OLG Koblenz: Vertragshändler haftet nicht für etwaige Täuschungshandlung des Herstellers (Diesel-Abgasskandal)

Der 1. Zivilsenat des OLG Koblenz hat in seinem ersten Urteil zum sogenannten Diesel-Abgasskandal entschieden, dass dem Vertragshändler eine etwaige Täuschung des Kunden durch den Fahrzeughersteller nicht zuzurechnen ist.

Die Bekl. ist Vertragshändlerin für Fahrzeuge der Marke Volkswagen. Die Kl. erwarb bei der Bekl. mit Kaufvertrag vom 8.7.2014 einen Neuwagen der Marke VW, Modell Tiguan Sport & Style mit „BlueMotion“-Technik. In dem Fahrzeug ist ein von der Volkswagen AG hergestellter Dieselmotor vom Typ EA 189 verbaut. Das erworbene Fahrzeug bzw. der darin verbaute Motor ist vom sogenannten „Abgasskandal“ betroffen. Die Kl. erklärte die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung und begehrte die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, sowie Ersatz der aufgewendeten Kfz-Steuer und der geleisteten Beiträge zur Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG Koblenz wies die Berufung der Kl. zurück.

Unstreitig ist die Kl. nicht durch die Bekl. und ihre Mitarbeiter getäuscht worden. Die Bekl. hatte ebenso wie die Kl. erst durch die mediale Berichterstattung von den Manipulationsvorwürfen erfahren. Soweit die Kl. sich auf eine Täuschung der Kunden durch die Volkswagen AG gestützt hat, wäre eine solche Täuschung durch den Fahrzeughersteller der Bekl. nicht zuzurechnen. Es greift auch insoweit die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach der Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers ist, der die Sache an den Kunden verkauft. Der Hersteller ist im Regelfall – so wie hier – nicht in den Pflichtenkreis des Händlers einbezogen. Im Streitfall hat auch die Stellung der Bekl. als Vertragshändlerin hieran nichts geändert. Bei der Bekl. handelt es sich um eine eigenständige juristische Person, die die Verträge im eigenen Namen schließt. Sie trägt das mit dem Absatz der Waren verbundene wirtschaftliche Risiko. Die Volkswagen AG war weder unmittelbar am Vertragsschluss noch an der Übergabe des Fahrzeugs beteiligt. Die Bekl. hat auch gegenüber der Kl. keinen gegenteiligen Rechtsschein erzeugt. Die Kl. konnte daher den Kaufvertrag nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Da nach alledem auch eine schuldhafte Pflichtverletzung oder unerlaubte Handlung der Bekl. nicht festgestellt werden konnte und eine Zurechnung auch insoweit nicht erfolgt, war auch kein Anspruch auf Schadensersatz begründet.

Der Senat hatte sich hier nicht mit der Frage einer Mängelhaftung nach Gewährleistungsrecht auseinanderzusetzen, da die Kl. ihre Ansprüche ausdrücklich nicht hierauf gestützt hat.

OLG Koblenz, Urteil vom 28.9.2017 (1 U 302/17)

(Pressemitteilung des OLG Koblenz vom 28.9.2017)