BVerwG: Befugnisse der BaFin bei der Aufsicht über Erstversicherungsunternehmen

Die im VAG geregelte Aufsicht der BaFin über Erstversicherungsunternehmen erstreckt sich auf die Wahrung der Belange der Versicherten bei der Bearbeitung von Beschwerden. Das hat das BVerwG [am 21.4.2021 in insgesamt 20 Parallelverfahren] entschieden.

Die Kl. sind österreichische Versicherungsunternehmen, die in Deutschland Erstversicherungen anbieten. Die BaFin ordnete mit der angegriffenen Sammelverfügung an, dass alle zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Erstversicherungsunternehmen jährlich zum 1. 3. einen Beschwerdebericht einzureichen hätten.

Das VG hat diese Anordnung aufgehoben, soweit sie Rechtswirkung gegenüber den Kl. entfaltet. Der VGH hat die Berufung der BaFin zurückgewiesen [vgl. VGH Kassel, VersR 2020, 819 in einem Parallelverfahren]. Die Sammelverfügung habe zwar eine Rechtsgrundlage im nationalen Recht, diese sei jedoch mit Unionsrecht nicht vereinbar. Die Richtlinie 2009/138/EG vom 25. 11. 2009 lasse nur eine Rechtsaufsicht über die Versicherungsunternehmen zu. Die Mitgliedstaaten dürften keine darüber hinaus gehenden Aufsichtsmaßnahmen vorsehen. Dem widerspreche die gesetzliche Ermächtigung zu Aufsichtsmaßnahmen zur ausreichenden Wahrung der Belange der Versicherten.

Das BVerwG hat die Berufungsurteile aufgehoben und die Rechtsstreitigkeiten an den VGH zurückverwiesen. Die der BaFin im VAG zugewiesene Aufsicht über Erstversicherungsunternehmen umfasst auch die Wahrung der Belange der Versicherten. Hierbei handelt es sich um eine Rechtspflicht der Versicherungsunternehmen, die ihr Verhältnis zu den Kunden ausgestaltet und in zahlreichen verbraucherschützenden Vorschriften konkretisiert ist. Einer hierauf bezogenen Aufsicht steht weder das Unionsrecht noch das nationale Verfassungsrecht entgegen. Gegenstand dieser Aufsicht ist auch die Bearbeitung von Beschwerden der Versicherten durch die Unternehmen. Der VGH wird nunmehr zu klären haben, ob die Voraussetzungen für die Anforderung eines jährlichen Beschwerdeberichts im Einzelfall jeweils gegeben sind.

BVerwG, Urt. v. 21.4.2021 – 8 C 7.20

(Pressemitteilung des BVerwG Nr. 24 vom 21.4.2021)