Das Gericht weist die Schadensersatzklagen mehrerer Einzelpersonen und Gesellschaften betreffend die Umstrukturierung des zyprischen Bankensektors ab.
Die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des der EU vorgeworfenen Verhaltens ist nicht erfüllt.
In den erst en Monaten des Jahres 2012 gerieten mehrere in Zypern ansässige Banken, darunter die Cyprus Popular Bank (Laïki) und die Trapeza Kyprou Dimosia Etaireia (Bank of Cyprus oder BoC), in finanzielle Schwierigkeiten. Die zyprische Regierung bat deshalb den Präsidenten der Euro-Gruppe um finanzielle Unterstützung. Dieser antwortete darauf, dass die gewünschte finanzielle Unterstützung vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im Rahmen eines makroökonomischen Anpassungsprogramms gewährt werde, das in einem Memorandum of Understanding (MoU) zu konkretisieren sei. Die Verhandlungen über dieses Protokoll wurden von der Kommission zusammen mit der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf der einen und den zyprischen Behörden auf der anderen Seite geführt. Das MoU wurde daraufhin von der Kommission (im Namen des ESM) und Zypern unterzeichnet, und der ESM gewährte Zypern eine finanzielle Unterstützung.
Mehrere Einzelpersonen und Gesellschaften waren damals Inhaber von Einlagen bei der Laïki oder der BoC bzw. Aktionäre oder Anleihegläubiger dieser Banken. Die betroffenen Einzelpersonen und Gesellschaften sind der Auffassung, dass die Durchführung der mit den zyprischen Behörden vereinbarten Maßnahmen zu einem erheblichen Wertverlust ihrer Einlagen, Aktien und Anleihen geführt habe. Diese Einzelpersonen und Gesellschaften haben daraufhin beim EuGH Klage aus außervertraglicher Haftung auf Ersatz der Verluste erhoben, die ihnen durch diese Maßnahmen entstanden sein sollen.
Mit seinen Urteilen vom heutigen Tag weist das Gericht darauf hin, dass die außervertragliche Haftung der Union vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen abhängt, nämlich erstens der Rechtswidrigkeit des dem Unionsorgan vorgeworfenen Verhaltens, zweitens dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und drittens dem Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des Organs und dem geltend gemachten Schaden. Zur ersten Voraussetzung weist das Gericht darauf hin, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll, nachzuweisen ist. Nach Ansicht der Einzelpersonen und der Gesellschaften, die Klage erhoben haben, handelt es sich bei diesen Rechtsnormen im vorliegenden Fall um das Eigentumsrecht, den Grundsatz des Vertrauensschutzes und den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Die betreffenden Einzelpersonen und Gesellschaften machen zunächst geltend, dass ihnen das Eigentumsrecht an den Einlagen, die sie den oben genannten Banken anvertraut hätten, bzw. an den von ihnen gehaltenen Aktien oder Anleihen dieser Banken genommen worden sei. Hierzu weist das Gericht darauf hin, dass der Gerichtshof mit Urteilen vom 20.9.2016 (Rs C-8/15 P u.a., vgl. Pressemitteilung Nr. 102/16), drei der Maßnahmen, die gemäß dem MoU verhängt wurden, bereits geprüft hat, nämlich erstens die Übernahme der gesicherten Einlagen der Laïki durch die BoC und den Verbleib der ungesicherten Einlagen bei der Laïki bis zu ihrer Abwicklung, zweitens die Umwandlung von 37,5% der nicht gesicherten Einlagen der BoC in Aktien mit vollem Stimmrecht und Dividendenansprüchen sowie drittens das vorübergehende Einfrieren eines weiteren Teils der nicht gesicherten Einlagen. In diesen Urteilen hat der Gerichtshof entschieden, dass diese Maßnahmen nicht als unverhältnismäßiger und nicht tragbarer Eingriff, der das Eigentumsrecht antastet, angesehen werden können. Nach Auffassung des Gerichts haben die betreffenden Einzelpersonen und Gesellschaften keine Umstände dargetan, die belegten, dass diese Schlussfolgerung im vorliegenden Fall nicht gilt.
Des Weiteren prüft das Gericht die Vereinbarkeit anderer Maßnahmen mit dem Eigentumsrecht, nämlich erstens der Maßnahme im Zusammenhang mit der Minderung des Nennwerts der Stammaktien der BoC und zweitens der Maßnahme betreffend den Verkauf der griechischen Niederlassungen der BoC und der Laïki. Zunächst stellt es fest, dass die Umwandlung der Anleihen von BoC in Aktien und die Minderung des Nennwerts der Aktien der BoC bezweckten, das Eigenkapital der BoC wiederherzustellen und damit die Stabilität des zyprischen Finanzsystems und des Finanzsystems der gesamten Euro-Zone sicherzustellen. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich um eine Maßnahme, die in angemessenem Verhältnis zum angestrebten Ziel steht, da weniger einschränkende Maßnahmen nicht durchführbar gewesen wären oder die Erzielung der gewünschten Ergebnisse nicht ermöglicht hätten. Folglich stellt diese Maßnahme keinen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff dar, der gegen das Eigentumsrecht verstößt. Was den Verkauf der griechischen Niederlassungen betrifft, bestand sein Zweck darin, einen Ansteckungseffekt zwischen dem zyprischen und dem griechischen Banken- und Finanzsystem zu verhindern, um die Finanzstabilität zu gewährleisten. Angesichts der Bedeutung der verfolgten Ziele und des Umstands, dass sich der Verkauf im Rahmen eines offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens vollzogen hat, gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Verkauf der griechischen Niederlassungen keinen Verstoß gegen das Eigentumsrecht darstellte.
Zum Grundsatz des Vertrauensschutzes weist das Gericht darauf hin, dass sich der Betroffene darauf nur berufen kann, wenn ihm klare, unbedingte und übereinstimmende, aus befugten und zuverlässigen Quellen stammende Zusicherungen durch die zuständigen Unionsbehörden gemacht wurden. Die Einzelpersonen und die Gesellschaften, die Klage erhoben haben, machen geltend, dass die zuständigen Unionsbehörden ihnen übereinstimmende und klare Zusicherungen gemacht hätten, dass die im MoU vorgesehenen Maßnahmen Zypern nicht auferlegt würden. Das Gericht urteilt jedoch, dass die Einzelpersonen und Gesellschaften aus keiner der Handlungen und Verhaltensweisen, auf die sie sich in ihren Klagen berufen, ein schutzwürdiges Vertrauen herleiten konnten. Das Gericht prüft auch, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vorliegt, der einen in der Charta der Grundrechte der EU verankerten allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt.
In diesem Zusammenhang machen die Einzelpersonen und die Gesellschaften, die Klage erhoben haben, geltend, dass die Inhaber nicht gesicherter Einlagen der Laïki gegenüber den Gläubigern der Laïki, deren Ansprüche auf die Laïki gewährte außerordentliche Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assi stance oder ELA) zurückgingen, diskriminiert worden seien. Soweit die Verbindlichkeiten der Laïki aus der ELA auf die BoC übertragen worden seien, könnten sich diese Gläubiger nämlich an die BoC wenden, während die Verbindlichkeiten der Laïki gegenüber den Inhabern nicht gesicherter Einlagen annulliert würden. Das Gericht weist hierzu darauf hin, dass allein die Zentralbank von Zypern der Laïki die ELA gewährt hat und daher eine Forderung gegen die Laïki hat. Während ein privater Wirtschaftsteilnehmer (wie die Inhaber nicht gesicherter Einlagen und die Aktionäre der genannten Banken) einzig in seinem privaten Vermögensinteresse handelt, sind die Entscheidungen einer Zentralbank des Eurosystems (wie der Zentralbank von Zypern) ausschließlich durch Ziele des Allgemeininteresses geleitet, so dass die Situationen, in denen sich diese beiden Kategorien von Personen befinden, nicht vergleichbar sind und daher nicht von einer Diskriminierung die Rede sein kann.
Außerdem machen die Einzelpersonen und Gesellschaften geltend, dass diejenigen von ihnen, der en Einlagen bei den genannten Banken 100 000 Euro überschritten gegenüber den Einlegern benachteiligt würden, deren Einlagen diesen Betrag nicht überschritten. Die Einlagen bis zur Höhe von 100 000 Euro seien nämlich vollständig von dem zyprischen Einlagensicherungssystem gedeckt, während höhere Einlagen nur bis zur Höhe von 100 000 Euro gedeckt seien. Zudem seien sie gegenüber Einlegern, Aktionären und Anleihegläubigern der Banken in anderen Mitgliedstaaten, die vor Zypern eine finanzielle Unterstützung erhalten hätten, diskriminiert worden, da diese Unterstützung stets höher gewesen sei, als die Zypern gewährte Finanzhilfefazilität, ohne dass die Einlagen, Aktien und Anleihen der Banken in diesen Mitgliedstaaten betroffen gewesen seien. Schließlich seien sie auch gegenüber Anteilseignern im Sektor der Genossenschaftsbanken benachteiligt worden, da diese nicht mit Eigenmitteln saniert worden seien.
In Beantwortung dieses gesamten Vorbringens urteilt das Gericht, dass es sich um unterschiedliche Sachverhalte handelt, die nicht vergleichbar sind, sodass eine rechtswidrige Diskriminierung nicht festgestellt werden kann.
Schließlich sind die Einzelpersonen und Gesellschaften der Ansicht, gegenüber den Inhabern von Einlagen bei griechischen Niederlassungen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert worden zu sein. Während die Gewährung der Finanzhilfefazilität an die Bedingung geknüpft worden sei, dass die zyprischen Behörden eine Maßnahme der Sanierung mit Eigenmitteln erließen , die die Einlagen bei den genannten Banken in Zypern treffe, habe die Gewährung der Finanzhilfefazilität in Bezug auf die Einlagen bei denselben Banken in Griechenland nicht unter einer vergleichbaren Bedingung gestanden. Das Gericht stellt hierzu fest, dass diese Sachverhalte vergleichbar sind und in der Tat eine unterschiedliche Behandlung vorliegt, diese unterschiedliche Behandlung aber durch ein objektives und sinnvolles Ziel gerechtfertigt ist, nämlich das Erfordernis, eine Ansteckung von de m zyprischen Banksystem auf das griechische Finanzsystem zu verhindern.
Nach diesen Erwägungen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es den Einzelpersonen und Gesellschaften, die Klage erhoben haben, weder gelungen ist, einen Verstoß gegen das Eigentumsrecht noch gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach zu weisen. Da die erste Voraussetzung der außervertraglichen Haftung der Union (die Rechtswidrigkeit des einem Unionsorgan vorgeworfenen Verhaltens) nicht erfüllt ist, weist das Gericht die Schadensersatzklagen ab.
EuGH, Urteile vom 13.7.2018 (Rs T-680/13, K. Chrysostomides & Co. u.a./Rat u.a. sowie T-786/14 Bourdouvali u.a./Rat u.a.)