BGH: Verjährung von Rückforderungsansprüchen nach einer Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung

Der u.a. für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hat über einen Fall entschieden, in dem der VN erhöhte Krankenversicherungsbeiträge zurückverlangte, die er seit dem Jahr 2008 aufgrund seiner Ansicht nach unwirksamer Prämienanpassungen gezahlt hatte. Der Senat hat in diesem Fall einen möglichen Anspruch auf Rückzahlung der bis zum 31.12.2014 gezahlten Erhöhungsbeträge als verjährt angesehen.

Der Kl. wandte sich gegen mehrere Beitragserhöhungen in den Jahren 2008, 2009, 2013 und 2016, die sein privater Krankenversicherer vorgenommen hatte. Der Kl. ist der Auffassung, dass die Beitragserhöhungen wegen unzureichender Begründungen im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG unwirksam seien; er forderte mit seiner im Jahr 2018 erhobenen Klage zuletzt u.a. die Rückzahlung der auf die Beitragserhöhungen vom 1.7.2008 bis zum 31.12.2017 gezahlten Prämienanteile.

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OLG Frankfurt: D&O-Versicherung für ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG umfasst auch vorläufige Deckung für PR-Kosten

Die D&O-Versicherung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG umfasst bei kritischer Medienberichterstattung und aufgrund dessen drohendem karrierebeeinträchtigenden Reputationsschaden auch vorläufigen Deckungsschutz für Public-Relations-Kosten. Dies beinhaltet die Kosten der Beauftragung einer PR-Agentur sowie presserechtlich spezialisierter Rechtsanwälte. Das OLG Frankfurt hat im Eilverfahren die Bekl. insoweit zu vorläufigem Deckungsschutz verurteilt. Weiterlesen…

Nachruf – Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Leo Weyers

Am 20. August 2021 ist Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Leo Weyers im Alter von 87 Jahren verstorben.

Hans-Leo Weyers war von 1971 bis 1999 Professor für deutsches und ausländisches Zivilrecht, Zivilprozess- und Versicherungsrecht am Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main. 1976 war er Dekan des Frankfurter Fachbereichs, dem er auch bei einem Ruf an die TU Hannover (1978) treu blieb. Mehr als 20 Jahre, über seine Emeritierung hinaus wirkte er als EDV-Beauftragter des Fachbereichs und er war langjährig Beauftragter für den Austausch mit der Universidad Autónoma in Madrid.

Hans-Leo Weyers studierte von 1953 bis 1956 Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft an den Universitäten Tübingen, Hamburg und Freiburg im Breisgau. Er promovierte 1960 über die Eheschließung nach spanischem Recht. Die juristische Fakultät der Universität Tübingen habilitierte ihn 1970 mit der Arbeit »Unfallschäden – Praxis und Ziele von Haftpflicht- und Vorsorgesystemen«. Dieses viel beachtete, 700 Seiten umfassende Werk dokumentierte früh seinen methodischen Zugriff. Prägend war das Streben nach empirisch abgesichertem und systematisch fundiertem Verständnis, seine Leser bewußt gedankentief fordernd.

Sein wissenschaftliches Interesse galt vor allem dem Schuldrecht, besonders dem Haftungs- und Versicherungsrecht, sowie der Rechtsvergleichung. Mit Blick auf technische Neuerungen und neuartige Fragestellungen lag ihm die Fortentwicklung des Zivilrechts am Herzen. Das renommierte Lehrbuch zum Schuldrecht seines akademischen Mentors Josef Esser führte Hans-Leo Weyers ab der 5. Aufl. 1977 bis zur 8. Aufl. 2000 fort, zunächst zur Gänze, ab der 6. Aufl. den Besonderen Teil.

Seine besondere Leidenschaft galt der Rechtsvergleichung. Langjährig wirkte er als Leiter der Fachgruppe Zivilrecht der Gesellschaft für Rechtsvergleichung. Der Universität Zaragoza, die er schon zur Anfertigung seiner Dissertation mehrmonatig besucht hatte, war er während seines gesamten akademischen Lebens verbunden. Sie verlieh ihm in Anerkennung seiner Leistungen und Verdienste im Jahre 2003 die Ehrendoktorwürde, wie zuvor bereits die Universität Stockholm (1991).

Um das Versicherungsrecht hat sich Hans-Leo Weyers vor allem durch sein Lehrbuch zum Versicherungsvertragsrecht verdient gemacht (2. Aufl 1995). Er schrieb es instruktiv und in lebendiger Sprache, mit Blick für rechtspolitische Entwicklungen und wirtschaftliche Hintergründe. Es ging ihm vor allem darum, die »eigentümlichen Grundelemente und Gesetzlichkeiten« des Versicherungsvertragsrechts aufzuzeigen, stets unter Betonung des Zusammenhangs mit dem allgemeinen Schuldrecht. Mit seiner Emeritierung gab er das Buch in andere Hände. Auch wenn die spätere »Jahrhundertreform« des Versicherungsrechts und die Neuformierung des unionsrechtlichen Aufsichtsrechts zu erheblichen Erweiterungen führten, die Handschrift von Hans-Leo Weyers ist auch in der aktuellen 6. Aufl. von 2016 immer noch spürbar.

Hans-Leo Weyers war in seiner geradlinigen und zugleich einfühlsamen, zugewandten Art ein Herzensmensch mit Kanten. Er war geschätzter Kollege und treuer Freund – nicht nur für die Mitglieder des in den 1970iger-Jahren neu formierten Frankfurter Fachbereichs, sondern auch für viele Nachberufene. Der Zusammenhalt des Freundeskreises lag ihm sehr am Herzen. Über Jahrzehnte und bis zuletzt lud er zum legendären Gartenfest im Taunus.

Wir gedenken Hans-Leo Weyers in Ehre und Dankbarkeit.

Manfred Wandt, Frankfurt/M.

 

Schon wieder – Erneute Überraschungen zur D&O-Versicherung

Die legendären Krimis von Wolf Haas rund um den etwas eigenwilligen Kommissar Simon Brenner beginnen gelegentlich mit den Worten: Jetzt ist schon wieder was passiert. Das gilt leider auch für die Rechtsprechung des OLG Frankfurt im Zusammenhang mit Fragen der D&O-Versicherung. Zuletzt hatte der dortige Versicherungssenat die Möglichkeit einer rechtskräftigen Feststellung einer wissentlichen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung mit dem Argument verneint, dass die zu fällende Entscheidung die erforderliche Rechtskraft voraussetzen würde, diese aber zum entscheidenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nie schon vorliegen könne (Urt. v. 17.3.2021 – 7 U 33/19, VersR 2021, 1355 = BeckRS 2021, 21475; dazu unser VersR BLOG vom 1.10.2021). Das würde in abstruser Konsequenz bedeuten, dass der D&O-Versicherer immer auf den Abwehrkosten sitzen bliebe, weil es nie zu einer rechtskräftigen Feststellung von Vorsatz oder wissentlicher Pflichtverletzung kommen könnte. Da fragt der Beobachter sich: kann es noch schlimmer kommen? Die Frage stellen heißt, sie zu bejahen: ja, es kann. Weiterlesen…