VersR BLOG: Neuregelung des schweizerischen Versicherungsvertriebsrechts

Rechtsquellen im Umbruch

Der öffentlich-rechtliche Rahmen für das Versicherungsvertriebsrecht in der Schweiz ist Gegenstand einer tiefgreifenden Umgestaltung. Dies gilt für die beiden Hauptrechtsquellen, das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und die dazu gehörige Aufsichtsverordnung (AVO) ebenso wie für ganz neu geplante Rechtsakte wie das Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit (BGRV; für Details dazu s. unter https://vvg.digital/s/ij3).

Die Reform der beiden Hauptrechtsquellen stellt im Ergebnis eine Bringschuld des schweizerischen Gesetzgebers dar. Dies deshalb, weil die schon viel früher im Zuge der Verabschiedung des sog. FIDLEG (Finanzdienstleistungsgesetz) geplant gewesene Änderung des VAG letztlich unterblieb, nachdem es aufgrund branchenseitiger Interventionen zu einer relativ spektakulären Ausnahme des gesamten aufsichtspflichtigen Versicherungssektor vom FIDLEG-Anwendungsbereich gekommen war (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. d FIDLEG). Was zunächst von manchen als geglückte Abwehr unerwünschter Mehr- und Neuregulierung des öffentlichen Versicherungsrechts gefeiert wurde, könnte sich im Rückblick als vorschnelle Analyse erweisen. Denn aus heutiger Sicht hat sich durch den „Anti-FIDLEG-Coup“ die Regulierung lediglich verzögert und der verspätete Zugriff könnte sogar in Einzelpunkten (namentlich über die AVO) zu einer strengeren Regelungsausgestaltung führen.

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OLG Köln: Haftung des Unternehmers für Veruntreuung von Kundengeldern durch den Handelsvertreter

Vertriebsrecht
Handelsvertreter
Haftung des Unternehmers für Veruntreuung von Kundengeldern durch den Handelsvertreter
BGB §§ 30, 31, 164, 278, 823, 831
1. Der Prinzipal kann auch für strafbares Verhalten seiner Hilfsperson haften. Voraussetzung für die Anwendung des § 278 S. 1 BGB ist aber ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten der Hilfsperson und den Aufgaben, die ihr im Hinblick auf die Vertragserfüllung zugewiesen waren (hier: Unmittelbarkeit verneint, da angesichts der sonstigen Geschäftsbeziehung der Parteien, der Gestaltung und Abwicklung des Geschäfts sowie der unrealistischen Höhe des versprochenen Zinssatzes die sogenannte Festzinszertifikate sich von den Geschäften, die die Hilfsperson für den Prinzipal vermittelte, deutlich unterschieden). Weiterlesen…

Rezension: Handbuch des gesamten Vertriebsrechts

„Versicherungen werden nicht gekauft, sondern verkauft“. Diese alte Branchenweisheit besitzt auch im digitalisierten 21. Jahrhundert noch volle Gültigkeit, mögen sich auch die Verkaufs­instrumente, -wege und -akteure zum Teil dramatisch verändert haben. Ein „Handbuch des gesamten Vertriebsrechts“ muss daher auch für das Versicherungsrecht und die Versicherungswirtschaft von hohem Interesse sein. Weiterlesen…

LG Krefeld: Haftung für gescheiterten Versichererwechsel

Vertriebsrecht
Versicherungsvertreter
Haftung für gescheiterten Versichererwechsel
VVG §§ 6, 19, 61, 63, 213; GewO § 34 d
1. Eine „Quasi-Deckung“ des Versicherungsvermittlers wegen einer Beratungspflichtverletzung kann auf eine unzulässige Bereicherung des VN hinauslaufen und ein entsprechender Feststellungsantrag in Ermangelung eines Feststellungsinteresses unzulässig sein.
2. Die Haftung des beratungspflichtigen Vermittlers für einen gescheiterten Versichererwechsel entfällt jedenfalls wegen eines überwiegenden Mitverschuldens (§ 254 Abs. 1 BGB), wenn der VN bei der Antragstellung gegenüber dem neuen Versicherer eine relevante Vorerkrankung wenigstens grob fahrlässig nicht angegeben hat.
LG Krefeld, Urteil vom 17. 12. 2015 (3 O 29/15)

(abgedr. in VersR 2016, 1248)