BGH zur Erstattung des Reisepreises nach Änderung der Reiseleistung durch Reiseveranstalter

Die Kl. verlangen von dem bekl. Reiseveranstalter Erstattung des Reisepreises nach erklärtem Rücktritt.

Sachverhalt:

Die Kl. buchten bei der Bekl. für den Zeitraum vom 30.8. bis 13.9. 2015 eine China-Rundreise. Nach dem Reiseverlauf waren für die dreitägige Dauer des Aufenthalts in Peking verschiedene Besichtigungen vorgesehen. Eine Woche vor der geplanten Abreise teilte die Bekl. den Kl. per E-Mail mit, dass aufgrund einer Militärparade im September 2015 die Verbotene Stadt und der Platz des Himmlischen Friedens in Peking nicht besichtigt werden könnten. Stattdessen wurde ein Besuch des Yonghe-Tempels angeboten. Die Kl. erklärten daraufhin den Rücktritt vom Reisevertrag. Sie haben die Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 3298  €, Ersatz nutzloser Aufwendungen für Impfungen und Visa und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend gemacht.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das AG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Verurteilung zur Erstattung des Reisepreises bestätigt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Entscheidung des BGH:

Die Revision der Bekl. ist nach dem Urteil des für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenats des BGH unbegründet. Das LG hat zu Recht ein Rücktrittsrecht der Kl. bejaht. Der Reisende kann nach § 651a Abs. 5 S. 2 BGB bei einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als 5 % oder bei einer – im Streitfall zu bejahenden – erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vom Reisevertrag zurücktreten.

Abgesehen von geringfügigen vom Reisenden hinzunehmenden Abweichungen ist eine nachträgliche Leistungsänderung nur zulässig, wenn der Reiseveranstalter sich diese im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten hat, wofür regelmäßig nur eine entsprechende Klausel in den allgemeinen Reisebedingungen des Veranstalters in Betracht kommt. Im Streitfall fehlt es an einem wirksamen Vorbehalt, da die Änderungsklausel in den allgemeinen Reisebedingungen des bekl. Reiseveranstalters unwirksam ist. Der Reiseveranstalter kann sich nach § 308 Nr. 4 BGB nur solche Leistungsänderungen vorbehalten, die unter Berücksichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zumutbar sind. Zumutbar sind nur Änderungen aufgrund von Umständen, die nach Vertragsschluss eintreten und für den Reiseveranstalter bei Vertragsschluss auch nicht vorhersehbar sind. Außerdem dürfen sie den Charakter der Reise nicht verändern. Beide Schranken kommen in der Klausel nicht zum Ausdruck, die den Ersatz nicht mehr möglicher Reiseleistungen durch vergleichbare andere zulassen.

Jedenfalls unter Berücksichtigung der fehlenden vertraglichen Grundlage für Leistungsänderungen liegt im Streitfall eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vor. Wenn sie sich mangels vertraglicher Grundlage zugleich als Mangel der Reise darstellt, kann die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung schon dann als erheblich anzusehen sein, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise wie vereinbart erbracht wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt. Der Besuch der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens als einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Pekings und Chinas stellte bereits für sich genommen eine wesentliche Reiseleistung dar. Sie wurde durch den Wegfall dieser Programmpunkte und ihren Ersatz durch den Besuch eines wenn auch bekannten Tempels mehr als nur geringfügig beeinträchtigt.

BGH, Urteil vom 16.1. 2018 (X ZR 44/17)

(Pressemitteilung des BGH Nr. 10 vom 17.1.2018)