OLG Oldenburg: Risse im Einfamilienhaus durch Tiefbauarbeiten nebenan

Der Wohnungsmarkt boomt, überall wird gebaut. Man spricht von „städtischer Verdichtung“, wenn auf freiwerdenden oder freigebliebenen Grundstücken Mehrfamilienhäuser neben bestehende Häuser gebaut werden. Viele Alteigentümer sehen das nicht gern. Manchmal zu Recht, wie jetzt der 12. Zivilsenat des OLG Oldenburg in einem aktuellen Fall feststellen musste.

Ein Paar aus Nordhorn, Eigentümer eines Hauses aus der Jahrhundertwende, hatte ein Tiefbauunternehmen aus Westfalen verklagt. Auf dem Nebengrundstück sollte ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage errichtet werden. Zur Sicherung der hierzu ausgehobenen Baugrube brachte der bekl. Unternehmer in einem Abstand von zum Teil nur 60 cm zum Grundstück der Kl. mehrere acht Meter lange Eisenträger in den Boden ein. Dazwischen wurden Stahlbleche eingesetzt. Der Unternehmer hatte zunächst acht Meter tiefe Löcher in den Boden gebohrt und dann mit einem großen Rammgerät die Eisenträger eingebracht. Nach der Fertigstellung der Tiefbauarbeiten wurden die Stahlträger wieder gezogen. Weiterlesen…

AG München: Verspätung bei der Beförderung im Autoreisezug

Auf die Beförderung mit einem Autoreisezug ist in der Regel Reiserecht nicht anwendbar, sodass bei einer Verspätung grundsätzlich nicht Schadensersatz für vertane Urlaubszeit oder eine Minderung des Reisepreises verlangt werden kann. Weiterlesen…

OLG Stuttgart: Keine Schadensersatzpflicht des errichtenden Unternehmens nach Havarie einer Biogasanlage

Mit am 22. 11. 2016 verkündetem Berufungsurteil hat der 10. Zivilsenat des OLG Stuttgart die Schadensersatzklage gegen das errichtende Unternehmen wegen der Havarie einer Biogasanlage im Dezember 2007 auch in zweiter Instanz abgewiesen. Das erstinstanzliche Urteil des LG Ravensburg hat der Senat damit im Ergebnis bestätigt. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass das Werk der Bekl. im Bereich der Verschraubung zwar einen wesentlichen Mangel aufgewiesen hat. Es sei jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass dieser Mangel für den eingetretenen Schaden mitursächlich geworden ist.

Aus den Gründen:

In seinem Urteil stellt der Senat fest, dass das Werk der Bekl. bei der Verschraubung im unteren Bereich des Fermenters einen wesentlichen Mangel aufgewiesen habe. Durch eine unsachgemäße Verschraubung sei die Scherfläche der Schrauben teilweise nicht in ihrem Schaft, sondern im Gewinde gelegen. Dadurch habe die tatsächliche Beanspruchbarkeit der Schrauben um 11 % unter der berechneten gelegen. Bei (angenommener) voller Befüllung des Fermenters und unter Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte hätte der Fermenter wegen der Mängel der Verschraubung im unteren Ring versagt.

Die Kl. machten als Schaden keine Mangelbeseitigungskosten (z. B. für eine Nachbesserung der Schrauben) geltend, sondern Mangelfolgeschäden an der baulichen Anlage sowie in Form von vergeblichen Aufwendungen als Folge der Havarie des Fermenters (sogenannte nahe und ferne Mangelfolgeschäden nach § 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 1 und S. 2 VOB/B 2006). Die Bekl. habe den Kl. diese Schäden nur zu ersetzen, wenn der Schaden adäquat kausal durch den Mangel zumindest mitverursacht wurde. Dazu müsse der Mangel notwendige Bedingung für den geltend gemachten Folgeschaden sein. Hierfür gälten die in § 287 ZPO vorgesehenen Beweiserleichterungen; nach der Rechtsprechung des BGH reiche daher eine überwiegende Wahrscheinlichkeit.

Vorliegend sei es jedoch – so der Senat – nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Mangel der Verschraubung für den eingetretenen Schaden mitursächlich geworden ist:

  • Es stehe fest, dass dieser Mangel nicht die alleinige Ursache für das Schadensereignis sein könne. Die vom Gericht beauftragte Sachverständige habe errechnet, dass die Standsicherheit der Anlage – unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Havarie bestehenden Füllhöhe von mindestens 17 m bei einer maximal zulässigen Höchstfüllmenge von 19 m und von Scherfugen im Gewinde – nachgewiesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe vor einem Versagen des Fermenters noch eine Sicherheit von 20 % bestanden, weil die Anlage noch nicht vollständig befüllt gewesen sei; erst mit einem zusätzlichen Innendruck von 0,5 bar hätte die Konstruktion in dieser Situation versagt.
  • Die Überbeanspruchung der stählernen Fermenterhülle sei nach den überzeugenden Ausführungen des weiteren gerichtlichen Sachverständigen zumindest sehr wahrscheinlich durch eine Explosion oder Verpuffung im Gasraum des Fermenters entstanden. Nach Lufteintritt sei in einem Teilbereich des Fermenters ein explosives Methan-Luft-Gemisch entstanden. Eine Zündung dieses Gases sei zumindest wahrscheinlich, auch wenn eine eindeutige Zündquelle nicht auszumachen sei.
  • Es könne nicht festgestellt werden, dass die Mangelhaftigkeit der Schrauben daneben überwiegend wahrscheinlich für die geltend gemachten Schäden mit ursächlich war. Wäre die Verschraubung des Fermenters fachgerecht und damit mangelfrei erfolgt, hätte der betroffene Bereich erst bei einem zusätzlichen Druck von 1,25 bar versagt. Welcher Überdruck durch die Explosion oder Verpuffung im Fermenter ausgelöst wurde, habe der Sachverständige zwar nicht beziffern können. Ein Überdruck von mehr als 1,25 bar, den auch ein mangelfreier Fermenter im Bereich der Verschraubungen nicht ausgehalten hätte, sei aber nicht hinreichend auszuschließen. Im Übrigen hätte die Konstruktion des Fermenters auch bei Mangelfreiheit schon ab einem Überdruck von rechnerisch ca. 0,5 bar an anderen Stellen versagt. Die gerichtliche Sachverständige hielt einen Beginn der Havarie im Bereich der Mangelhaftigkeit des Werks der Bekl. für wahrscheinlich, aber nicht für sehr wahrscheinlich. Es bleibe danach auch unter Berücksichtigung des Schadensbildes offen, ob die mangelbedingte Schwachstelle auf den Schadenshergang einen Einfluss hatte.

Die Revision zum BGH hat der Senat nicht zugelassen. Die Kl. können hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde erheben.

OLG Stuttgart, Urteil vom 22. 11. 2016 (10 U 22/16)

Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 22. 11. 2016