BVerfG: Keine Strafbarkeitslücke durch Verweisung auf eine noch nicht anwendbare europäische Verordnung

Es besteht keine Straflosigkeit für vor dem 3.7.2016 begangene und noch nicht rechtskräftig abgeurteilte Straftaten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Die vom BGH vorgenommene Auslegung des § 38 Abs. 3 Nr. 1 WpHG, nach der es am 2.7.2016 nicht zu einer „Ahndungslücke“ für Straftaten nach dem WpHG gekommen sei, verstößt nicht gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Dies stellte die 2. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG mit am 29.5.2018 veröffentlichtem Beschluss fest und nahm eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Sachverhalt:

Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin wurde durch das LG Hamburg wegen Insiderhandels auf Grundlage des Gesetzes über den Wertpapierhandel in der bis zum 1.7.2016 gültigen Fassung verwarnt. Gegen die Beschwerdeführerin wurde der Verfall von Wertersatz in Höhe von 390.000 Euro angeordnet. Die Beschwerdeführerin legte gegen das Urteil Revision ein. Die Revision begründete die Beschwerdeführerin u. a. mit einer zeitlich nach dem Urteil des LG erfolgten Änderung des WpHG. Durch das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30.6.2016 sei die vorherige Vorschrift über das Verbot des Insiderhandels durch § 38 Abs. 3 Nr. 1 WpHG ersetzt worden. Danach werde bestraft, wer gegen die Marktmissbrauchsverordnung (MAR) verstoße, indem er entgegen deren Art. 14 ein Insidergeschäft tätige. Diese Regelung sei am 2.7.2016 in Kraft getreten. Art. 14 MAR, auf den in dieser Vorschrift Bezug genommen werde, sei zwar bereits im Juni 2014 in Kraft getreten, aber erst ab dem 3.7.2016 anwendbar gewesen. Weiterlesen…