OLG Hamm: Kfz-Kaskoversicherer zu spät unterrichtet – kein Anspruch

Teilt ein VN – in Kenntnis der ihm obliegenden Anzeigepflicht – seinem Kfz-Kaskoversicherer einen Unfallschaden erst knapp sechs Monate nach dem Verkehrsunfall mit, kann der Kfz-Kaskoversicherer berechtigt sein, eine Entschädigung wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzeigeobliegenheit zu verweigern. Das hat der 20. Zivilsenat des OLG Hamm entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des LG Essen bestätigt.

Der Kl. aus Essen hatte seinen Pkw Porsche Boxster beim bekl. Versicherer kaskoversichert. Mitte Juni 2016 meldete der Kl. der Bekl. einen Schadensfall vom 23.12. 2015. Nach seiner, des Kl., Darstellung war die linke Seite seines Fahrzeugs, das er in Essen am Rand einer Straße abgestellt hatte, streifenartig beschädigt worden. Diesen Schaden habe er – so der Kl. – im Januar 2016 begutachten und dann noch im Januar für ca. 5600 Euro reparieren lassen. Am Unfalltage habe er an seinem Fahrzeug einen Zettel mit einem Namen und einer Mobilfunknummer vorgefunden, mit diesen Angaben in der Folgezeit aber keinen Schädiger ermitteln können. Aus diesem Grund sei die Bekl. dann im Juni 2016 unterrichtet worden.

Die Bekl. hat meinte, sie sei leistungsfrei, weil der Kl. seine Anzeigeobliegenheit verletzt habe. Zudem hielt sie das Schadensbild für nicht plausibel und das vom Kl. eingeholte Gutachten für unbrauchbar.

Die – unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts – auf Zahlung einer Entschädigung von ca. 5300 Euro gerichtete Klage des Kl. blieb erfolglos. Nach der Entscheidung des 20. Zivilsenats des OLG Hamm konnte offenbleiben, ob sich das Schadensereignis, wie vom Kl. behauptet, zugetragen hatte.

Die Bekl. sei, so der Senat, von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden, weil der Kl. eine vertragliche Obliegenheit verletzt habe. Er habe den Schaden entgegen den Versicherungsbedingungen nicht innerhalb einer Woche nach dem Schadensereignis gegenüber der Bekl. angezeigt, sondern erst rund sechs Monate später.

Unerheblich sei insofern, dass es dem Kl. nach seinem Vortrag möglich erschienen sei, den Schädiger in Anspruch zu nehmen. Die Verpflichtung zur Schadensmeldung bestehe unabhängig davon, ob später tatsächlich eine Leistung des Versicherers in Anspruch genommen werde. Die Anzeigepflicht solle sicherstellen, dass dem Versicherer bei einer Inanspruchnahme eigene Ermittlungen möglich seien.

Die Anzeigeobliegenheit habe der Kl. vorsätzlich verletzt. Ihm sei das Erfordernis einer Meldung gegenüber der Bekl. bekannt gewesen. Das stelle der Kl. bereits nicht in Abrede. Zudem sei auch deswegen von einer vorsätzlich verzögerten Anzeige auszugehen, weil der Kl. nach eigenen Angaben anfangs auf eine Meldung gegenüber der Bekl. verzichtet habe, um zu versuchen, den Schädiger in Anspruch zu nehmen. Abgesehen davon sei es allgemein bekannt, dass ein Schadensfall dem Versicherer zeitnah nach dem Schadensereignis gemeldet werden müsse. Selbst wenn dem Kl. die konkrete zeitliche Begrenzung nicht bewusst gewesen sei, habe er jedenfalls nicht ernsthaft darauf vertrauen können, dass eine Meldung ca. ein halbes Jahr nach dem Schadensereignis und nach vollständiger Beseitigung sämtlicher Beschädigungen noch genügen könne.

Einen zur Erhaltung seines Anspruchs zu erbringenden Nachweis, dass die verzögerte Anzeige nicht dazu beigetragen habe, dass die Bekl. keine Feststellungen zum Versicherungsfall und zu ihrer Leistungspflicht mehr treffen konnte, könne der Kl. nicht führen. Zwar habe der Kl. das Fahrzeug durch einen von ihm gewählten Sachverständigen begutachten und den Sachverständigen auch die im Januar 2016 durchgeführte Reparatur bescheinigen lassen. Allerdings weise das vorgelegte Gutachten Fehler auf, zudem lasse die Bestätigung des Sachverständigen nicht erkennen, dass fachgerecht repariert worden sei. Mit seinem Vorgehen habe der Kl. der Bekl. daher die Möglichkeit genommen, den Schadensfall selbst zu untersuchen und durch einen von ihr bestimmten Sachverständigen begutachten zu lassen.

OLG Hamm, Beschluss vom 21.6.2017 (20 U 42/17)

(Pressemitteilung des OLG Hamm vom 27.9.2017)