LG Coburg: Kein Vorteil für große Autos

Das LG Coburg hat eine Entscheidung des AG Lichtenfels bestätigt, mit der die Klage auf Schadensersatz wegen einer behaupteten Verkehrssicherungspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Baustelle auf einem Betriebsgelände abgewiesen wurde. Der vom Kl. vorgetragene Umstand, er habe das Hindernis auch aufgrund der Größe des von ihm geführten Pkw nicht erkennen können, verhalf auch der von ihm geführten Berufung nicht zum Erfolg.

Tatbestand:

Die Bekl. zu 1, ein Autohaus, betreibt auf ihrem Betriebsgelände eine Autowaschanlage. Die als Bekl. zu 2 in Anspruch genommene Bauunternehmung hatte auf diesem Betriebsgelände Bauarbeiten durchgeführt und hierzu die Baustelle mit Zäunen und Warnbalken abgesperrt. Außerhalb dieser Absperrung befand sich bei der Zufahrt zur Waschstraße eine Europalette mit mindestens zwei Lagen Pflastersteinen. Nach einem Abbiegevorgang kollidierte der Kl. mit seinem Pkw des Typs Mercedes S-Klasse, auf der Einfahrt zur Waschstraße mit der dort gelagerten Palette mit Pflastersteinen und forderte nun Ersatz für die an seinem Fahrzeug hierdurch entstandenen Schäden. Der Kl. hatte nach eigenen Angaben die unsachgemäß gelagerten Steine nicht sehen können, weshalb es zur Kollision gekommen sei. Demgegenüber machten die Bekl. geltend, der Kläger sei unaufmerksam und mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren und deshalb mit der ansonsten ohne weiteres sichtbaren Palette kollidiert.

Aus den Gründen:

Das zuständige AG Lichtenfels hat die Klage abgewiesen. Die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht liegt danach nicht vor, jedenfalls aber tritt eine solche hinter dem weit überwiegenden Verschulden des Kl. zurück. Hierbei hat das AG maßgeblich darauf abgestellt, dass der Kl. die Bauarbeiten erkannt hat und dass die Einfahrt zur Waschstraße auch ohne die Palette bereits soweit verengt gewesen war, dass besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit geboten waren. Auch hätte der Kl. mit Baufahrzeugen und herumliegenden Baumaterialien rechnen müssen. Die Palette hat der Kl. danach bereits bei Beginn des Abbiegevorgangs erkennen können und hätte darauf entsprechend reagieren müssen.

Das LG Coburg hat die gegen das klageabweisende amtsgerichtliche Urteil geführte Berufung des Kl. zurückgewiesen. Die Einwände des Kl., wegen der auffallend ordentlichen Baustelle habe er nicht mit Hindernissen außerhalb der Baustelle rechnen müssen und die Palette sei auf aufgrund der Größe seines Fahrzeugs, insbesondere der Länge der Motorhaube, für ihn nicht erkennbar gewesen, überzeugten auch das LG nicht. Schon nach allgemeiner Lebenserfahrung ist danach gerade bei Pflasterarbeiten damit zu rechnen, dass sich noch zu verlegende Steine auf Paletten gelagert neben der Baustelle befinden. Deren besondere Absicherung ist nach der Entscheidung des LG in nur mit Schrittgeschwindigkeit zu befahrenen Bereichen nicht üblich und würde außerdem die Bauarbeiten behindern. Die besondere Größe des klägerischen Fahrzeuges ändert am Umfang der Verkehrssicherungspflicht nichts. Vielmehr ist hierdurch gerade umgekehrt die Sorgfaltspflicht desjenigen Fahrers eines besonders großen und unübersichtlichen Autos gesteigert. Der Kläger hätte nach dem landgerichtlichen Urteil notfalls aussteigen und sich den erforderlichen Überblick verschaffen müssen.

Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht stellen beide erkennenden Gerichte ein weiteres Mal darauf ab, dass eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, nicht zu erreichen ist. Dritte sind vielmehr nur vor solchen Gefahren zu schützen, die sie selbst bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden können. Gefahren, die jedem vor Augen stehen und vor denen man sich ohne Weiteres selbst schützen kann, begründen damit in der Regel also keine besonderen Verkehrssicherungspflichten.

In einem weiteren Aspekt zeigt die Entscheidung des LG, dass gerade die außergewöhnliche Größe bzw. Unübersichtlichkeit des geführten Kfz im Fall eines Unfalls nicht als Rechtfertigung dienen kann, sondern im Gegenteil für den Fahrzeugführer erhöhte Sorgfaltspflichten begründet.

LG Coburg, Urteil vom 24. 6. 2016 (32 S 5/16)

Pressemitteilung des LG Coburg Nr. 16 vom 26. 8. 2016