhalt des Freundeskreises lag ihm sehr am Herzen. Über Jahrzehnte und bis zuletzt lud er zum legendären Gartenfest im Taunus.
Wir gedenken Hans-Leo Weyers in Ehre und Dankbarkeit.
Manfred Wandt, Frankfurt/M.