OLG Düsseldorf: Kleinkind überschwemmt Badezimmer – keine Haftung der aufsichtspflichtigen Eltern

Die Eltern eines dreieinhalbjährigen Kindes begehen keine Aufsichtspflichtverletzung, wenn ihr Kind allein schlafen gelegt wird, dann aber unbeobachtet aufsteht und im Badezimmer einen Wasserschaden verursacht. Darauf wies der für Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen zuständige 4. Zivilsenat des OLG Düsseldorf in einem bislang nicht veröffentlichten Beschluss vom 26. 4. 2018 (I-4 U 15/18) hin. Weiterlesen…

Amtsgericht Nürnberg: Eltern haften für ihre Kinder – auch bei der Nutzung des Internets

Das AG Nürnberg hat entschieden, dass der Anschlussinhaber (Eltern) nach einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen verpflichtet ist, im Rahmen seiner Aufsichtspflicht die von minderjährigen Kindern genutzte Hardware darauf zu kontrollieren, ob dort die von der Abmahnung betroffenen Programme oder Dateien vorhanden sind.

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OLG Stuttgart: Mutter des „Amokläufers von Winnenden und Wendlingen“ haftet nicht wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht

Die Mutter von Tim K., der am 11.3.2009 in Winnenden und Wendlingen 15 andere Menschen und sich selbst getötet hat, haftet nicht wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht. Der klagende SVT hat seine Berufung gegen ein Urteil des LG Stuttgart vom 7.8.2015 zurückgenommen.

Zuvor hatte der 13. Zivilsenat unter dem Vorsitz von Jürgen Kaulig darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen. Zum einen sei nach der rechtsfehlerfreien Beweisaufnahme des LG davon auszugehen, dass die beklagte Mutter vor dem 11.3.2009 keine Kenntnis von einer im Schlafzimmerschrank ihres Mannes versteckten Schusswaffe hatte oder hätte haben müssen. Zum anderen seien im Prozess keine Anhaltspunkte ersichtlich geworden, die zu einer erhöhten Aufsichtspflicht über den zum Tatzeitpunkt fast volljährigen Tim K. führten. Auch nach der ärztlichen Einschätzung, der die Beklagte habe vertrauen dürfen, habe nichts darauf hingedeutet, dass sein sozial auffälliges Verhalten in ein aggressives und gewalttätiges Verhalten „umschlagen“ könnte.

Aufgrund der Berufungsrücknahme ist das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 7.8.2015 rechtskräftig. Von vornherein nicht mit der Berufung angegriffen war es, soweit es die Haftung des Vaters von Tim K. dem Grunde nach bejaht hat.

(OLG Stuttgart – 13 U 138/15 -; LG Stuttgart – 15 O 44/14)
Relevante Normen:

§ 832 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.

Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 27. 7. 2016

AG München: Nur ein Steinwurf vom Kindergarten entfernt

In einer aktuellen Pressemitteilung behandelt das AG München einen Fall, der am 1. 12. 2015 entschieden wurde. Hier ging es um die Aufsichtspflicht von von Mitarbeitern in einem Kindergarten:

„Zur Erfüllung der Aufsichtspflicht von Mitarbeitern in einem Kindergarten ist es ausreichend, dass üblicherweise in einem Abstand von 15 bis 30 Minuten das Spiel von bisher unauffälligen 5-jährigen Kindern außerhalb der Wohnung überwacht wird.“

Tatbestand

„Der Kläger aus Puchheim stellte am 19.9.2013 seinen PKW ordnungsgemäß am Straßenrand im Gemeindegebiet von Puchheim ab. An diesem Tag spielten die Kinder eines Kindergartens gegen Mittag im Freigelände des Kindergartens, der sich in unmittelbarer Nähe des Parkplatzes befindet. Zwei Kinder, unter anderen der 5-jährige Benno (Name geändert), warfen mit mehreren größeren Steinen und trafen dabei auch den PKW des Klägers. Es entstand ein Schaden in Höhe von 2335,38 Euro.

Der PKW-Halter wirft dem Kindergarten vor, dass die Aufsichtspflicht verletzt worden sei und verlangt den Schaden vom Träger des Kindergartens ersetzt. Dieser weigert sich zu zahlen. Die Mitarbeiter seien ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen. Die beiden im Garten befindlichen Kinder seien von einer Mitarbeiterin vom Gruppenraum aus beaufsichtigt worden. Die Kinder seien regelmäßig darüber belehrt worden, dass grundsätzlich keine Gegenstände über den Zaun geworfen werden dürfen. Dies sei im Kindergarten eine feste Regel.“

Wie wurde entschieden?

„Der Kläger erhob Klage zum Amtsgericht München.

Die zuständige Richterin wies die Klage ab.

Sie ist der Überzeugung, dass die Erzieher ihrer Aufsichtspflicht genügt haben. „Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich nach Alter, Eigenart und Charakter der Aufsichtsbedürftigen und den Besonderheiten des örtlichen Umfeldes, dem Ausmaß der drohenden Gefahren, der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie der Zumutbarkeit für den Aufsichtspflichtigen“, zitiert das Gericht ein Urteil des Bundesgerichtshofs.

Bei der Abwägung seien die kindlichen Eigenheiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. „Bei altersgerecht entwickelten Kindern im Kindergartenalter von 5 bis 6 Jahren wird -in der Erwartung des hier bereits gegebenen Einsetzens einer rationalen Verhaltenssteuerung und unter Berücksichtigung eines verantwortbaren pädagogischen Ermessensspielraums- eine permanente Überwachung grundsätzlich nicht mehr geboten sein“, so das Gericht.

Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass es sich um Kinder im Vorschulalter und lediglich um zwei Kinder und nicht eine größere Gruppe gehandelt hat, bei welcher eine gewisse Gruppendynamik zu erwarten gewesen wäre. Der Junge Benno habe in der Vergangenheit nach Angaben der Erzieherin keine Verhaltensauffälligkeiten gezeigt. „Die Rechtsprechung erachtet üblicherweise einen Kontrollabstand von 15 bis 30 Minuten als ausreichend, um das Spiel von bisher unauffälligen 5-jährigen Kindern außerhalb der Wohnung zu überwachen“, so das Gericht weiter. Dieser Kontrollabstand sei eingehalten worden. Es habe auch keine besondere Veranlassung bestanden, dass die Aufsichtspflichtigen damit hätten rechnen müssen, dass einer der beiden Jungen Steine über den Zaun auf davor parkende Autos wirft.

Urteil des Amtsgerichts München vom 1.12.2015 Aktenzeichen 133 C 20101/15

Das Urteil ist rechtskräftig.“

AG München: Pressemitteilung 51/16 vom 1. 7. 2016