OLG Karlsruhe: Kein Schadensersatz und Schmerzensgeld von deutschem Zertifizierer und französischer Versicherung wegen fehlerhafter Brustimplantate des französischen Herstellers PIP

Die Kl. nimmt den mit der europarechtlichen Zertifizierung der Herstellerfirma betrauten TÜV Rheinland sowie die französische Versicherung des mittlerweile liquidierten französischen Brustimplantatherstellers PIP auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.

Tatbestand:

Der TÜV Rheinland führte seit 1997 bis 2010 bei der Fa. PIP angekündigte Zertifizierungsaudits durch und erteilte ein CE- Kennzeichen. Bei diesen Audits wurde auftragsgemäß das Qualitätssicherungssystem der Firma PIP, nicht aber die Produkte selbst geprüft. Bei der Firma PIP kam es zur Verwendung von nicht zugelassenen Silikon-Brustimplantaten.

Die Kl. behauptet, bei ihr sei im Jahr 2008 ein nicht zugelassenes Silikonimplantat eingesetzt worden. Dieses wäre nicht eingesetzt worden, wenn der TÜV Rheinland seinen Pflichten als Zertifizierer nachgekommen wäre und insbesondere unangekündigte Kontrollen durchgeführt hätte, weil es dann früher zu einer Entdeckung der fehlerhaften Brustimplantate gekommen wäre. Anlass zu derartigen Kontrollen habe bestanden. Die Entfernung der eingesetzten Implantate sei erforderlich gewesen, um die Kl. vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren

Das LG Heidelberg hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. wurden mit Urteil vom 27. 6. 2018 von dem u. a. für Arzthaftungssachen zuständigen 7. Zivilsenat des OLG Karlsruhe zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

Der BGH hat zu vergleichbaren Sachverhalten bereits entschieden, dass eine Haftung des Zertifizierers wegen der Nichtdurchführung unangekündigter Kontrollen nur dann in Betracht kommt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Implantate nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen (BGH vom 22. 6. 2017 – VII ZR 36/14 – VersR 2017, 1216 mit Anm. von Degen). Entsprechende Anhaltspunkte konnte der 7. Zivilsenat des OLG Karlsruhe – jedenfalls vor der Operation der Kl. – nicht feststellen.

In Deutschland mit PIP-Brustimplantaten versorgten Patientinnen steht auch kein Anspruch gegen die französische Versicherung des liquidierten Herstellers PIP zu. Der bekl. französische Versicherer hat in seinem Vertrag mit der Fa. PIP seine Haftung wirksam auf Schadensfälle in Frankreich begrenzt. Dies ist europarechtlich nicht zu beanstanden. Bei der Kl. ist der Schaden in Deutschland eingetreten.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Kl. kann beim BGH Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. 6. 2018 (7 U 96/17)

(Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 29. 6. 2018)

 

OLG Hamm: Skandal mit minderwertigen Silikonbrustimplantaten – keine Haftung des französischen Haftpflichtversicherers gegenüber in Deutschland geschädigten Patientinnen

Der französische Haftpflichtversicherer des in Frankreich ansässigen Unternehmens, das Brustimplantate unter Verwendung minderwertigen Industriesilikons hergestellt hat, haftet nicht gegenüber in Deutschland geschädigten Patientinnen, weil der Schutz dieser Haftpflichtversicherung auf das französische Staatsgebiet beschränkt ist. Weiterlesen…

Der Gerichtshof verkündet sein Urteil in Sachen Brustimplantate aus minderwertigem Industriesilikon

Tatbestand

Frau S. ließ sich im Jahr 2008 in Deutschland Brustimplantate einsetzen, die in Frankreich hergestellt worden waren.

Nachdem die französischen Behörden im Jahr 2010 festgestellt hatten, dass der französische Hersteller Brustimplantate unter Verwendung von Industriesilikon herstellte, das nicht den geltenden Qualitätsstandards entsprach, ließ sich Frau S. ihre Implantate entfernen.

Der Hersteller ist inzwischen zahlungsunfähig geworden. Frau S. verlangte vor den deutschen Gerichten vom TÜV Rheinland, der vom Hersteller im Rahmen der CE-Kennzeichnung mit der Überprüfung seines Qualitätssicherungssystems beauftragten benannten Stelle, Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro. Außerdem begehrte sie die Feststellung der Ersatzpflicht des TÜV für künftig entstehende materielle Schäden. Sie machte geltend, der TÜV hätte durch Einsichtnahme in Lieferscheine und Rechnungen erkennen können, dass der Hersteller nicht das genehmigte Silikon verwendet habe. Weiterlesen…