OLG Koblenz: Alter Nagel im Hufstrahl

Haftet der Hufschmied, wenn am nächsten Tag nach dem Beschlagen ein Pferd mit Stocklahmheit im Stall aufgefunden wird und ein alter Nagel aus dem Hufstrahl entfernt werden muss? Diese Frage hatte die 3. Zivilkammer des LG Koblenz zu beantworten.

Der Sachverhalt:

Die Kl. betreibt ein Gestüt und hält mehrere Pferde für den nationalen und internationalen Vielseitigkeitssport. Der Bekl. ist Hufschmied und beschlug an einem Tag im Oktober 2019 auf dem Gestüt der Kl. insgesamt vier Pferde neu bzw. frisch, darunter auch das streitgegenständliche Dressurpferd D.

Unmittelbar nach dem Beschlagen führte eine Mitarbeiterin der Kl. das Pferd D. zurück in die Box, bevor es gegen späten Nachmittag von einem Mitarbeiter der Kl. zur Vorbereitung eines Ausrittes gesattelt und eine Hufreinigung durchgeführt wurde. Eine Gesellschafterin der Kl. führte mit dem Pferd D. sodann einen leichten Ausritt von nicht mehr als 30 Minuten durch.

Am nächsten Morgen fand eine Mitarbeiterin der Kl. das Pferd D. mit Stocklahmheit im Stall liegend vor. Das Pferd konnte das vordere rechte Bein nicht mehr belasten. Der hinzugerufene Mitarbeiter M. entdeckte einen alten ca. 3,5 cm langen Nagel im Hufstrahl und entfernte diesen. Das Pferd D. wurde auf Rat einer Pferdeklinik umgehend in diese verbracht und dort ärztlich behandelt.

Die Kl. behauptet, die Stute habe vor dem Beschlagen durch den Bekl. keine Probleme mit den Hufen gehabt. Der Bekl. sei für die Verletzung des Dressurpferdes D. verantwortlich, weil er seinen Arbeitsplatz in Unordnung versetzt und es so ermöglicht habe, dass das Pferd D. in einen auf dem Boden liegenden Nagel getreten sei.

Mit Ihrer Klage begehrt die Kl. Ersatz des von ihr errechneten Schadens von insgesamt 33.670,91 €.

Die Entscheidung:

Die 3. Zivilkammer des LG Koblenz hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen.

Nach der Beweisaufnahme sei die Kl. beweisfällig geblieben, dass der Bekl. gegen eine ihm obliegende Schutzpflicht verstoßen habe. Die Kl. habe nicht nachgewiesen, dass das Dressurpferd D. beim Beschlagen durch den Bekl. mit der vorderen rechten Hufe in einen alten Nagel getreten sei und sich dieser in den Hufstrahl bohrte.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der informatorischen Anhörung der Gesellschafterin der Kl., sei die Kammer nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Bekl. für die eingetretene Verletzung des Pferdes verantwortlich sei. Die Tatsache, dass bei der Vorbereitung des Pferdes D. zum Ausritt am späten Nachmittag der Nagel nicht aufgefunden, obwohl die Hufen ausgekratzt wurden, begründen nicht auszuräumende Zweifel daran, ob das Dressurpferd D. tatsächlich während des Beschlagens oder zu einem späteren Zeitpunkt in einem auf dem Gestüt herumliegenden alten Nagel getreten ist.

In der Gesamtschau der durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich feststellen, dass andere Umstände als ein unordentlicher Arbeitsplatz des Bekl. die Ursache für die Verletzung des Pferdes D. bilden können und sich insbesondere der Zeitpunkt der Verletzung nicht sicher auf den Zeitraum vor dem Ausritt eingrenzen lässt, weshalb der klagenden Partei die Beweisführung für eine Verantwortlichkeit des Bekl. nicht gelingt.

LG Koblenz, Urt. v. 28.12.2022 – 3 O 80/21, (nrk.)

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:

§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

§ 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) …

Pressemitteilung „Entscheidung des Monats“ des LG Koblenz im Januar 2023