SG Dortmund: Lautsprecherdurchsage im Möbelhaus begründet keinen Arbeitsunfall

Ein Versicherter, der einen Tinnitus darauf zurückführt, dass er mehrfach ausgerufen worden sei, hat keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies hat das SG Dortmund im Fall eines Möbelverkäufers entschieden. Weiterlesen…

SG Karlsruhe: Versorgung mit Zahnersatz durch Berufsgenossenschaft nach Arbeitsunfall bei Vorschädigung der Zähne durch Parodontitis

Die Klägerin erlitt bei Sortierarbeiten im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in einem Postverteilungszentrum einen Arbeitsunfall. Ein Paket fiel von oben auf ihr Gesicht. Die dabei erlittenen Prellungen führten zunächst nicht zu ärztlicher Behandlungsbedürftigkeit. Einige Wochen später entwickelten sich Vereiterungen und starke Schmerzen; die Zähne 24 und 26 mussten gezogen werden. Die Klägerin begehrte von der zuständigen Berufsgenossenschaft unter Vorlage eines von ihrem Zahnarzt erstellten Heil- und Kostenplans die Versorgung mit einer Brücke im Oberkiefer von Zahn 23 auf Zahn 27. Dies lehnte die Beklagte, gestützt auf eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass bei der Klägerin eine fortgeschrittene Parodontitis bestehe. Die Zähne 24 und 26 seien schon vor dem Unfall als nicht erhaltungsfähig einzustufen gewesen.

Die deswegen zum SG Karlsruhe erhobene Klage hatte nach Einholung eines mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Fachgutachtens Erfolg:

Nach den Ausführungen des Sachverständigen erscheine nachvollziehbar, dass die Klägerin zunächst an den wurzelkanalbehandelten Zähnen nach dem erlittenen Trauma keine Schmerzen empfunden habe. Durch den Bruchspalt könnten aber Bakterien aus der Mundhöhle in tiefere Regionen des Zahns vordringen und eine eitrige Entzündung verursachen. Dies erkläre plausibel die bei der Klägerin erst nach einigen Wochen aufgetretenen Beschwerden, die dann zur Notwendigkeit der Extraktion der Zähne 24 und 26 geführt habe. Dem bestehenden Vorschaden Parodontitis komme kein derartiges Gewicht zu, dass das Unfallereignis dahinter im Sinne einer „Gelegenheitsursache“ zurückzutreten habe. Die parodontale Erkrankung sei therapeutisch kontrollierbar gewesen und hätte nicht in naher Zukunft (etwa durch eine alltägliche Kaubelastung) zu einem Verlust der Zähne 24 und 26 geführt. Das Unfallereignis sei jedenfalls wesentliche Teilursache für den eingetretenen Zahnschaden.

SG Karlsruhe, Urteil vom 17.12.2018  (S 15 U 3746/16) – nicht rechtskräftig –

Pressemitteilung des SG Karlsruhe vom 31.1.2019

SG Detmold: Verletzung beim Eislaufen ist kein Arbeitsunfall

Die Kl., Teamleiterin einer zehnköpfigen Abteilung einer Modefirma, begehrte mit ihrer Klage die Anerkennung eines Unfalls auf einer Eisbahn als Arbeitsunfall.

Tatbestand:

Alle Mitarbeiter ihrer Einkaufsabteilung hatten vorzeitig ihre Arbeit beendet und als teambildende Maßnahme einen Ausflug zur Eisbahn unternommen. Beim Betreten der Eisfläche ist sie ins Rutschen gekommen, gefallen und hat sich dabei das Handgelenk gebrochen. Die bekl. Berufsgenossenschaft sah keinen inneren Zusammenhang des Unfalls mit der beruflichen Tätigkeit in der Modefirma und lehnte den Antrag auf Anerkennung ab.

Zu Recht, wie die Richter des Sozialgerichts Detmold urteilten.

Aus den Gründen:

Die Kl. sei während des Eislaufens nicht als Beschäftigte der Modefirma versichert gewesen. Zunächst habe die Teilnahme am Eislaufen nicht zu ihren arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten als Leiterin einer Einkaufsabteilung gehört. Selbst wenn ihr Team zu motivieren und für ein gutes Betriebsklima in ihrem Team zu sorgen als arbeitsvertragliche Pflichten der Kl. gewertet würden, sei sie ihrem Arbeitgeber gegenüber lediglich zur Organisation von teambildenden Maßnahmen verpflichtet, nicht aber zur aktiven Teilnahme – wie hier beim Eislaufen.

Zwar kann sich auch ein Versicherungsschutz bei der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, z.B. einer betrieblichen Weihnachtsfeier ergeben. Eine Gemeinschaftsveranstaltung in diesem Sinne habe jedoch nicht vorgelegen – so das SG. Hier mangelte es bereits an dem erforderlichen Einvernehmen mit der Unternehmensleitung. Die „teambildende Maßnahme“ war weder von der Unternehmensleitung noch von der dem Team der Kl. übergeordneten Einkaufsleiterin als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angeregt oder organisiert worden. Die Beschäftigten des Teams oder deren Teamleiterin wurden auch nicht von der Unternehmensleitung mit der Durchführung dieser Veranstaltung beauftragt. Die Initiierung der Organisation des Ausflugs zur Eisbahn lediglich durch die Teamleiterin reicht nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht aus, der Maßnahme den Charakter einer von der Unternehmensleitung getragenen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung zu geben.

Gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung spricht auch, dass die Teilnehmer für den Ausflug zur Eisbahn keine Zeitgutschrift erhalten haben. Außerdem werde der eher private Charakter der Veranstaltung dadurch deutlich, dass die Kl. – und nicht etwa das Unternehmen – die Kosten der Veranstaltung getragen habe. Private Veranstaltungen könnten, auch wenn sie betriebsbedingt oder betriebsdienlich seien, den Versicherungsschutz nicht begründen, selbst wenn sie von der Unternehmensleitung geduldet oder gebilligt würden. Denn letztendlich wirke sich jede gemeinsame Freizeitveranstaltung positiv auf die Teamfähigkeit aus und fördere die Kommunikation und den Zusammenhalt unter den Kollegen.

SG Detmold, Urteil vom 9.2.2017 (S 1 U 263/15)

Pressemitteilung des SG Detmold vom 26.2.2018)

LSG Darmstadt: Witwe eines Jagdhelfers ist zu entschädigen

Beschäftigte sind gesetzlich unfallversichert. Dies gilt gleichermaßen für Personen, die wie Beschäftigte tätig werden. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt, die ihrer Art nach sonst von abhängig Beschäftigten verrichtet wird. Hiervon sei bei einem Jagdhelfer bei der Suche nach fliehendem angeschossenem Wild (sogenannte Nachsuche) auszugehen. Dies entschied in einem am 21.3.2017 veröffentlichten Urteil der 9. Senat des Hessischen LSG. Weiterlesen…

LSG Stuttgart: Schädel-Hirn-Trauma nach Auseinandersetzung mit Türsteher kein Arbeitsunfall

Maßgeblich für den erforderlichen Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem schädigenden (Unfall-)Ereignis ist, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsverhältnis dienende Verrichtung ausüben wollte und dies durch die objektiven Umstände bestätigt wird. Dies ist bei einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem Türsteher beim Versuch, wieder in einen Club zu gelangen, um eine vergessene Jacke zu holen, nicht der Fall. Weiterlesen…