BAG: Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit Kartellbußen

Stellen sich in einem Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen kartellrechtliche Vorfragen i.S.v. § 87 S. 2 GWB und kann der Rechtsstreit ohne Beantwortung dieser Fragen nicht entschieden werden, sind die Gerichte für Arbeitssachen für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht (mehr) zuständig. Vielmehr sind die bei den ordentlichen Gerichten gebildeten Kartellspruchkörper ausschließlich zuständig.

Tatbestand:

Die Kl. ist ein Stahlhandelsunternehmen. Der Bekl. war Geschäftsführer der Kl. Das Bundeskartellamt verhängte gegen diese wegen wettbewerbswidriger Kartellabsprachen beim Vertrieb von Schienen und anderen Oberbaumaterialien („Schienenkartell“) Geldbußen in Höhe von insgesamt 191 Mio. Euro. Mit ihren Klageanträgen zu 1 und 2 begehrte die Kl. vom Bekl. Schadensersatz in Höhe der von ihr gezahlten Geldbußen. Darüber hinaus machte sie gegenüber dem Bekl. weitere Schadensersatzansprüche geltend.

Das ArbG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das LAG hat durch Teilurteil die Klageanträge zu 1 und 2 mit der Begründung abgewiesen, die Kl. könne vom Bekl. aufgrund kartellrechtlicher Wertungen keinen Ersatz verlangen. Die Revision der Kl. hatte Erfolg.

Aus den Gründen:

Das LAG hat entgegen den Vorgaben des § 87 S. 2 GWB seine Zuständigkeit zur Entscheidung des Rechtsstreits angenommen. Das Berufungsgericht hat zudem durch unzulässiges Teilurteil über die Klageanträge zu 1 und 2 entschieden. Aufgrund der bislang vom LAG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob der Rechtsstreit ohne Beantwortung der kartellrechtlichen Vorfragen entschieden werden kann. Auch dies führte zur Aufhebung des Teilurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LAG zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

BAG, Urteil vom 29. 6. 2017 (8 AZR 189/15)

(Pressemitteilung des BAG  Nr. 30 vom 29. 6. 2017)

§ 87 GWB (Ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte) lautet:

1 Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung von Vorschriften des Teils 1, des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betreffen, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands die Landgerichte ausschließlich zuständig. 2 Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach diesem Gesetz zu treffen ist, oder von der Anwendbarkeit des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum abhängt.