Gebäudeversicherung und Grundstückskauf

Muss der Verkäufer über die Beendigung einer Gebäudeversicherung informieren?

Soll mit dem Abschluss eines notariellen Kaufvertrags eine Immobilie veräußert werden, so geht nach § 95 VVG mit Eigentumsumschreibung im Grundbuch ein bestehender Versicherungsvertrag, etwa über eine Feuer- oder eine Wohngebäudeversicherung, auf den Erwerber über. Damit soll ein lückenloser Versicherungsschutz gewährleistet werden. In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, dass die Interessen des Käufers im bestehenden Versicherungsvertrag des Veräußerers ab Gefahrübergang (§ 446 BGB) bis zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch als Versicherung für fremde Rechnung bereits mitversichert sind, ohne dass es hierfür besonderer Regelungen im Grundstückskaufvertrag bedarf. (BGH VersR 2020, 853; 2018, 1186 [1188]; 2016, 1564 [1565]; 2009, 1534; 2009, 1531; 2009, 1114; 2001, 54; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 95 Rz. 29; Reusch in Langheid/Wandt, VVG, 2. Aufl. 2016, § 95 Rz. 132 ff.)

Was soll aber gelten, wenn der Versicherungsvertrag vor der Eigentumsumschreibung beendet wird? Mit dieser Frage musste sich der für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH befassen. (BGH VersR 2020, 853).

Der BGH hat entschieden, der Verkäufer einer Immobilie hat grundsätzlich keine Informationspflicht gegenüber dem Erwerber, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine oder keine Gebäudeversicherung besteht. Er muss auch nach Vertragsschluss den Erwerber nicht darüber informieren, wenn eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende Gebäudeversicherung zwischenzeitlich beendet wurde. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Verkäufer vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags gegenüber dem Käufer erklärt hat, dass eine Gebäudeversicherung besteht. Wird dieser Versicherungsvertrag dann vor der Eigentumsumschreibung beendet, dann trifft ihn indes regelmäßig eine aus § 241 Abs. 2 BGB herrührende vertragliche Nebenpflicht, den Erwerber hierüber unverzüglich zu informieren.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde. Die Beklagten verkauften an die Kläger ein Wohnhaus. Im notariellen Grundstückskaufvertrag vom Februar war wie oft vereinbart, dass der Besitz, die Nutzungen, die Gefahr und die Lasten einschließlich aller Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen, sowie die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten auf die Käufer mit dem Tag der Kaufpreiszahlung, jedoch nicht vor einem im Kaufvertrag bestimmten Datum übergehen sollten. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass nicht etwa der Veräußerer, wie dies immer wieder vorkommt, nach Abschluss des Kaufvertrags den Vertrag über die Wohngebäudeversicherung kündigte, sondern hier kündigte im April der Versicherer mit Wirkung zum Mai die Wohngebäudeversicherung gegenüber den Veräußerern. Die Veräußerer informierten die Erwerber hierüber nicht. Die Übergabe der Immobilie erfolgte im April. Im Juni kam es aufgrund eines Unwetters zu einem Schaden, der erhebliche Kosten verursachte. Wann die Eigentumsumschreibung erfolgte, lässt sich weder dem Sachverhalt noch den Entscheidungsgründen entnehmen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sie erst später, in jeden Fall nach dem Schadenseintritt erfolgte.

Einen Schadensersatzanspruch der Käufer aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten hat der BGH verneint. Zu Recht hat er hervorgehoben, dass es keine vertragliche Verpflichtung des Veräußerers gibt, die Kaufsache zu versichern. Ebenso wenig muss der Verkäufer eine zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags bestehende Gebäudeversicherung aufrechterhalten, oder wie hier nach Kündigung einer Gebäudeversicherung durch den Versicherer, eine neue abschließen. Auch wenn ein nachvollziehbares Interesse des Käufers am Bestehen bzw. am Fortbestand einer Versicherung angenommen werden kann, so ist dieses Interesse gegen das Dispositionsinteresse des Verkäufers abzuwägen. Die Abwägung führt dazu, dass ab Gefahrübergang es Sache des Käufers ist und es in seine Risikosphäre fällt, sich um adäquaten Versicherungsschutz zu kümmern. Will der Verkäufer in einen etwa bestehenden Versicherungsvertrag ab Gefahrübergang einbezogen werden, muss er sich erkundigen, ob eine solche Versicherung abgeschlossen ist und noch fortbesteht.

Zwar ist das Bestehen einer Wohngebäudeversicherung bei Immobilien weitgehend üblich, aber sicher kann sich der Käufer nicht sein. Der Verkäufer könnte im Hinblick auf seine bestehenden Verkaufsabsichten die Versicherung gekündigt haben. Denkbar ist auch, dass der Versicherer wegen Prämienrückständen beim Veräußerer einen bestehenden Vertrag bereits gekündigt hat.

Fragt der Käufer nicht nach, dann kann der Verkäufer davon ausgehen, dass der Käufer sich selbst um adäquaten Versicherungsschutz kümmern wird. Insbesondere dann, wenn nach Zahlung des Kaufpreises und Übertragung des Besitzes nach § 446 BGB die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist und er sich nun um die Nutzungen und Lasten der Sache kümmern muss. Der Umstand fehlenden oder nicht adäquaten Versicherungsschutzes fällt dann allein in die Risikosphäre des Käufers.

Aus der im notariellen Kaufvertrag enthaltenen Klausel, wonach die Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen mit der Kaufpreiszahlung auf den Käufer übergehen sollen, kann nach Auffassung des BGH nicht die Erklärung entnommen werden, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Gebäudeversicherung bestand. Damit solle nur zum Ausdruck gebracht werden, ab welchem Zeitpunkt der Käufer die Verpflichtungen aus Versicherungsverträgen wegen des Gefahrübergangs zu tragen habe. Eine Erklärung, dass bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags eine Wohngebäudeversicherung bestanden habe, will der BGH der Klausel zu Recht nicht entnehmen.

Auch aus § 95 VVG ergibt sich nichts Anderes. Da § 95 VVG im Hinblick auf die Veräußerung auf das dingliche Verfügungsgeschäft abstellt, geht der Versicherungsvertrag erst mit der Grundbucheintragung auf den Erwerber über. Zwar ist das Interesse des Käufers als fremdes Interesse zwischen Gefahrübergang und Eigentumserwerb mitversichert. Aus diesem Interesse des Käufers, nämlich, dass ein bestehender Gebäudeversicherungsvertrag bestehen bleibt, folgt jedoch keine Pflicht des Verkäufers hierfür zu sorgen. Der Schutzzweck des § 95 VVG geht nur dahin, zu verhindern, dass eine bestehende Versicherung wegen des Eigentumsüberganges untergeht.

Zu Recht betont der BGH die Dispositionsfreiheit des Veräußerers. Er kann dem bestehenden Versicherungsvertrag jederzeit beenden, auch wenn dies zur Folge hat, dass eine bisher bestehende Versicherung erlischt und damit nicht nach § 95 VVG auf den Erwerber übergeht.

Etwas Anderes gilt indes nur dann, wenn sich der Verkäufer etwa im Grundstückskaufvertrag zum Aufrechterhalten einer bestehenden Versicherung verpflichtet hat. Entsprechende Verpflichtungen kommen in der notariellen Praxis durchaus vor. Es kommt auch vor, dass der Verkäufer nur erklärt hat, dass eine Gebäudeversicherung besteht. Aber auch dann wird beim Käufer ein entsprechender Vertrauenstatbestand gesetzt und er kann davon ausgehen, dass entsprechende Erklärungen des Verkäufers wahr sind und er informiert wird, falls der Versicherungsschutz später entfällt. Die entsprechende Erklärung, dass ein Gebäudeversicherungsvertrag besteht, muss daher nicht zwingend im Grundstückskaufvertrag niedergelegt werden. Der BGH führt aus, der Käufer dürfe auch auf eine Wissenserklärung des Verkäufers vertrauen. Im Streitfall obliegt die Beweislast für eine mündlich abgegebene Wissenserklärung allerdings dem Käufer.

Selbst eine entsprechende Zusicherung des Verkäufers im Grundstückskaufvertrag bietet dem Käufer keine vollständige Sicherheit. War die Zusicherung falsch, entsteht zwar ein Schadensersatzanspruch, aber das Insolvenzrisiko trägt der Käufer. Will er wirklich sichergehen, muss er sich selbst um den Versicherungsschutz kümmern.

Der sorgfältig begründeten Entscheidung des V. Zivilsenats des BGH indes kann man nur uneingeschränkt zustimmen. Zu Recht hebt der BGH die Dispositionsfreiheit der Parteien hervor. Die Interessen von Verkäufer und Käufer stehen sich gleichberechtigt gegenüber. Die Dispositionsfreiheit des Verkäufers wird durch den Abschluss des Kaufvertrags grundsätzlich nicht beeinträchtigt. Insbesondere nach Gefahrübergang ist allein Sache des Käufers, sich um die Kaufsache zu kümmern und für ihren adäquaten Schutz zu sorgen.

Ist hingegen ein Versicherer beteiligt, kann es anders sein, weil ihn aus seiner überlegenen Sachkenntnis Informations- und Beratungspflichten treffen können, wenn er erkennen kann, dass Verkäufer und Käufer falsche Vorstellungen haben, was das Fortbestehen und den Übergang des Versicherungsschutzes anbelangt. Gibt er falsche Auskünfte oder erweckt er falsche Vorstellungen, kann es ausnahmsweise die Folge haben, dass der Käufer bereits vor dem Eigentumsübergang in den bestehenden Vertrag eintritt und dadurch einen vom Verhalten des Verkäufers unabhängigen eigenen Anspruch auf Versicherungsschutz erwirbt. (BGH VersR 2009, 1114).