Rezension: Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB)

Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB)
Kommentar

Von Wolfgang Halm, Andrea Kreuter und Hans-Josef Schwab
(Luchterhand Verlag, Köln, 2. Aufl. 2015, LXI und 2208 S., ISBN: 978-3-472-08408-2, 139 Euro)
I. Die Kraftfahrtversicherung ist einer der wichtigsten Versicherungszweige. Eine detaillierte gesetzliche Regelung fehlt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben sich im Wesentlichen aus den allgemeinen Bestimmungen des VVG, den Sonderregeln des VVG zur Pflichthaftpflichtversicherung sowie dem PflVG und der KfzPflVV. Im Übrigen werden regelmäßig die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) vereinbart. Dabei handelt es sich um unverbindliche Musterbedingungen, die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) empfohlen werden. Den AKB kommt daher bei der praktischen Rechtsanwendung eine zentrale Bedeutung zu. Das vorliegende, von Wolfgang E. Halm, Andrea Kreuter-Lange und Hans-Josef Schwab in 2. Aufl. herausgegebene Werk enthält hierzu eine umfassende Kommentierung. Dabei werden bereits die erst kürzlich vom GDV vorgelegten AKB 15 (Stand 19. 5. 2015) zugrunde gelegt. Die Vorauflage aus dem Jahr 2010 hatte dagegen die AKB 08 behandelt. Der Kommentar enthält eine Synopse, der sich die Unterschiede zwischen den AKB 08 und den AKB 15 entnehmen lassen (S. 373–403). Auch bei der Kommentierung der einzelnen Klauseln wird auf die Abweichungen des neuen Klauselwerks von den AKB 08 eingegangen.
In dem Werk finden sich außerdem Kommentierungen der für die Kfz-Versicherung wichtigen gesetzlichen Vorschriften aus dem VVG, dem PflVG und der KfzPflVV (S. 1–372). Hinzu kommen Kommentierungen einiger weiterer Musterbedingungen des GDV, die einen engen Zusammenhang mit der Kraftfahrtversicherung aufweisen und deren Schutz ergänzen. Konkret handelt es sich um die Ergänzenden Bedingungen für die Kfz-Umweltschadenversicherung (Kfz-USV 15), die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Auto- und Reiseschutzbrief (AVAR), die Allgemeinen Bedingungen für die Camping-Versicherung 1985/2008 sowie die Besonderen Bedingungen für die Zusatzhaftpflichtversicherung für Kfz-Handel und -Handwerk (BB Handel/Handwerk). Darüber hinaus finden sich noch Erläuterungen zur Versicherung von sonstigen Gegenständen im Fahrzeug (z. B. Gepäck der Insassen), zur Kfz-Güterfolgeschadenversicherung und zum Ausland-Schadenschutz. Hierbei handelt es sich um zusätzliche Elemente, die von einigen Versicherern angeboten werden, ohne dass es dazu bereits Musterbedingungen des GDV gibt. Die Benutzer des Werks erhalten damit auch über den Kernbereich der AKB hinaus die notwendigen Informationen, um alle versicherungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Kfz umfassend und zuverlässig klären zu können.
Gegenüber der Vorauflage wurde der Umfang des Werks um etwa 900 S. erweitert. Dies zeigt, dass die Beteiligten sich nicht mit einer bloßen Aktualisierung begnügt haben. Dem großen Umfang des Werks entspricht es, dass außer den drei Herausgebern acht weitere Autoren mitgewirkt haben. Alle Bearbeiter haben langjährige reichhaltige Erfahrungen auf dem Gebiet des Versicherungs- und Verkehrsrechts. Die Kommentierungen weisen durchweg eine hohe Qualität auf und werden den Bedürfnissen der Praxis in jeder Hinsicht gerecht.
II. In Anbetracht des Umfangs des Werks ist es nicht möglich, auf alle Kommentierungen näher einzugehen. Folgende Aspekte sollen aber beispielhaft hervorgehoben werden.
1. Die AKB 2008/2015 behandeln unter Nr. A.1 die Kfz-Haftpflichtversicherung. Die einschlägigen Musterbedingungen werden von Andrea Kreuter-Lange und Hans-Josef Schwab kommentiert. Schwab geht eingangs auch auf die interessante Frage der sogenannten Mallorca-Police ein (Nr. A.1.1 AKB Rn. 7 ff.). Das Problem ergibt sich daraus, dass die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung nicht den Fall abdeckt, dass der VN ein fremdes Fahrzeug führt. Bei der Anmietung fremder Fahrzeuge im Ausland können sich hieraus Deckungslücken ergeben, da die Mindestversicherungssummen in vielen ausländischen Staaten wesentlich niedriger als in Deutschland sind. Dies macht sich für den Schädiger besonders nachteilig bemerkbar, wenn der Geschädigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt ebenfalls in Deutschland hat. Denn nach Art. 4 Abs. 2 Rom-II-Verordnung ist dann das deutsche Recht (mit seinen vergleichsweise hohen Standards bei Schadensersatz und Schmerzensgeld) anwendbar. Schwab merkt an, dass der Schutz des VN durch seine eigene Kfz-Haftpflichtversicherung über die sogenannte Mallorca-Police auf fremde Fahrzeuge ausgedehnt werden könne. Falls beim Vertragsschluss bekannt sei oder deutlich werde, dass der VN im Ausland häufig Fahrzeuge anmietet, könne der fehlende Hinweis auf die mögliche Zusatzdeckung ein Beratungsverschulden begründen.
2. Eine zweite besonders wichtige Art der Kfz-Versicherung ist die Kaskoversicherung (Nr. A.2 AKB 2008/2015), die von Jürgen Stomper kommentiert wird. Bei der Darstellung der versicherten Ereignisse geht der Autor sehr ausführlich auf die Beweislastverteilung beim Kfz-Diebstahl ein (Nr. A.2.2.1 AKB Rn. 125 ff.). Dabei wird das sogenannte Drei-Stufen-Modell der Rechtsprechung zugrunde gelegt, das auf einer Kombination von Beweis­erleichterungen für den VN und den Versicherer beruht. Der VN kann sich zunächst darauf beschränken, das „äußere Bild“ eines Diebstahls nachzuweisen. Der Versicherer muss dann konkrete Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich der Schluss ziehen lässt, dass die Entwendung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht wurde. Gelingt dies, so hat der VN den Vollbeweis für den Versicherungsfall zu erbringen. Zu den Beweiserleichterungen auf den ersten beiden Stufen gibt es zahlreiche instanzgerichtliche Entscheidungen, die in der Kommentierung nachgewiesen sind. Sehr instruktiv sind auch die Ausführungen zur Leistungskürzung nach Nr. A.2.9.1 bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens. Die Kommentierung behandelt hier nicht nur die allgemeinen Grundsätze der Quotelung bei grober Fahrlässigkeit (Rn. 25–80), sondern enthält auch umfassende Nachweise aus der Rechtsprechung zu den einzelnen Fallgruppen der groben Fahrlässigkeit und den jeweiligen Kürzungsquoten (Rn. 91–355).
3. Die AKB 15 enthalten in dem neuen Nr. A.5 erstmals spezielle Musterbedingungen zur Fahrerschutzversicherung. Es handelt sich dabei um eine Kfz-Unfallversicherung, die ausschließlich in dem Fall eingreift, dass der Fahrer des versicherten Fahrzeugs verletzt oder getötet wird. Der Unterschied zu einer „normalen“ Unfallversicherung besteht darin, dass die Fahrerschutzversicherung keine Summenversicherung, sondern eine Schadensversicherung ist. Die Leistungen richten sich nämlich nach dem tatsächlich entstandenen Schaden. Die einzelnen Klauseln zur Fahrerschutzversicherung werden von Hans-Josef Schwab kommentiert. Er geht dabei u. a. auf das Problem ein, dass viele einschlägige Verträge eine Altersgrenze enthalten (vgl. Nr. A.5.2 AKB Rn. 4 ff.). Konkret geht es vor allem um den Ausschluss jüngerer Fahrer, z. B. von Fahrern unter 23 Jahren. Eine solche Differenzierung könnte gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen. Schwab vertritt hierzu indes die Auffassung, die Differenzierung sei durch triftige Gründe gerechtfertigt, die jüngere Fahrer nicht unangemessen benachteiligten. Er verweist dabei insbesondere darauf, dass der auszugleichende Restschaden bei jüngeren Fahrern höher sei. Legt man diese Überlegung zugrunde, so wäre die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 20 Abs. 2 S. 2 AGG zulässig, da sie auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht.
III. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die 2. Aufl. des AKB-Kommentars von Halm/Kreuter/Schwab durch die Aktualität und Qualität der Kommentierungen besticht. Der Umfang der dabei verarbeiteten Rechtsprechung ist beeindruckend. Das Werk ist damit jedem zu empfehlen, der sich mit praktischen Fragen der Kraftfahrtversicherung beschäftigt.
Der Verfasser der Rezension, Prof. Dr. Dirk Looschelders, ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung sowie Privatversicherungsrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Mitglied der Schriftleitung der Zeitschrift Versicherungsrecht.

(abgedr. in VersR 2016, 771)