VersR REPORT: Internationales

Von Eva-Maria Goergen

Wir setzen unsere online – Berichte fort mit einem Report der Rechtsanwältin Eva-Maria Goergen aus der Kanzlei Clyde & Co. Zuletzt hatte Prof. Robert Koch das AGB – Recht des letzten Jahres vorgestellt und demnächst berichtet Prof. Oliver Brand über die Entwicklung des Haftungs- und Schadensersatzrechts. Der heutige Report ‚Internationales‘ wirft einen Blick über den Tellerrand hinaus; wir denken, dass es für unsere Leser und deren Befassung mit dem nationalen Versicherungsvertragsrecht von Gewinn ist, zu erfahren, was ‚die anderen‘ so machen. Häufig sind die Konstellationen und die zu entscheidenden Rechtsfragen gar nicht so anders als bei uns, etwa wenn der Supreme Court of South Africa die Frage zu entscheiden hatte, ob ein VN die Entschädigung aus einer Sturmversicherung insgesamt zurückzahlen muss, wenn er über die Inanspruchnahme eines Hotels getäuscht und eine gefälschte Rechnung vorgelegt hatte (er musste, Case no: 534/2022). Gute Lektüre!

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VersR BLOG: Reise ins Nichts…

Wohin führt die „Patientenreise“?

Was ist das überhaupt, die „Patientenreise“? Sie steht – angeblich – im „Fokus eines Gesundheitsökosystems“, wo sie „von einem Orchestrator“ angeführt wird, ein „klares Wertversprechen“ enthält und vom „Datenaustausch“ lebt. Nun weiß man bei „öko“ schon nie, welches „öko“ gemeint sein könnte, die Ökonomie oder die Ökologie. Hier aber steht das „Buzzword“ für ein Produkt der „digitalen Ökonomie“, das von einer „Gruppe weitgehend unabhängiger Wirtschaftsakteure“ betrieben wird, die „Produkte oder Dienstleitungen bereitstellen“, um so „eine kohärente Kundenlösung bereitzustellen“. Na also. Wer es genauer wissen will (also alle), sollten bei den Autoren Andreas Klar und Hannah Al-Sakati in der „Versicherungswirtschaft Heute“ vom 19.6.2023 nachlesen. Für die, die schon an der Heizungsmodernisierung und dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder an „Elster“ für die neue Grundsteuerberechnung scheitern, hier eine sicher unzureichende, aber hoffentlich halbwegs verständliche Zusammenfassung: es geht um den Patienten, der auf seinem Weg (der „Reise“) von der Prävention über die Diagnostik zur Akutbehandlung bis hin zur Nachsorge (alles wie früher) begleitet werden soll, aber jetzt von einem Orchester von Daten – Netzwerken, Telemedizinern (inkl. KI) und Digital – Therapeuten. Das konnte ja nicht gutgehen.

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VersR BLOG: ESG ESG ESG ESG ESG ESG

Was Nigel Farrage mit der Versicherungswirtschaft zu tun hat

Environment – Social – Governance! Umwelt – Soziales – (richtige) Unternehmensführung! Das sind die Zauberworte, an und mit denen die Welt genesen soll. Obwohl an sich nur Worthülsen, die jeder nach Gutdünken mit eigenen Vorstellungen füllen kann, überschlagen sich alle à la recherche des genius saeculi: manche, wie die Versicherer, weil sie müssen, andere, weil sie mit eben diesem Zeitgeist gehen (und daran verdienen) wollen. Die EU nutzt die in ihr tätigen Versicherer als Versuchskaninchen, denn sie waren die ersten, die auf der Basis der Corporate Sustainable Reporting Directive (CSRD) die Pflichten zur Nachhaltigkeits-Berichterstattung zu erfüllen haben (vgl. dazu zuletzt Bürkle, VersR 2023, 1019, der am Beispiel des Art. 2 Nr. 17 Offenlegung-VO vorführt, dass die Flut der Nachhaltigkeitsregulierung „nicht mehr sinnvoll zu bewältigen“ sei). Es ist sicher, dass das ab 2024 mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) nicht besser wird. Und – entgegen aller Versprechungen –, die mit einer solchen Berichterstattung verbundenen Lasten und Kosten zu senken, rügt der NKR (= Normenkontrollrat, ja selbst ein bürokratisches Paradoxon, weil es zu den originären Pflichten des Normgebers gehören sollte, seine Normen auf Effizienz, Sinnhaftigkeit und unerwünschte Nebenwirkungen zu untersuchen), dass diese immer zahlreicher und immer teurer werden. Bis zu 7 % des Umsatzes werden für Bürokratiekosten ausgegeben, also in etwa das Doppelte der durchschnittlichen Gewinnmargen. Fast 10.000 gesetzliche Informationspflichten führen zu einer Gesamtbelastung von knapp 50 Mrd. €, Tendenz steigend!

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VersR BLOG: Schlüsselklausel nach A § 3 Nr. 2 f VHB 2010, A 4.1.5.2 VHB 2016, A 4.1.52 VHB 2022, A § 1 Nr. 2 f AERB 2010 ist primäre Leistungsbeschreibung und keine verhüllte Obliegenheit

Von Prof. Dr. Peter Reusch

In einer wichtigen Entscheidung vom 5.7.2023 (BGH v. 5.7.2023 – IV ZR 118/22) hat der BGH eine seit Langem umstrittene Frage nach dem Rechtscharakter der sog. erweiterten oder einfachen Schlüsselklausel nun abschließend geklärt. Er hat festgestellt, es handele sich um keine verhüllte Obliegenheit, sondern eine primäre Leistungsbeschreibung, die nicht der Inhaltskontrolle unterliege und auch nicht gegen das Transparenzgebot verstoße.

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VersR REPORT: Ausgewählte neue Rechtsprechung zum AGB-Recht

von Prof. Dr. Robert Koch, Hamburg

Im Folgenden werden ausgewählte Urteile aus dem Jahr 2022 und der ersten Hälfte des Jahres 2023, vor allem des BGH, zum AGB-Recht vorgestellt.

I. Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB)

Eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen hatte den Fokus auf die für AVB geltenden Auslegungsgrundsätze.

1. Betriebsschließungsversicherung

In seinem zweiten Urteil zur Betriebsschließungsversicherung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie stellt der BGH fest, dass die Bezugnahme auf Rechtsnormen (§§ 6, 7 IFSG) ohne Angabe einer konkreten Gesetzesfassung oder eines Zeitpunkts von dem VN so verstanden werden kann, dass sowohl der Rechtszustand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses als auch im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles (dynamische Verweisung) maßgeblich ist. Damit komme der Grundsatz der anwenderfeindlichsten Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB) zum Tragen mit der Folge, dass dem VN für den Zeitraum der zweiten Betriebsschließung ein Anspruch auf Entschädigung zugestanden habe, da zu diesem Zeitpunkt COVID 19, SARS-CoV bzw. SARS-CoV 2 als Krankheit bzw. als Krankheitserreger in den §§ 6, 7 IfSG namentlich genannt worden seien (BGH v. 18.1.2023 – IV ZR 465/21, VersR 2023, 380 Rz. 29).

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