BGH: Schadensersatzanspruch des VN gegen Makler auch bei einer Obliegenheitsverletzung des VN gegenüber dem Versicherer

Vertriebsrecht
Versicherungsmakler
Schadensersatzanspruch des VN gegen Makler auch bei einer Obliegenheitsverletzung des VN gegenüber dem Versicherer
BGB §§ 280 Abs. 1, 254 Abs. 1; VVG §§ 60 ff., 63
* 1. Ein Schadensersatzanspruch, den der VN gegen den Versicherungsvermittler nicht wegen einer Pflichtverletzung bei einer Vertragsanbahnung, sondern wegen einer Pflichtverletzung bei der Abwicklung eines Versicherungsfalls geltend macht, hat seine Grundlage nicht in den §§ 60 ff., 63 VVG, sondern in der allgemeinen Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB. *
* 2. Der Pflichtenkreis des Versicherungsmaklers umfasst grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Regulierung eines Versicherungsschadens. *
* 3. Der Umstand, dass es zur eigenen Verantwortung des VN gehört, sich nach einem Versicherungsfall über Ausschlussfristen nach den Versicherungsbedingungen zu informieren, lässt keinen Raum für die Verteidigung des Versicherungsmaklers, sich auf diese Obliegenheit des VN zu berufen, weil die Obliegenheit allein das Verhältnis des VN zum Versicherer betrifft; der VN bedient sich gerade des Versicherungsmaklers als sachkundigen Fachmanns, um seine Ansprüche zu wahren und durchzusetzen. *
* 3. Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt ohne Einschränkungen, wenn für die zu beratende Person bei ordnungsgemäßer Beratung nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit bestanden hätte. *
* 4. Bei einem Versicherungsmaklervertrag kann der zu beratenden Person, auch wenn sie über einschlägige Kenntnisse verfügt, regelmäßig nicht als mitwirkendes Verschulden vorgehalten werden, sie hätte das, worüber sie der Berater hätte aufklären oder unterrichten sollen, bei entsprechenden Bemühungen ohne fremde Hilfe selbst erkennen können. Abweichendes kann gelten, wenn die zu beratende Person Warnungen oder ohne Weiteres erkennbare Umstände, die gegen die Richtigkeit des vom Berater eingenommenen Standpunkts sprechen, nicht genügend beachtet oder den Berater nicht über eine fundierte abweichende Auskunft unterrichtet, die sie von einer sachkundigen Person erhalten hat, oder von der Gefährdung ihrer Interessen sonst Kenntnis hat. *

BGH, Urteil vom 30. 11. 2017 (I ZR 143/16, Oldenburg)

(Die vollständige Entscheidung ist abgedr. in VersR 2018, 349)