VersR REPORT: Aktuelle Rechtsprechung zur Haftpflichtversicherung

I. Allgemeine Haftpflichtversicherung

1. Verjährung

Zur Verjährung des Deckungsanspruchs hat das KG (Hinweisbeschl. v. 13.1.2023 – 6 U 191/21; Zurückweisungsbeschl. v. 31.3.2023 – 6 U 19, VersR 2024, 24) geurteilt, dass die Hemmung der Verjährung durch die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs gem. § 204 BGB lex specialis zu § 203 BGB ist (Hemmung durch Verhandlungen). Im vorliegenden Fall ging es um Haftpflichtansprüche aus dem Jahr 2008, deren Deckung der Versicherer gleich zweimal zurückwies, einmal schon 2009 und dann erneut 2012. Zwischendurch hatte der VN geklagt, das Verfahren war aber zum Ruhen gebracht worden. Die Hemmung der Verjährung durch den Prozess endete dann aber 6 Monate nach dem Beschluss des LG, das Verfahren zum Ruhen zu bringen, § 204 Abs. 2 S. 3 BGB. Die sodann erneut laufende Verjährungsfrist wurde durch die zwischenzeitlich aufgenommenen Vergleichsverhandlungen nicht erneut durch § 203 BGB ein zweites Mal unterbrochen. Der Kl. habe es selbst in der Hand gehabt, die Verjährung wieder zu unterbrechen, indem er das Verfahren weiterbetrieben hätte.

2. Vorsatz

Ein VN, der nach einer verbalen Auseinandersetzung im Straßenverkehr einem erkennbar schwerbeschädigten Verkehrsteilnehmer (spastische Lähmung der rechten Seite) in den Rücken schlägt und diesen dadurch zu Fall bringt, nimmt regelmäßig dessen schwere Gesundheitsbeschädigung in Kauf mit der Folge, dass sich sein Haftpflichtversicherer auf den Leistungsausschluss des Vorsatzes berufen kann (OLG Dresden, Beschl. v. 29.6.2023 – 4 U 2626/22). Voraussetzung dafür ist bekanntlich, dass der VN nicht nur die Tathandlung vorsätzlich begangen hat, sondern auch die Folgen dieser Tat zumindest billigend in Kauf genommen hat. Das OLG weist zwar darauf hin, dass ein Stoß in den Rücken des Geschädigten „im Regelfall“ eher nicht zu einer schweren Verletzung führen kann; hier aber habe der VN selbst angegeben, er habe gemerkt, dass mit seinem Kontrahenten „etwas nicht in Ordnung“ sei, was eine Bejahung der vorsätzlichen Herbeiführung auch der Handlungsfolgen rechtfertige.

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VersR BLOG: Beweis- und andere Lasten

Das OLG Köln hat sich zum D&O – Direktprozess geäußert

In einer noch sehr frischen Entscheidung hat sich das OLG Köln zur Beweissituation geäußert, die entsteht, wenn die Versicherungsnehmerin einer D&O – Versicherung sich den Deckungsanspruch ihres Organs abtreten lässt und dann unmittelbar gegen den D&O – Versicherer vorgeht (AZ 9 U 206/22). Gilt dann noch die Beweislast des § 43 Abs. 1 GmbHG (entsprechend § 93 Abs. 2 S. 2 AktG), wonach das Organ (und jetzt also der Versicherer) nachweisen muss, dass ihm kein Verstoß gegen seine Sorgfaltspflichten anzulasten ist oder er ohne Verschulden gehandelt hat oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre? Oder dreht sich die Beweislage zu Lasten der Versicherungsnehmerin, weil diese aus dem abgetretenen Deckungsanspruch vorgeht, und da trägt sie gemeinhin die Vortrags- und Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen. Das OLG Köln hat entschieden, dass die Beweislastverteilung des gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundes fortbesteht. Der Versicherer tritt also an die Stelle der versicherten Person und die Versicherungsnehmerin muss nur ihren Schaden nachweisen und nicht sämtliche anspruchsbegründenden Umstände. Das wird als großer Sieg gefeiert, weil es die Prozesslage der D&O – Versicherungsnehmer entscheidend verbessere. Das Urteil stärke die Position der Unternehmen und es sei zunehmend attraktiv, direkt gegen den Versicherer und nicht gegen das versicherte Organ vorzugehen.

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Nachruf: Erinnerung an Hermann Lemcke

Hermann Lemcke ist gestorben – diese Nachricht hat uns, wie auch viele seiner meist langjährigen Wegbegleiter, betroffen und traurig gemacht.

Mit Hermann Lemcke hat uns ein, bei allen an der Schadenregulierung beteiligten Personenkreisen, also Richtern, Rechtsanwälten und Mitarbeitern von Versicherern bzw. SVT, anerkannter und geschätzter Kollege verlassen. Es zeichnete ihn besonders aus, auch den eine andere Meinung Vertretenden stets mit Achtung und Respekt vor deren Sicht zu begegnen. Wir alle haben mit ihm einen warmherzigen und verständnisvollen Kollegen und Menschen verloren.

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VersR REPORT: Ausgewählte Rechtsprechung zum Haftungs- und Schadensrecht

Von Prof. Dr. Oliver Brand und Lothar Jaeger

I. Einführung

Die im Berichtszeitraum Sommer 2022 bis Sommer 2023 ergangene Rechtsprechung auf dem Gebiet des Haftungs- und Schadensrechts ist zu umfangreich, um in einem gedrängten Beitrag auch nur einen Überblick, geschweige denn eine kritische Würdigung, geben zu können. Nachfolgend sollen daher lediglich schlaglichthaft Felder des Haftungs- und Schadensrechts beleuchtet werden, zu denen besonders viele Entscheidungen ergangen sind (II. Dieselfälle und VI. Mitverschulden), auf denen es zu wichtigen Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung gekommen ist (III. Schockschäden), oder zu denen noch Grundlagenfragen zu klären waren (IV. Hinterbliebenengeld). Beobachtungen zu interessanten oder wichtigen Einzelentscheidungen runden den Beitrag ab.

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VersR REPORT: Internationales

Von Eva-Maria Goergen

Wir setzen unsere online – Berichte fort mit einem Report der Rechtsanwältin Eva-Maria Goergen aus der Kanzlei Clyde & Co. Zuletzt hatte Prof. Robert Koch das AGB – Recht des letzten Jahres vorgestellt und demnächst berichtet Prof. Oliver Brand über die Entwicklung des Haftungs- und Schadensersatzrechts. Der heutige Report ‚Internationales‘ wirft einen Blick über den Tellerrand hinaus; wir denken, dass es für unsere Leser und deren Befassung mit dem nationalen Versicherungsvertragsrecht von Gewinn ist, zu erfahren, was ‚die anderen‘ so machen. Häufig sind die Konstellationen und die zu entscheidenden Rechtsfragen gar nicht so anders als bei uns, etwa wenn der Supreme Court of South Africa die Frage zu entscheiden hatte, ob ein VN die Entschädigung aus einer Sturmversicherung insgesamt zurückzahlen muss, wenn er über die Inanspruchnahme eines Hotels getäuscht und eine gefälschte Rechnung vorgelegt hatte (er musste, Case no: 534/2022). Gute Lektüre!

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