LG Coburg: Behaupten und Beweisen sind zwei Paar Schuhe – Zur Beweislast beim Kfz-Diebstahl

Das LG Coburg wies die Klage eines VN ab, weil er den vollständigen Beweis für einen behaupteten Kfz-Diebstahl nicht führen konnte.

Tatbestand:

Der Kl. begehrte Leistungen aus einer Teilkaskoversicherung für den behaupteten Diebstahl seines Pkw der Marke Mercedes, den er etwa zwei Jahre zuvor für knapp 7000 Euro erworben hatte. Der bekl. Versicherer verweigerte eine Regulierung des Schadens unter Hinweis auf eine Reihe von Ungereimtheiten. Der Kl. hatte im Rahmen der Schadensanzeige bei der Versicherung Angaben gemacht, die denjenigen gegenüber der Polizei bei Anzeige des Diebstahls teilweise widersprachen. Konkret betraf das den Kilometerstand und die frühere Annoncierung des Fahrzeugs zum Verkauf. Auch hatte der Kl. gegenüber dem Versicherer zunächst angegeben, niemand habe das behauptete Abstellen des Fahrzeugs gesehen, während er im Prozess hierfür jedoch einen Zeugen benannte.

Der Kl. hatte weiter behauptet, den Fahrzeugbrief verloren und ohnehin nur einen Schlüssel für den Pkw besessen zu haben. Der Versicherer verwies weiter darauf, dass der Kl. das Fahrzeug erst nach mehr als einem Jahr nach dem Erwerb auch tatsächlich angemeldet habe.

Nach Vernehmung der Zeugen des Kl. wies das LG die Klage ab.

Aus den Gründen:

Eine für den VN eigentlich geltende Beweiserleichterung hinsichtlich des behaupteten Diebstahls kam hier ausnahmsweise nicht zur Anwendung, weil das Gericht aufgrund einer Gesamtschau der vorliegenden Indizien Zweifel an der Redlichkeit des VN hatte. Der Kl. hätte deshalb den vollständigen Beweis für den behaupteten Diebstahl erbringen müssen. Ein anderweitiges Verschwinden des Fahrzeugs, beispielsweise durch bewusstes Verschieben ins Ausland, muss dann zur Überzeugung des Gerichts praktisch ausgeschlossen sein. Dazu war der Kl. jedoch nicht in der Lage.

Die Frage der Beweislast ist oft entscheidend für den Ausgang eines Rechtsstreits. Wenn ein Umstand nicht nachgewiesen werden kann, geht das zulasten derjenigen Partei, die für diesen Umstand die Beweislast trägt. Wer beispielsweise aus einem Vertrag Leistungen geltend macht, trägt für die Voraussetzungen seines Anspruchs meist die Beweislast, so auch der VN für den behaupteten Schadensfall. Weil aber Diebstähle von Fahrzeugen fast immer heimlich und ohne Zeugen geschehen, hätte der Eigentümer gegenüber seinem Kaskoversicherer häufig schlechte Karten, den behaupteten Diebstahl nachzuweisen. In aller Regel genügt es daher, wenn der VN das typische Geschehen eines Diebstahls in groben Zügen nachweist, also zum Beispiel das Abstellen des Autos zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort und das spätere Verschwinden von dort. Kann jedoch die Versicherung Umstände belegen, die schwerwiegende Zweifel an der Redlichkeit ihres VN begründen, muss dieser in der Folge die viel strengeren Anforderungen eines sogenannten Vollbeweises für den behaupteten Diebstahl erfüllen. Hierfür muss der Richter von dem behaupteten Diebstahl soweit überzeugt sein, dass vernünftige Zweifel nicht mehr vorliegen.

Die Entscheidung des LG zeigt einmal mehr, dass die Beweislastverteilung nicht selten entscheidenden Einfluss auf den Ausgang eines Rechtsstreits hat und deshalb schon vor der Erhebung einer Klage sorgfältig die vorhandenen Beweismittel geprüft werden sollten.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

LG Coburg, Urteil vom 8. 12. 2016 (22 O 95/16)

(Pressemitteilung des LG Coburg Nr. 13 vom 30. 10. 2017)