Nachdem der BGH mit seinem Beschluss vom 27. 5. 2015 – entgegen der bisherigen Instanzrechtsprechung – entschieden hat, dass keine Deckung in der Haftpflichtversicherung besteht, wenn auch nur eine von mehreren Tathandlungen vorsätzlich i.S.v. §103 VVG erfolgte, wird diskutiert, ob diese Entscheidung Auswirkungen auf die D&O-Versicherung hat und, bejahendenfalls, welche. Bei direkter Übertragung der vom BGH für die Vermögensschadenhaftpflicht aufgestellten Grundsätze würde jegliche Deckungspflicht entfallen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Abwehr- als auch auf die Freistellungsdeckung.
Ob eine solche – prima facie naheliegende, denn auch die D&O-Versicherung verspricht die Risikoübernahme bei Vermögensschäden – umfassende Auslegung des Ausschlusses für wissentliche/vorsätzliche Pflichtverletzungen angesichts der Besonderheiten der D&O-Versicherung auch dort uneingeschränkt gelten kann, ist zu hinterfragen. Wenn man aber aufgrund dieser Besonderheiten – nämlich das Dreieck zwischen VN, Versicherer und versicherten Personen, das individuelle Deckungsversprechen, die Problematik der Wissens- und Handlungszurechnung und die sogenannte Severability-Klauseln – für eine einschränkende Anwendung der BGH-Rechtsprechung plädieren will, dann stellt sich zwingend die Anschlussfrage, ob eine eventuell erforderliche Differenzierung für Abwehrdeckung und Freistellungsanspruch einheitlich erfolgen kann oder muss oder ob nicht in einer zweiten Stufe ein weiteres Mal ein Unterschied dahin gehend gemacht werden muss, dass unter bestimmten Umständen unterschiedliche Konsequenzen für die Abwehrdeckung einer- und die Freistellung der versicherten Personen andererseits zu ziehen sind. Das ist Gegenstand der Betrachtung von Dr. Theo Langheid in seinem aktuellen Beitrag.
(Der vollständige Aufsatz ist veröffentlicht in VersR 2017, 1365)