AG München: Verspätung bei der Beförderung im Autoreisezug

Auf die Beförderung mit einem Autoreisezug ist in der Regel Reiserecht nicht anwendbar, sodass bei einer Verspätung grundsätzlich nicht Schadensersatz für vertane Urlaubszeit oder eine Minderung des Reisepreises verlangt werden kann.

Tatbestand:

Der Kl. buchte bei der bekl. Reiseveranstalterin am 25. 2. 2015 für sich, seine Ehefrau und seine Tochter eine Fahrt mit dem Autoreisezug von Villach in Österreich nach Edirne in der Türkei hin und zurück. Der Preis betrug 1710 Euro. Bei Vertragsschluss erfolgte ein Hinweis auf die Beförderungsbedingungen der Reiseveranstalterin. Dort ist unter Pt. 11 c bestimmt: „Bei unvorhersehbaren Ereignissen höherer Gewalt (Streik, Naturkatastrophen, Streckensperrung, behördliche Maßnahmen o.ä.) oder nicht zurechenbaren Handlungen Dritter (Einbruchsdiebstahl in Waggons und Fahrzeuge, Vandalismus, o.ä.) sind Ansprüche des Kunden auf Schadensersatz oder Rückzahlung des Fahrpreises gegen (die Reiseveranstalterin) ausgeschlossen.“

Während der Hinreise am 8. 7. 2015 wurden zahlreiche PKW im Autoreisezug von unbekannten Tätern aufgebrochen und diverse Gegenstände entwendet. Als dies in den Morgenstunden des 9.7.2015 bemerkt wurde, wurde der Zug angehalten. Die Aufnahme der Diebstahlsdelikte durch die örtlich zuständige Polizei dauerte zwölf Stunden.

Der Kl. begehrte von der Reiseveranstalterin eine Minderung des Preises um 50 %, außerdem verlangte er 600 Euro wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Er war der Ansicht, dass es sich bei dem Vertrag um einen Reisevertrag handelte, da nicht nur die Beförderung von drei Personen per Zug geschuldet gewesen sei, sondern auch eine Überführung des PKW des Kl. Die Reiseveranstalterin verweigerte die Zahlung. Daraufhin erhob der Kl. Klage zum AG München gegen die Reiseveranstalterin auf Zahlung von 1455 Euro.

Der zuständige Richter wies die Klage ab.

Aus den Gründen:

Bei dem Vertrag würde es sich um keinen Reisevertrag handeln. „Eine Gesamtheit von Reiseleistungen liegt hier nicht vor; Gegenstand des Vertrags war nur die Personen- und Sachbeförderung, aber gerade nicht ein über die Beförderung hinausgehender Erfolg, wie es eine Reise voraussetzt“, so das Urteil. „Bei reinen Beförderungsverträgen wie dem streitgegenständlichen fehlt es am Charakter einer Veranstaltung, bei der der Unternehmer in eigener Verantwortung einen über die Beförderung hinausgehenden Gesamterfolg schuldet.“

Es liege ein Beförderungsvertrag vor, der – soweit die Beförderung des PKW vereinbart war – frachtvertragliche Elemente aufweise.

Ein Anspruch auf Zahlung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit bestehe nicht. Denn es fehle an einer Vorschrift, die im Rahmen des Werk- und Frachtrechts einen Ersatz für immaterielle Schäden vorsieht. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, einen Anspruch wegen immaterieller Schäden nur im Ausnahmefall vorzusehen.

Auch ein Anspruch auf Minderung des Beförderungsentgelts bestehe nicht. „Die bloße Verspätung einer Werkleistung kann keinen Mangel begründen. Bei jeder Leistung, die nicht zum geschuldeten Zeitpunkt erbracht wird, liegt zwar eine Verletzung der vertraglichen Leistungspflichten vor; der Schuldner befindet sich aufgrund der Verspätung im Verzug. Jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verzug ohne Weiteres einen Mangel der Werkleistung begründet, da der Gesetzgeber eine eigenständige Regelung für die Frage des Mangels vorgesehen hat“, so das Urteil. Eine Verzögerung könne nur dann einen Mangel begründen, wenn der Leistungszeitpunkt eine Rolle spiele. Im Rahmen einer Beförderungsleistung sei dies regelmäßig nicht der Fall, da auch bei einer Verspätung die Beförderungsleistung nicht grundsätzlich schlechter werde.

Das Urteil ist rechtskräftig.

AG München, Urteil vom 4.11.2016 (132 C 9692/16)

(Pressemitteilung des AG München vom 30. 6. 2017)