VersR REPORT: Ausgewählte neue Rechtsprechung zum Versicherungsaufsichts- und Versicherungsunternehmensrecht

Dr. Jürgen Bürkle, Stuttgart

Die folgende Übersicht behandelt ausgewählte Entscheidungen deutscher und europäischer Gerichte auf dem Gebiet des Versicherungsaufsichts- und Versicherungsunternehmensrechts, die in dem Zeitraum von 2023 bis 2024 (bisher) veröffentlicht wurden.

I. Nationale Rechtsprechung

1. Wirkung einer Zurückverweisung durch das BVerwG

Das BVerwG hat in seiner Entscheidung zum obligatorischen jährlichen Beschwerdebericht ausländischer Versicherungsunternehmen an die BaFin (BVerwG, Urt. v. 21.4.2021 – 8 C 18.20, VersR 2021, 1214 mit Anm. Bürkle) die Auffassung des VGH Kassel im Hinblick auf die Unionsrechtswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage in § 294 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 298 Abs. 1 VAG nicht geteilt, die Sache aber gleichwohl nicht dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgelegt (kritisch dazu und für eine Vorlagepflicht Dreher, in Dreher, VAG, 14. Aufl. 2024, § 298 Rn. 50). Das BVerwG hat daher nach § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO das Berufungsurteil aufgehoben und an den VGH Kassel zurückverwiesen, der aufgrund der eingetretenen Erledigung lediglich über die Kosten entscheiden konnte (VGH Kassel, Beschl. v. 28.3.2023 – 5 A 2158/18, VersR 2024, S. 451 mit Anm. Bürkle). In diesem Fall sieht § 144 Abs. 6 VwGO vor, dass das Gericht, an das zurückverwiesen wurde, bei seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde legen muss. Daher stellte sich für den VGH Kassel die Frage, ob die Tatsacheninstanzen an diese unionsrechtliche Einschätzung des BVerwG gebunden ist, mit der Folge, dass eine EuGH-Vorlage durch den VGH Kassel oder das VG Frankfurt/Main ausgeschlossen wäre.

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Kafkaesk – Solvency II, der Green Deal und die UN Sustainable Development Goals

Das oberste Ziel von Solvency II war bislang die effizientest mögliche Kapitalausstattung der Versicherungsunternehmen zum Schutz der Versicherten und ihrer Ansprüche. Seine drei Säulen (Finanzausstattung, Risikomanagement und Berichtswesen) sollen das sicherstellen. Nun aber gesellt sich zu diesen ordnungspolitischen Vorgaben eine virtuelle Säule IV: ein rechtspolitisches Diktat zum Kampf gegen den Klimawandel. Was auf den ersten Blick wie eine dystopische Phantasie wirkt, ist teilweise schon Wirklichkeit. Weiterlesen…

Quo vadis kollektiver Verbraucherschutz?

Ein Aufsichtsschwerpunkt der BaFin für 2021

Anfang Mai hat die BaFin ihre Aufsichtsschwerpunkte für das laufende Jahr bekannt gegeben. Neben zwei Themen mit klarem Aktualitäts- und Zeitbezug – die BaFin möchte zum einen der Frage nach Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die beaufsichtigten Unternehmen und die Finanzmärkte weiter nachgehen und zum andern IT- und Cyberrisiken nach wie vor im Fokus belassen – ist dort zudem der kollektive Verbraucherschutz als Schwerpunktthema für das Jahr 2021 genannt. Weiterlesen…