Rezension: Bürgerliches Gesetzbuch – Band 2: Schuldrecht, Teil 1 §§ 241–610 und Teil 2 §§ 611–853

Mit dem Nomos-Kommentar, dem Anwaltskommentar zum BGB, sind die Gesamtherausgeber Dauner-Lieb, Heidel und Ring in die 3. Aufl. gestartet. Schon vom Umfang her ist die Kommentierung des Schuldrechts ein Großkommentar. Eine Vielzahl ausgewiesener Zivilisten von hohem wissenschaftlichem Rang kommentiert das Recht der Schuldverhältnisse. Ihre Zahl bedeutet, dass nicht auf alle Autoren und die Einzelheiten der Kommentierung eingegangen werden kann.
Krebs beginnt Bd. 2/1 mit den §§ 241 ff. und widmet sich – schon wie in der Vorauflage – der Bestimmung des § 241 a (unbestellte Leistungen), der im deutschen Recht immer noch keine praktische Bedeutung erlangt hat. Die Kommentierung des § 242 ist im Wesentlichen unverändert geblieben.
Bergdolt kommentiert ab §§ 244 ff. (Fremdwährungs- und Sortenschuld). Es lohnt sich ein Blick in § 247 (Basiszinssatz), der nicht mehr, wie in der Bestimmung ausgewiesen, 3,62 % beträgt, sondern inzwischen seit Längerem negativ geworden ist, was Bedeutung für die Höhe der Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 hat.
Magnus beginnt die Kommentierung zu den §§ 249 ff. und in diesem Rahmen bearbeitet Huber die wichtige Bestimmung des § 253. Huber vertieft und ergänzt u. a. die Darstellung zum Angehörigenschmerzensgeld, das derzeit in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gesetzlich geregelt ist, was aber in dieser Legislaturperiode noch geschehen soll (Rn. 71–71 f). Es folgen weitere Kommentatoren, bevor die Mitherausgeberin Dauner-Lieb die bedeutsamen §§ 275–283 und 285 bearbeitet. Anschließend erläutern Schulte-Nölke den Schuldnerverzug (§§ 286) und Schmidt-Kessel das Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 274) und den Gläubigerverzug (§§ 293–304).
Auf die umfangreiche Kommentierung von Kollmann zu den Regeln der AGB (§§ 305–310) folgt mit Becker ein Kommentator, der von Krebs die Bearbeitung des § 311 übernommen und erweitert hat. Zu den §§ 311 a–c hat sich nicht viel Neues getan, was auch für weitere Bestimmungen des Abschn. 3 gilt, deren Bearbeiter Dauner-Lieb, Ring, Krebs/Jung, Wagner und Tettinger sind (§§ 311 a–322). Nach den Normen zum Rücktritt (§§ 323–326) bearbeitet Preuß das in §§ 328–335) geregelte Versprechen der Leistung an einen Dritten. Folgerichtig schließt die Kommentierung von Moos daran an mit einem Anhang zu den §§ 328–335 unter dem Titel „Lebensversicherung“.
Die umfangreichen Darstellungen von Hager zum Rücktrittsrecht (§§ 346 ff.) und die anschließende Kommentierung von Ring zu Widerrufs- und Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen überzeugen. Sie sind wissenschaftlich vertieft und auf dem neuesten Stand.
Die Bearbeitung der einzelnen Schuldverhältnisse beginnt Büdenbender mit dem Titel Kauf und Tausch (§§ 433 ff.). In dieses umfangreiche Kapitel eingebettet sind mehrere Anhänge von Thau zu Mängelhaftung beim Immobilienkauf, von Büdenbender und Oltmanns zum Unternehmenskauf einschließlich Gesellschafts- und Steuerrecht, von Eggert zum Autokauf, von Adolphsen zum Tierkauf und von Matusche-Beckmann zum UN-Kaufrecht CISG. Allein diese Aufzählung zeigt, dass es den He­rausgebern gelungen ist, ausgewiesene Spezialisten zu Sonderfragen zum Recht der Schuldverhältnisse in die Kommentierung einzubeziehen.
Den Miet- und Pachtvertrag (§§ 535 ff.) kommentieren Klein-Blenkers, Riecke, Hinz, Frommeyer und Scheff. Besonders wichtig und aktuell ist die Darstellung von Frommeyer zu §§ 556 a und b sowie Hinz zu den §§ 556 c–g. Die Anhänge zum WEG, Leasing, Franchiserecht und Software-Vertragsrecht sind bearbeitet von Riecke/Schmidt, Reinking, Giesler und Schmidl. Gerade der Beitrag von Schmidl zum Software-Vertragsrecht (§§ 535–580 a Anh. IV) hilft dem Praktiker bei der Abgrenzung vom Kaufrecht zum Werkvertragsrecht und zu den Grenzen der Ansprüche der Besteller einer Software gegenüber dem Hersteller in Bezug auf den Umfang und die Dauer der Softwarepflege, zumal die Rechtsprechung zu diesen Themen und Problemen noch nicht abgeschlossen ist.
Band 2/2 beginnt mit der Kommentierung der §§ 611–630 und wird zum Dienstvertrag nunmehr von Klappstein bearbeitet. Im Anhang zu diesen Normen kommentiert vom Stein die Anwaltshaftung aus Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter.
Neu im Abschnitt zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag sind nicht nur die §§ 630 a–h, sondern auch deren Bearbeiter Voigt, der dem Institut Katzenmeier angehört. Die neuen Bestimmungen enthalten das sogenannte Patientenrechtegesetz (PatRG), das am 26. 2. 2013 in Kraft getreten ist. Es ist schon erstaunlich, dass dem jungen Kollegen von den Herausgebern für die acht neuen Paragrafen insgesamt 60 S. freigegeben wurden, zumal Katzenmeier die Kommentierung des Arzthaftungsrechts bei den §§ 823 ff. vorbehalten ist, der dort sehr eingehend und souverän die §§ 823–838, 840, 841 und damit im Arzthaftungsrecht den Behandlungsfehler nicht als Vertragsverletzung, sondern als unerlaubte Handlung beleuchtet. Voigt bearbeitet die neuen Normen sehr geschickt, informiert den Leser jeweils über die historische Genese, Regelungsziele und -technik der Normen, über Reformvorschläge und die Stellung des Behandlungsvertrags im System des bürgerlichen Rechts. Zu den einzelnen Bestimmungen gibt er praktische Hinweise, insbesondere zur Beweislast. Die positive Bewertung dieser Darstellung erfolgt in einer Zeit, in der die Gerichte, insbesondere die OLG und der BGH, noch so gut wie keine Entscheidungen zum PatRG getroffen haben.
Die Kommentierung von Voigt zum PatRG ist das Beste, was die juristische Literatur zu diesen neuen BGB-Normen derzeit zu bieten hat. In den einbändigen BGB-Kommentaren besteht aus Raumgründen keine Möglichkeit, im notwendigen Umfang neue gesetzliche Bestimmungen dieser Bedeutung angemessen zu kommentieren.
Das Werkvertragsrecht hat wiederum Raab bearbeitet. Es folgen als Anhang zu den §§ 631 ff. die gründlich überarbeitete Kommentierung der Planungsverträge durch Langen, das Vergaberecht durch Kus, der VOB/B-Bauvertrag durch Leupertz und Vertragstypen im Baurecht durch Langen. Auch diese Aufzählung zeigt, dass das Konzept, spezielle Vertragstypen in geschlossenen Kapiteln zu kommentieren, den Kommentar zu einem besonders wertvollen Arbeitsmittel für den Praktiker macht.
Danach folgen Niehues zum Reisevertragsrecht (§§ 651 a–m), Wichert zum Maklervertrag (§§ 652 ff.), Ring zur Auslobung und Schwab zum Auftragsrecht und zur Geschäftsbesorgung (§§ 662 ff.).
Beesch kommentiert wie in der Vorauflage sehr umfangreich das seit 2009 geltende neue Zahlungsdiensterecht (§§ 675 c–676 c). Er stützt sich auf eine umfangreiche Literatur, da Entscheidungen zu diesen Normen kaum ergangen sind.
Nach Schwab (Geschäftsführung ohne Auftrag) und Klingelhöfer (Verwahrung und Gastwirtshaftung) kommentiert nun Heidel das Gesellschaftsrecht (§ 705 ff.). Auch in diesem Rechtsgebiet hat neuere Rechtsprechung des EuGH und des BGH einige Ergänzungen erforderlich gemacht.
Besonders wichtig sind hier die Anhänge von Eckardt (Die GbR im Verfahrensrecht) und von Scheef (Recht der ARGE) sowie zu § 728 der Anhang von Eckardt (Die GbR im Insolvenzverfahren).
Die Bearbeitung der §§ 823 ff. durch Katzenmeier – ein weiterer der vielen Höhepunkte dieses Kommentars – umfasst rd. 280 S., ein Beweis dafür, dass dieser Materie der ihr zustehende Raum freigegeben ist. Nach einer umfangreichen Vorbemerkung u. a. zur Bedeutung des Rechts der unerlaubten Handlung, seiner Stellung im Rechtssystem und zur Funktion des Deliktsrechts, ist die Kommentierung insbesondere zum Arzthaftungsrecht umfassend ausgefallen. Trotz der §§ 630 a–h, die sein Schüler Voigt bearbeitet hat, sind die Ausführungen noch umfangreicher geworden, u. a. weil die Kommentierung – bedingt durch das PatRG – zur nun geforderten wirtschaftlichen Aufklärung (Rn. 386 a), der Pflicht des Arztes zur Offenbarung von Behandlungsfehlern (Rn. 386 b) und ferner zu den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen und zur Mediation (Rn. 418 a und 418 b) ergänzt wurde. Katzenmeier spart auch hier nicht mit seiner Kritik, dass der Rechtsprechung eine überzeugende dogmatische Begründung zum groben Behandlungsfehler immer noch nicht gelungen ist (§ 823 Rn. 437).
Auf die Darstellung des Amtshaftungsrechts (§ 839) durch Muthers folgt die Bearbeitung von Huber zu § 839 a, einer Norm, die durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften im Jahr 2002 eingefügt wurde. Schon in der Vorauflage hatte Huber zahlreiche Stimmen der Literatur zu der recht jungen gesetzlichen Regelung verarbeitet. Neuere Rechtsprechung gab Veranlassung zu zahlreichen Ergänzungen.
Huber kommentiert auch die §§ 842 ff., die die Ersatzpflicht bei Personenschäden regeln. Der Ausgleich von Erwerbsschaden und vermehrten Bedürfnissen und die Kapitalisierung von Renten sind eine Domäne der Versicherungswirtschaft und werden meist durch Vergleich außergerichtlich geregelt, sodass die dazu erforderlichen Spezialkenntnisse dem durchschnittlichen Richter weitgehend fehlen. Umso erfreulicher ist es, dass Huber Literatur und Rechtsprechung ausgewogen und umfassend darstellt.
Die §§ 842, 843 sind umfassend neu bearbeitet, was zu einer Umfangvermehrung von rd. 10 % geführt hat. Nur beispielhaft kann auf die unübertroffene Darstellung zur Kapitalisierung von Renten (Rn. 274 ff.) hingewiesen werden, die in erfreulicher Deutlichkeit anderen Autoren entgegentritt, die verschweigen, dass der Zusammenbruch des Kapitalmarkts und des Zinsniveaus rein wirtschaftlich eine Kapitalisierung von 0 % oder 1 % erfordert und nicht weiterhin von 5 %, wie viele es unverändert jedenfalls seit 2006 zu Unrecht fordern.
Der Bd. 2/2 schließt mit der Kommentierung zum ProdHaftG (Katzenmeier), zum UklaG (Walker), zur BGB-InfoV (Niehuus) und zu den Verbrauchsgüterkaufrichtlinien – KaufRL (Pfeiffer).
Diese Zusammenfassung soll zeigen, dass Herausgebern und Kommentatoren ein gegenüber der Vorauflage qualitativ noch höherwertiges, großartiges Werk gelungen ist. Mag bei der Bearbeitung von Rechtsfragen für die erste Einschätzung ein Kurzkommentar genügen, Rechtsanwälte, Richter und alle im Zivilrecht tätigen Juristen können auf diesen umfassend informierenden Kommentar, der erfreulicherweise vielfach auf den allerneuesten Stand gebracht wurde, nicht verzichten, wenn sie sorgfältig und mit vertieften Begründungen, sachlich und fundiert, arbeiten wollen.
Der Rezensent, Lothar Jaeger, ist Vorsitzender Richter am OLG Köln a. D. und Mitglied der Schriftleitung der Zeitschrift Versicherungsrecht.

Bürgerliches Gesetzbuch
Band 2: Schuldrecht, Teil 1 §§ 241–610 und Teil 2 §§ 611–853
Von Barbara Dauner-Lieb und Werner Langen (Hrsg.)
(Nomos-Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 3. Aufl. 2016, geb., 5893 S., ISBN 978-3-8487-1102-4, 298 Euro)

(abgedr. in VerR 2016, 1546)